Von Helga Baumfalk
In einem international aufgestellten Unternehmen wie Dawn Foods fließen Ideen aus verschiedenen Märkten in die Forschungsarbeit ein. Aus Europa kam der Anstoß zur Entwicklung einer veganen Produktrange, aus den USA zu einer Glasur, die nicht klebt.
Darmstadt ist der Sitz der deutschen Dawn Foods-Tochter und mit einer Jahreskapazität von rund 14.000 t der europäische Produktionsstandort für die mehlfreien, zuckerbasierten Pulvermischungen. „Gleichzeitig ist es ein Forschungs- und Entwicklungszentrum“, betont Christopher Carey, der im Unternehmen das Marketing in DACH verantwortet. „In unserem über 200 qm großen Backstudio, das vom Equipment her einer großen Backstube ähnelt, arbeiten kreative Teams an neuen Konzepten und Entwicklungen. Rezepturen werden getestet, Neueinführungen vorbereitet für den Markt in DACH und weltweit.“
Das Bäckereigeschäft ist nur bedingt international gleich. „Die Produkte und Rezepte, die wir für DACH entwickeln, sind lokal geprägt. Schließlich wollen die Leute ihre Geschmackspräferenzen nicht über Bord werfen. Zum Glück, denn das macht den Backwarenmarkt insgesamt spannend. Andererseits gibt es natürlich auch Produkte, die weltweit funktionieren, wie z. B. der Donut.“
„Wir führen seit gut drei Jahren vegane Artikel im Sortiment und generieren damit inzwischen ca. eine halbe Mio. EUR Umsatz. Trotzdem sind wir sicher, das vollständige Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft zu haben.“
Christopher Carey, Marketing Manager DACH, Dawn Foods
„Wir bringen die Authentizität mit“
Dawn und Donuts oder, weiter gefasst, American Pastry, das ist eine enge Verbindung. Trotzdem waren sie nicht die Ersten, die entsprechende Vormischungen in Deutschland anboten. Christopher Carey: „Dafür waren wir die Ersten in DACH, die diese Authentizität mitbrachten, die Story dahinter. Denn wir sind die Amerikaner und kennen uns aus, was etwa einen original amerikanischen Muffin ausmacht. Hinzu kommt, dass wir nicht nur Mixe verkaufen, sondern für Muffins ein komplettes Konzept liefern können, einschließlich der Förmchen und Backbleche.“
Um den Markt zu verstehen
Trends und Ideen, die in einem international aufgestellten Unternehmen aus verschiedenen Märkten einfließen, sind der Treiber in der Entwicklungsarbeit. Thorsten Schnebel, Sales Director Artisanal Bakeries: „Auf jeder Geschäftsebene führen wir regelmäßige Meetings unter den Mitarbeitern der europäischen Standorte durch. Wir profitieren vom Austausch. Trends wollen wir früh erkennen und neue Produkte zeitnah entwickeln oder Applikationen mit unseren bestehenden Artikeln entsprechend weiterentwickeln.“
Um den Markt und die äußeren Einflüsse auf das Geschäft zu verstehen, gab Dawn Foods eine internationale Studie (siehe Seite 26) in Auftrag. „Wir im Vertrieb sehen zwar die Trends, die sich auf Kundenseite, also dem Bäcker, auftun, aber nicht unbedingt das, was den Endverbraucher bewegt.“ Besonders spannend findet Thorsten Schnebel, „dass die Konsumenten den Verzehr süßer Produkte mit etwas Positivem verbinden, nicht im Sinne von gesunder Ernährung, aber im Sinne von mental health.“ Genuss ohne Reue, das sei ein gutes Verkaufs-
argument für süße Backwaren. Außerdem: „Verbraucher befassen sich heutzutage viel mehr mit Lebensmitteln. Sie wollen wissen, was drin ist, und sie haben sich Wissen angeeignet.“ Das müsse man als Backzutatenhersteller berücksichtigen. „Darum“, so Thorsten Schnebel, „bieten wir unsere Produkte seit Jahren auch clean label an. Das ist absolut ein Thema, das wir weiter bedienen wollen.“
Vegan – ganz klar europäisch getrieben
Ein Trend, den kein Zutatenhersteller vorbeiziehen lässt, sind vegane Produkte. Er sei ganz klar europäisch geprägt, erzählt Christopher Carey, aber vor allem von Deutschland aus sei die Entwicklung angestoßen worden.
