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b+b-2024-02-Teamplay schafft Chancen

f2m-WIG-Tagung

Vom 5. bis 7. März 2024 fanden in Freising die Tagungen des Weihenstephaner Instituts für Getreideforschung (WIG) statt. Neben dem Wissensaustausch wurde die Tagung auch zum Vernetzen rege genutzt.

f2m-bub-24-02-WIG-Prof. Dr. Thomas Becker

Prof. Dr. Thomas Becker, TUM

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RA Rochus Wallau, Edeka Südbayern

f2m-bub-24-02-WIG-Ulrike Vogt

Ulrike Vogt, WIG

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Stefan Maier, Greenpeace Bayern

Weihenstephaner Tag für Lebensmittelrecht und -politik

Nach der Begrüßung durch Prof. Dr. Thomas Becker, TUM, und Ulrike Vogt, WIG, leitete RA Rochus Wallau, Edeka Südbayern, zum ersten Tagungspunkt über, dem Impulsvortrag von Stefan Maier, Greenpeace Bayern. Maier befasste sich mit der Frage: „Was essen wir morgen?“ Die Grenze von 1 Mrd. Menschen, die Adipositas haben, sei überschritten, andererseits gäbe es 8 Mio. Menschen auf der Welt, die hungern. „Wir fressen uns zu Tode“, so Maier. Es gäbe genügend Lebensmittel. „Wir haben ein Verteilungsproblem.“ Die Antwort auf seine Eingangsfrage war für ihn klar: „Wir müssen uns natürlich ernähren, weniger tierische Produkte essen und weniger Lebensmittel wegwerfen.“ Vermeidung von Food Waste, so Maier, sei der zweitgrößte Hebel, um Treibhausgase zu reduzieren.

f2m-bub-24-02-WIG-Senthold Asseng

Prof. Dr. Senthold Asseng, TUM

Prof. Dr. Senthold Asseng, TUM, zeigte die Möglichkeiten durch Vertical Farming oder genauer Controlled-Environment Agriculture auf. „Ich möchte Ihnen eine Idee vorstellen, wie eine Alternative zur heutigen Landwirtschaft aussehen könnte.“ Das größte Potenzial sieht Asseng darin, durch Vertical Farming Felder quasi stapeln zu können. Extrem hohe Erträge mit hoher Qualität seien möglich. Statt einer Ernte könnten inhouse sechs Ernten jährlich eingefahren werden, bei minimalem Wasser- und Düngemittelbedarf. Allerdings: Noch ist die Wirtschaftlichkeit ein Problem. Vertikal Farming ist deutlich teurer. Gezielte Forschung, so Prof. Asseng, könnte dazu beitragen, die Energiekosten auf ein Zehntel zu reduzieren.

f2m-bub-24-02-WIG-Alexander Beck

Dr. Alexander Beck

Die ökologische Produktion und nachhaltige Konsumstile betrachtete Dr. Alexander Beck, Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller. Wenn man Nachhaltigkeit richtig dekliniert, gilt es folgende Reihenfolge zu beachten: Suffizienz, Kreislauforientierung und erst dann Effizienz. „Small is beautiful.“ Da die Diskussion um Suffizienz aber in der Gesellschaft verpönt sei, würde man Nachhaltigkeit überwiegend unter dem Gesichtspunkt der Effizienz betrachten. „Das reicht aber nicht.“ Was als zentraler Hebel bleibt, so Dr. Beck, ist die Kreislaufwirtschaft. „Wir müssen kreislaufwirtschaftlich denken.“ Dr. Beck weiter: „Es muss für Unternehmen interessant sein, umweltrelevant zu sein, dann greift das marktwirtschaftliche System.“

