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Brotbrennerei: Bioethanol aus der Bäckerei

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Was tun mit Altbackwaren? Hannes Weber, Geschäftsführer von Webers Backstube, hatte eine Idee: In seinem Betrieb, der Webers Backstube in Friedrichshafen stellt er jetzt Bioethanol daraus her. Die „Brotbrennerei“ ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts mit Beteiligung der Universität Hohenheim und des ttz Bremerhaven (Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven). Geschätzte 162 Mio. Liter könnten, so die Uni Hohenheim, in Zukunft jährlich aus den Altbackwaren in Deutschland entstehen.
Ziel sei es, eine erneuerbare Kraftstoffquelle zu schaffen. Bislang wird Bioethanol in erster Linie aus landwirtschaftlichen Nutzpflanzen wie Mais, Weizen und Zuckerrohr hergestellt. Doch die Verwendung dieser Pflanzen als Rohstoffe für die Kraftstoffherstellung konkurriert mit der Produktion von Lebensmitteln.

Zunächst musste eine grundsätzliche Frage geklärt werden: Kann Brot überhaupt vergoren werden? „Brot enthält erhebliche Mengen an Stärke. Sie wird von speziellen Enzymen leicht in Zuckermoleküle zerlegt, die die Hefe dann in Alkohol umwandelt, erklärt Dr. Daniel Einfalt von der Forschungs- und Lehrbrennerei der Uni Hohenheim. Doch ganz so einfach gestaltete sich der Prozess nicht. Als die Forschenden untersuchten, wie gut sich typische deutsche Backwarenreste vergären lassen, erlebten sie eine Überraschung: Ausgerechnet das Brot mit dem höchsten Stärkeanteil, das Weißbrot, blieb bei der Alkoholproduktion deutlich unter den anderen Ausgangsprodukten wie Brötchen, Laugengebäck, Roggenbrot oder Sahne-Cremetorten.
„Wir führen das auf den geringen Proteingehalt des Weißbrotes zurück“, so Dr. Einfalt. Abhilfe bringt der Zusatz von Gärsalzen, die die Hefe vor allem mit Stickstoff und Phosphat versorgen: Dadurch wird die Gärzeit verkürzt bzw. der Ethanolertrag erhöht.
Trotzdem befindet sich in dem Destillationsrückstand, der Schlempe, immer noch viel Protein. „Langfristig möchten wir sie als Tierfutter nutzen, aber da müssen wir noch ein paar Hürden überwinden“, so Hannes Weber. „Aktuell wird sie in Biogasanlagen zur Energieerzeugung genutzt. Ihr Rückstand kommt wiederum als Dünger aufs Feld.“

Das ttz Bremerhaven erarbeitete ein eigenes Energie-Konzept. So wird die Wärme für den Prozess primär über Strom aus der Photovoltaikanlage auf dem Dach der Bäckerei bereitgestellt. Innerhalb des Prozesses wird möglichst viel Wärme zurückgewonnen, so zum Beispiel aus der Schlempe oder aus dem Kühlwasser der Brennerei.
„Weitaus schwieriger war es einen Anlagenbauer zu finden, berichtet Hannes Weber. „Wir freuen uns, dass wir die Firma Müller Brennereianlagen gefunden haben, die die Apparate- und Brennereitechnik individuell auf das Projekt zugeschnitten und viel Input geliefert hat.“
Aktuell arbeitet die Brotbrennerei in Friedrichshafen mit ihrem 2.000 Liter fassenden Maische-Behälter kostendeckend, auch wenn die Markt-Preise für Bioethanol derzeit niedrig sind. Höhere Erlöse könnte die Destillation von Altbackwaren erbringen, wenn daraus aromatische Spirituosen für den menschlichen Genuss entstehen.
„Das scheitert im Augenblick noch am EU-Recht“, erläutert Dr. Einfalt. „Darin ist die Destillation von Brot und anderen Backwaren nicht vorgesehen. Aber das Gesetzgebungsverfahren läuft bereits.“

Noch ist die Brotbrennerei in Friedrichshafen ein Pilotprojekt, das möglichst viel Nachahmung finden soll. Dazu erarbeiten die Projektbeteiligten Handlungsempfehlungen, die sie als Beratungs- und Entwicklungsleistungen für künftige Betreiber solcher Produktionsanlagen anbieten wollen. Hannes Weber schätzt, dass sich solche Anlagen für mittlere Betriebe mit rund 5 Mio. EUR Umsatz im Jahr rentieren. Gefördert wird das Projekt über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).

Bild: Die Uni Hohenheim und Webers Backstube haben in Friedrichshafen eine Pilotanlage zur Herstellung von Bioethanol aus Altbackwaren in Betrieb genommen © Müller Brennereianlagen/Lukas Müller