„Wir führen seit gut drei Jahren vegane Artikel im Sortiment und generieren damit inzwischen ca. eine halbe Mio. EUR Umsatz. Trotzdem sind wir sicher, das vollständige Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft zu haben.“
Frankfurter Kranz (vegan)
Die Glasur, die nicht klebt
Eine Glasur, die nicht klebt, gehört zu den jüngsten Innovationen von Dawn Foods, in die die Kollegen in den USA viel Forschungsarbeit investiert haben. „Interessant ist sie“, so Christopher Carey, „vor allem für Gebäcke, die verpackt im LEH angeboten werden. Üblicherweise geben die Produkte/Glasuren im Laufe der Zeit Feuchtigkeit ab, vor allem wenn der Verbraucher auf die Verpackung fasst, bleibt die Glasur daran kleben und das Produkt sieht unattraktiv aus. Hier setzen wir mit unserer non-sticky glaze an. Die Glasur kann für Donuts, aber genauso gut für Nusszöpfe oder andere süß glasierte Gebäcke verwendet werden.“
Ebenfalls vegan: Orangencreme-Schnitte
In Nordamerika und teilweise auch in Europa wurde das Produkt 2021 im Markt eingeführt. Deutschland soll in diesem bzw. im nächsten Jahr folgen. Thorsten Schnebel: „Wir sehen am Markt, dass sich Bäckereien getrieben vom Personalmangel immer mehr mit Verpackungen auseinandersetzen müssen. Allein schon, wenn man sich das Freestander-Konzept vom Lila Bäcker anschaut, bei dem Gebäcke über einen automatisierten Convenience Store verkauft werden, so was funktioniert nur mit verpackten Produkten.“
„Preiserhöhungen kann man abfedern, aber wenn man gar nicht produzieren kann, weil die Ware nicht zur Verfügung steht, hat man ein viel größeres Problem.“
Thorsten Schnebel, Sales Director Artisanal Bakeries, Dawn Foods
Neuentwickelt: eine Glasur, die nicht klebt
Alles begann mit Donuts
Zwei Bäcker, die in Jackson, Michigan, USA mit großem Erfolg Donuts herstellen – damit beginnt 1920 die Geschichte des Unternehmens. Aus der Bäckerei entstand die Dawn Donut Company und statt der Gebäcke wurden Donut-Mixe an andere Bäckereien vertrieben. Damit war der Grundstein für den ersten Backzutaten-Hersteller in den USA gelegt.
1955 ging das Unternehmen in den Besitz der Familie Jones über, der es noch heute gehört, und in den 90er-Jahren expandierte man in Richtung Europa. Der Vertrieb lief zunächst über eine Tochter namens Dawn, die nicht nur Ingredients, sondern auch fertige Cookie-Teige anbot. Als 2011 der europäische Zutatenspezialist für Feine Backwaren, die Unifine Food & Bake Ingredients, übernommen wurde, kam eine ganze Vertriebsorganisation in Europa hinzu, außerdem sieben Produktionsstätten in verschiedenen europäischen Ländern, zehn Verkaufsbüros sowie die Marken Sucrea, Fruibel, Caullet und Dethmers.
Heute beschäftigt Dawn Foods weltweit rund 4.000 Mitarbeiter und verkauft seine Produkte in 106 Ländern, vor allem in Nord- und Südamerika sowie in Europa. Zum Sortiment gehören verschiedene Back-, Füll- und Knuspermixe, Feinbackmittel, Sahnefonds und Desserts, Cremes und Füllungen, Frucht- und Aromapasten. Darüber hinaus Dekore und Schokoladen sowie ein komplettes Sortiment für die handwerkliche Speiseeisherstellung, sowie TK-Massen und -Teige und halb- und fertig gebackene TK-Produkte, die das Unternehmen in den Geschäftsbereichen Handwerksbäckereien (mit ~60 % Umsatzanteil), Großbäckereien (~20 %), Foodservice (~10 %) und Eiscafés (~10 %) vertreibt.
Die europäische Firmenzentrale hat ihren Sitz in Amstelveen bei Amsterdam, Niederlande. In Europa betreibt Dawn Foods sieben Werke in Polen, Belgien, Deutschland, Frankreich, Portugal, UK und den Niederlanden (2 Standorte). Bis auf Evesham/UK sind sie jeweils spezialisiert auf die Herstellung von Nassprodukten, Pulvermischungen oder auf TK.