f2m-bub-24-02-WIG-Ulrich Busch

Prof. Dr. Ulrich Busch, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

Prof. Dr. Ulrich Busch, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, ging auf Aspekte zum Lebensmittelbetrug ein. „Es gibt nichts, was es nicht gibt.“ Die aufgedeckten Verfälschungen reichten von mit Altöl gestrecktem Olivenöl, Haselnusserzeugnissen mit Erdnüssen oder Cashewkernen bis hin zum Betrug bei Bio-Auslobungen. „Dass wir einem Betrug immer einen Schritt hinterherliefen, hat uns geärgert.“ Prof. Busch ging dann auf ein bundesländerübergreifendes Frühwarnsystem namens ISAR ein, das es möglich macht, Täuschungen prospektiv zu erkennen. Man solle das Problem durch Betrug nicht unterschätzen. Prof. Busch: „Wenige schwarze Schafe führen zur Diskreditierung einer ganzen Branche. Die Industrie wird genauso betrogen wie die Verbraucher.“

f2m-bub-24-02-WIG-Alexander Hippach

Alexander Hippach, Backstube Wünsche

„Ich kann Ihnen die Zukunft der Backshops nicht vorhersagen“, leitete Alexander Hippach, Backstube Wünsche, in seinen Vortrag ein, „aber ich kann Ihnen erzählen, wie wir versuchen, mit den Herausforderungen umzugehen.“ Zunächst erläuterte Hippach die Struktur der Backstube Wünsche. „Als Tochter von Edeka Südbayern sind wir operativ eigenständig, erzielten 2023 einen Umsatz von rund 140 Mio. EUR und beliefern rund 300 Filialen, überwiegend in der klassischen Vorkassenzone, wenige sind Stando-alone-Standorte.“ Als Herausforderungen nannte Hippach u. a. die gestiegenen Energiekosten, rückläufige Absatzzahlen und den Kräftemangel – nicht nur Fachkräfte würden fehlen. Konkurrenz sieht er u. a. in den Bake-off-Stationen im Handel. Eine hohe Qualität der Artikel auch durch Regionalität sei ein Weg, der Situation zu begegnen. Außerdem wird versucht, in Backshops mit einer Bedienperson auszukommen und die Abläufe zu optimieren. In einem Testlauf hat die Backstube Wünsche auch selbst die Bake-off-Station eines der Supermärkte bestückt. Es gebe keine konkreten Pläne, aber zumindest Überlegungen, ein Premium-Bake-off-Geschäft zu etablieren. „Natürlich beschäftigen wir uns auch mit KI in der Personaleinsatzplanung und erproben Giobotics (Serviceroboter) im Café-Bereich.“

f2m-bub-24-02-WIG-Norbert Lötz

Norbert Lötz, Harry Brot

Die Möglichkeiten und Grenzen einer nachhaltigen Produktion zeigte Norbert Lötz, Harry Brot, auf. „Nachhaltigkeit ist Chefsache“, erklärte Lötz zu Beginn. „Wenn es der Chef nicht will, wird es nicht umgesetzt.“ Ausgangspunkt der Nachhaltigkeitsstrategie bei Harry Brot war eine Bestandsaufnahme. Für jedes Produkt wurde eine CO2-Bilanz, ein PCF (Product Carbon Footprint) erstellt. Seit zwei Jahren ermittelt das Unternehmen zusätzlich den Corporate Carbon Footprint. Das sei ein großer Aufwand, der sich aber gelohnt habe. „Zwischen 2012 und 2022 konnten wir den Strom- und Gasverbrauch in der Produktion um knapp 30 %, gerechnet auf die produzierte Tonnage, verringern. Der CCF hilft uns nun, mit einem noch umfassenderen Blick weitere Einsparpotenziale zu ermitteln.“ Längst betrachtet das Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit entlang der ganzen Wertschöpfungskette und setzt den Hebel für weniger CO2-Emission bei der Sortenauswahl im Getreideanbau und in der Nutzung von grünem Stickstoffdünger an. Lötz betonte in Freising aber auch: „Im Moment haben wir in Deutschland ein Overload an Vorgaben. Wenn wir den Umweltschutz konsequent vorantreiben wollen, braucht es eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft.“

Prof. Dr. Thomas Becker (l.) und Ulrike Vogt (r.) mit den WIG-Studienpreisträgern (in der Mitte v.l.) Natalie Feller, Nadja Frank und Mike Mielchen