Die Rohstoffversorgung
Seit Corona sind Lieferketten und die Rohstoffversorgung ein Thema, auch bei Dawn Foods. „Mit unserer starken Einkaufsorganisation, die auch international tätig ist, haben wir das im Griff“, erklärt Christopher Carey. „Eventuelle Lücken können wir sicher besser kompensieren als regional agierende Unternehmen. Hier sehe ich eine unserer Stärken.“
Um manche Zutaten am Markt überhaupt bekommen zu können, musste das Unternehmen seit 2021 teils deutlich höhere Einkaufspreise in Kauf nehmen. „Wir haben quasi Gold gekauft. Es waren dennoch bewusste Entscheidungen, die wir zugunsten der Warenverfügbarkeit getroffen haben, und letztlich zugunsten der Produktionssicherheit unserer Kunden“, so Thorsten Schnebel. „Preiserhöhungen kann man abfedern, aber wenn man gar nicht produzieren kann, hat man ein viel größeres Problem.“
Zeitweise extrem schwer am Markt zu bekommen war zum Beispiel Johannisbrotkernmehl, das vielseitig u. a. in Cremes, Tortenguss oder in Backmixen eingesetzt wird. Auch bei Alginat gab es zeitweise Engpässe sowie bei Sonnenblumenöl. „Allerdings war das weniger problematisch, weil wir Alternativrezepturen mit anderen Ölen entwickeln konnten“, erklärt Christopher Carey.
Auch mit dem Verbot von E 171 Titaniumdioxid (Weißpigment) in Europa im August 2022 mussten Rezepturen angepasst werden. Eine adäquate Alternative zu finden, das sei schon eine Herausforderung gewesen, so Thorsten Schnebel.
Süße Backwaren: Vier Makrotrends 2023
Was beeinflusst weltweit gesehen den Konsum süßer Backwaren? Um das herauszufinden, hat Dawn Foods eine eigene Studie in Auftrag gegeben, bei der genau 3.727 Verbraucher süßer Backwaren in Nord- und Südamerika sowie in sechs europäischen Ländern (UK, Frankreich, Spanien, Deutschland, Polen und den Niederlanden) befragt wurden. Im Ergebnis wurden vier weltweite Makrotrends 2023 identifiziert.
Trend 1: Technologie im Wandel
Die Technologie hat das Einkaufsverhalten der Verbraucher für immer verändert. Von QR-Codes bis hin zu Touchscreen-Bestellungen gibt es jetzt eine digitale oder soziale Komponente bei praktisch jeder Gelegenheit zum Essen. Die Technologie stellt Bäcker vor ein „make or break“-Szenario. Wer in einer digitalen Welt relevant bleiben will, muss diese Technologien aktiv nutzen.
Trend 2: Neues Erleben
Alles Alte ist wieder neu. In schwierigen Zeiten greifen Verbraucher häufig zu ihnen vertrauten, bekannten Lebensmitteln. Das hat sich insbesondere in den letzten Jahren gezeigt. Die heutigen Verbraucher – vor allem die jüngeren Generationen – begegnen Traditionellem dabei mit einer neuen Sichtweise, und zwar durch das Entdecken und die Kombination frischer und ungewöhnlicher Zutaten. Das heißt, um Kunden zu gewinnen, steht das Bäckerhandwerk vor der Herausforderung, sowohl klassisch als auch neu zu denken.
Trend 3: Tägliche Verführung
Verbraucher legen einen größeren Wert auf geistige Gesundheit und Wohlbefinden, damit hat sich auch ihre Einstellung zu Süßem verändert. Hatte man früher beim Genuss von Süßem „ein schlechtes Gewissen“, ist es jetzt etwas, das einem „ein gutes Gefühl gibt“ und als wesentlicher Bestandteil eines ausgewogenen Lifestyles gesehen wird.
Trend 4: Achtsamkeit zählt
Den bewussten Kunden erreichen. Kunden achten heute sehr darauf, was sie täglich essen. Sie wissen ganz genau, welchen Einfluss ihre Ernährung auf ihre persönliche Gesundheit hat und was die Auswirkungen für die Gesellschaft und den Planeten sind. Sie suchen Authentizität und wollen einen positiven Einfluss auf die Welt nehmen. Sie sind den Marken und Betrieben gegenüber loyal, die ihre Anliegen unterstützen.
(Ein Video dazu finden Sie unter diesem Link: www.dawnfoods.com/de/einblicke/backtrends)