Der WIG Studienpreis 2024 ging an:

1. Preis: Mike Mielchen
Einfluss der pH-Abhängigkeit des Wheat α-Amylase/Subtilisin Inhibitors (WASI) und deren Auswirkung auf Amylasen, Bachelorarbeit, TU München, Freising
2. Preis: Natalie Feller
Extraktion und Schaumeigenschaften oberflächenaktiver Pflanzenmaterialien zur Kontrolle der Gashaltefähigkeit in Lebensmittelsystemen, Masterarbeit, Universität Hohenheim
3. Preis: Nadja Frank
Entwicklung eines Modellsystems zur Extraktion von Amylase/Trypsin-Inhibitoren aus Brot, Masterarbeit, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

f2m-bub-24-02-WIG-Dr. Georg Böcker

Dr. Georg Böcker, BÖCKER

f2m-bub-24-02-WIG-Prof. Dr. Thomas Becker

Prof. Dr. Thomas Becker

WIG-Frühjahrstagung

Am Nachmittag des ersten Veranstaltungstages schloss sich die WIG-Frühjahrstagung an, deren erste Session von Dr. Georg Böcker, BÖCKER, moderiert wurde. Erster Referent war Prof. Dr. Thomas Becker, der auf Inhaltsstoffe von morgen einging. Die Lebensmittelbranche erlebe ständigen Wandel. „Insofern“, so Prof. Becker, „lässt sich mit Recht die Frage stellen, ob die Inhaltsstoffe von heute morgen noch die gleichen sind.“ Zum Beispiel werde sich der Gehalt an Protein im Weizen aufgrund des Klimawandels und von Änderungen in der agrarischen Praxis verändern. Um eine gleichbleibende Qualität der Backwaren zu gewährleisten, gäbe es die Möglichkeit, Gluten ganz oder teilweise mit Proteinen aus anderen Quellen zu substituieren. Ein vielversprechender Ansatz sei dabei das Zein aus dem Mais. Eine weitere interessante Rohstoffquelle sind nach seinen Ausführungen außerdem Mikroalgen. „Die Proteine der Mikroalge haben in Versuchen bereits gezeigt, dass sie eine gute Schaumkapazität FC (95 %) besitzen, was sie zu einem möglichen Ersatz zum tierischen Eiweiß (Hühnerei, FC=200 %) bei der Herstellung von feinen Backwaren macht.“ Darüber hinaus werde aufgrund eines immer größer werdenden Bewusstseins der Konsumenten für gesunde Ernährung an Strategien geforscht, den Gehalt an trans- und ungesättigten Fettsäuren in den Lebensmitteln zu verringern. Jedoch seien diese meist tierischen Fette technologisch nur eingeschränkt substituierbar.

f2m-bub-24-02-WIG-Martin Heckl

Martin Heckl, TUM

Die triboelektrische Trennung als Mittel zur Steuerung der Funktionalität von Weizenmehlen war das Thema von Martin Heckl, TUM. „Bisher“, erklärte Heckl, „werden die Proteinquantität und -qualität und somit bestimmte Funktionalitäten, wie das Gebäckvolumen, standardisiert, indem der Müller Chargen mit unterschiedlicher Zusammensetzung mischt. Eine zielgerichtete Proteinverschiebung der Mehle ist bisher nur sehr eingeschränkt, prozessnachgeschaltet und energieaufwendig möglich.“ Ein möglicher Ansatz sei die triboelektrische Trennung. Die Versuche hätten gezeigt, dass sich die Zusammensetzung der Mehle so tatsächlich beeinflussen lässt. „Unklar ist bisher aber, wie sich der Einfluss kontrollieren lässt, um eine gezielte Steuerung der Mehlinhaltstoffe und -funktionalitäten zu erreichen.“ Es bestünde weiterer Forschungsbedarf.

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Natalie Feller, Universität Hohenheim

Natalie Feller, Universität Hohenheim, berichtete über die Steuerung der Gashaltefähigkeit glutenfreier Teige aus alternativen Rohstoffen. Feller: „Glutenfreie Backwaren stellen eine besondere Herausforderung dar, da Gasblasen in der Teigmatrix ohne das stabilisierende Glutennetzwerk nicht effektiv gehalten werden können.“ Hier sei die Zugabe pflanzlicher Fraktionen vielversprechend. Sie schilderte Versuche mit saponinreichen Pflanzenextrakten von Quinoasamenhüllen und Gänseblümchenblüten sowie einem Extrakt aus Rapskuchen. „Die Ergebnisse betonen die wichtige Rolle pflanzlicher oberflächenaktiver Stoffe für Schaumstabilität in glutenfreien Backwaren“, so Feller. „Die gewonnenen Erkenntnisse tragen nicht nur zum wissenschaftlichen Verständnis bei, sondern haben auch das Potenzial, die Entwicklung neuer, hochwertiger glutenfreier Produkte voranzutreiben.“

Verheyen

Christoph Verheyen,
Fraunhofer IVV

f2m-bub-24-02-WIG-Carina Stoll

Carina Stoll, TUM

Fortgesetzt wurde die Tagung unter der Moderation von Christoph Verheyen, Fraunhofer IVV, und mit dem Vortrag von Carina Stoll, TUM, über WASI (wheat amylase/subtilisin inhibitor) als Werkzeug zur Aufklärung von Mechanismen der α-Amylase in getreidebasierten Lebensmitteln. Der aus dem Weizen isolierte Inhibitor WASI ist ein bifunktioneller Inhibitor, berichtete sie, und kann heute durch eine heterologe Expression von Zielgenen in fremden Wirten (z. B. E. coli) gewonnen werden. Stoll: „Mit WASI erhält man ein geeignetes Instrument zur Aufklärung von Wirkmechanismen, Synergismen und Antagonismen. Neben der Aufklärung können Inhibitoren auch zur gezielten Steuerung und Beeinflussung von technischen Prozessen eingesetzt werden, um getreidebasierte Inhaltsstoffe in Zukunft bestmöglich und zielgerichtet einsetzen zu können.“

f2m-bub-24-02-WIG-Dr. Viktoria Zettel

Dr. Viktoria Zettel, Universität Hohenheim

Mit den Effekten von Leguminosenmehlen auf Backwaren befasste sich Dr. Viktoria Zettel, Universität Hohenheim. „Leguminosen haben sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die technisch-funktionellen Eigenschaften von Backwaren“, erklärte sie und ging auf Backversuche mit Erbsen und Ackerbohnen ein. Dr. Zettel: „Die Wasseraufnahme der Mehlmischungen nimmt mit steigendem Substitutionsgrad für die Erbsen und Ackerbohnen ab, bei Weißbroten und für die Ackerbohnen bei Weizenvollkornbrot jedoch zu. Die Teigstabilität sinkt bei steigendem Substitutionsgrad. Ab 15 % Substitution bezogen auf die Mehlmenge zeigten sich negative Effekte auf die Brotqualität, die sich in kleineren Volumen, damit einhergehender höherer Krumenfestigkeit und dunklerer Farbe äußerten.“

f2m-bub-24-02-WIG- Dr. Markus Schirmer

Dr. Markus Schirmer, coolback GmbH

WIG-Frühjahrstagung, 6. März

Für eine bessere Teamarbeit entlang der Weizen-Wertschöpfungskette sprach sich Prof. Dr. Friedrich Longin, Universität Hohenheim, aus, der am zweiten Veranstaltungstag (Mittwoch, 6. März) online zugeschaltet war. Die Moderation der ersten Session des Tages übernahm Dr. Markus Schirmer, coolback GmbH. „Die Wertschöpfungsketten müssen sich als Team verstehen“, forderte Prof. Longin. Nur miteinander ließen sich unter dem vielfältigen Erwartungsdruck qualitativ gute Produkte kreieren. „Die Bemühungen der Politik greifen aktuell wieder in die Diskussionen der Backqualitätskriterien ein, insbesondere mit dem Ziel, den Weizenanbau durch eine weitere Reduktion der Stickstoffdüngung noch nachhaltiger zu machen.“ Zur gemeinsamen Aufgabe gehören nach seinen Worten der zielgenaue Anbau und Handel von Weizensorten entsprechend des Zielverbrauchs, Anpassungen bzw. Neuentwicklung der Backproduktionstechniken und auch intensive Aufklärungsarbeit beim Verbraucher. „Die Züchtung allein kann die aktuell einseitige Politik zur Reduktion der Stickstoffdüngungsmöglichkeiten nicht mit noch besserer Qualität abpuffern, schon gar nicht in der geforderten Geschwindigkeit und ohne Verluste der Flächenproduktivität.“ Bedenkenswert sei zudem, dass Qualität nur als techno-funktionelle Eigenschaft fürs Backergebnis verstanden werde und Nährstoffe völlig missachtet würden.

f2m-bub-24-02-WIG-Lukas Buck

Lukas Buck, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Den Zusammenhang zwischen Glutenzusammensetzung und Backqualität betrachtete Lukas Buck, Karlsruher Institut für Technologie (KIT). „Die genau Vorhersage der Backeigenschaften verschiedener Weizenmehle ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von großer Bedeutung“, leitete Buck in sein Thema ein. Weizenproteine spielen eine wichtige Rolle bei der Bildung der Teigstruktur, so Buck, dennoch ist der Proteingehalt nur teilweise mit der Backqualität korreliert. Eine erste Vorhersage der Backqualität sei anhand des Verhältnisses von Gliadinen und Gluteninen, aus denen sich das Speicherprotein Gluten zusammensetzt, möglich. Buck ging auf eine Studie ein. „Um die Unterschiede in der Proteinzusammensetzung von 78 Weizenmehlen zu bewerten, wurden diese fraktioniert und mittels Umkehrphasen-Ultrahochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (RP-UHPLC) getrennt. Durch die Kombination der Daten mit den Ergebnissen der Backversuche wurden auffällige Proben identifiziert. Für die Vorhersage der Backeigenschaften von weiteren Weizenmehlen wird eine Datenmodellierung unter Einbeziehung dieser Ergebnisse durchgeführt.“ Ausgewählte Mehle würden dann mittels zweidimensionaler Gelelektrophorese und Massenspektrometrie analysiert.

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Nina Höller, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

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Thekla Alpers, TUM

Nina Höller, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), und Thekla Alpers, TUM, berichteten über Ergebnisse eines gemeinsamen Forschungsprojekts, bei dem die Struktur und Funktionalität von Vitalkleber in Abhängigkeit zum Backwarenherstellungsprozess untersucht wurde. Um die Funktionalität der gewonnenen Vitalkleber bei der Backwarenherstellung klassifizieren zu können, wurde das rheologische Verhalten modelliert. Insbesondere zwischen den elastischen Materialeigenschaften der Vitalkleberproben nach der Hydration und dem Backergebnis ergab sich ein großer Überschnitt. Die Ergebnisse der Charakterisierung des Materialverhaltens unter großer Deformation zeigten dabei eine hohe lineare Korrelation mit dem spezifischen Volumen des Endproduktes. Dies unterstreiche die Bedeutung dieser Methodik für die Materialcharakterisierung, so die Referentinnen. Und weiter: „Der Zusatz von Chloridsalzen resultierte in einer Steigerung der Elastizität. Im Backprozess führte dies zu einem höheren spezifischen Volumen der Brote und folglich einer geringeren Krumenhärte. Thermischer Stress im Auswaschprozess oder bei der Trocknung hingegen reduzierte den elastischen und viskoelastischen Anteil der Materialantwort deutlich und hatte ebenfalls einen negativen Einfluss auf das Gebäckvolumen. Kombinationen von thermischem Stress und Chloridsalzen beim Auswaschen oder im weiteren Verarbeitungsprozess zeigten hingegen das Potential zur partiellen Umkehrung des negativen Einflusses.“

Klaus Weiße, BÖCKER

Klaus Weiße, BÖCKER, leitete durch die zweite Session des Tages und stellte als erste Referentin Dr. Charlotte Stemler, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), vor. Sie ging auf die Nutzung von Backlipasen in Feinen Backwaren ein. Dr. Stemler: „Während Backlipasen seit Jahrzehnten zur Verbesserung der Backqualität von Brot eingesetzt werden, gibt es bisher nur begrenzte Anwendungen für Feine Backwaren. Erste Ergebnisse weisen jedoch darauf hin, dass Backlipasen auch in Kuchenrezepturen die Maschinengängigkeit der Teige und die Textur der Produkte verbessern können.“ Studien am KIT haben gezeigt, dass die Nutzungsmöglichkeiten von Backlipasen in Feinen Backwaren in Abhängig zur Rezeptur stehen. Die sieben untersuchten Lipasen waren außerdem unterschiedlich effektiv. „Durch ergänzende Untersuchungen“, erklärte Dr. Stemler, „sollen zukünftig Methoden geschaffen werden, mit denen die Eignung einer Lipase für eine spezifische Rezeptur vorhergesagt werden kann.“

f2m-bub-24-02-WIG-Jagoda Swiacka

Jagoda Swiacka, Universität Hohenheim

Mit der Bewertung der Acrylamidbildung in Brotkrusten befasste sich Jagoda Swiacka, Universität Hohenheim. Die Acrylamidbildung, erklärte sie, verläuft vorwiegend in der Brotkruste, da die Kruste höheren Temperaturen ausgesetzt ist und während des Backens niedrige Feuchtigkeitsgehalte aufweist. Beides seien Faktoren, die die Bildung von Acrylamid fördern. Swiacka: „Besonders betroffen sind Spezialbackwaren, also mit verschiedenen pflanzlichen Spezialzutaten, wie Kartoffeln, Karotten, Oliven, Röstzwiebeln, angereicherte Backwaren. Die Zugabe könnte die Acrylamidbildung, je nach Rohstoffart und -qualität, erhöhen, was kritisch für die Einhaltung der EU-Richtwerte sein könnte. Swiacka weiter: „In unseren Vorversuchen wurde wiederholt gezeigt, dass die Acrylamidbildung stark von der Art und Qualität der Spezialzutaten abhängt.“ Selbst Zugabe von zwei Karottensorten ähnlicher Spezifikation hätten zu unterschiedlicher Acrylamidbildung geführt.

f2m-bub-24-02-WIG-Dr. Carsten Nachtigall

Dr. Carsten Nachtigall,
TU Dresden

Die Nutzung von Nebenströmen aus der Lebensmittelherstellung war der Ansatz, den Dr. Carsten Nachtigall, TU Dresden, verfolgte, indem er in seinen Studien den Einsatz von minimal prozessiertem Hafer-Okara in Weizenbrot untersuchte. Dr. Nachtigall: „Bei der Herstellung von Haferdrink, der mit rund 50 % des Absatzes die beliebteste Milchalternative in Deutschland darstellt, wird der verbleibende Feststoffanteil, also das Okara, von dem flüssigen Anteil abgetrennt und bisher lediglich als Futtermittel verwendet. Ziel unseres Projektes war es, die Nährstoffzusammensetzung von Hafer-Okara zu analysieren, es durch Trocknung und Vermahlung in eine lagerfähige Form zu überführen und damit Mehl in Weizenbroten partiell zu substituieren.“ Dr. Nachtigall erläuterte im weiteren Verlauf einige Ergebnisse seiner Untersuchungen. Demnach konnte durch das hohe Wasserbindungsvermögen von Okara der Backverlust mit steigendem Okara-Gehalt signifikant reduziert werden. Im Gegenzug sank jedoch das Brotvolumen, die durchschnittliche Porengröße und die Helligkeit der Krume. Die Kruste wurde signifikant fester. In einer sensorischen Profilprüfung wurden Brote mit Okara im Vergleich zum okarafreien Weizenbrot als nussiger, salziger und getreidiger im Geschmack beschrieben.

Die WIG-Tagungen wurde mit weiteren Vorträgen fortgesetzt, die an dieser Stelle nicht beschrieben werden.