Von Ralf Ohlmann, CEO Just in Air® GmbH
Angesichts stark steigender Energiepreise und knapper Ressourcen bei wachsenden Marktanforderungen nach natürlicher Haltbarkeitsstabilisierung (ohne Alkohol, Konservierungsstoffe etc.) nimmt der Druck auf die
Backbranche zu. Dabei gibt es gute Ansätze, Kosten im Betriebsumfeld einzusparen und die Hygienesicherheit gleichzeitig zu erhöhen.
Bevor die jeweils richtigen Maßnahmen und Vorkehrungen getroffen werden können, muss die bestehende Situation im Betrieb erfasst und bewertet werden. In der Regel betrachtet man das Luft-, Hygiene- und Energiemanagement. Hierbei handelt es sich um einen zusammengefassten Begriff. Es sind jedoch komplexe und ineinandergreifende Segmente im direkten Umfeld der Prozessschritte, die in jedem Unternehmen unterschiedlich sein können.
Prozessumfeld: Die Ausgangssituation
Kaum ein anderer Umwelteinfluss bestimmt die Produktqualität und die Kosten, die ein Unternehmen für den eigentlichen Betrieb und die Energie aufwenden muss, mehr als die Hygiene. Ausschlaggebend sind in dieser Hinsicht die klimatischen Bedingungen und die baulichen Gegebenheiten im Prozessumfeld.
Die Ursachen für ein nicht optimal aufeinander abgestimmtes Luft-, Hygiene- und Energiemanagement haben somit negative Auswirkungen sowohl auf die hygienische Produktqualität als auch auf die Kosten.
Potenzial in den REIN-Bereichen
Ansätze zur Energieeinsparung ergeben sich insbesondere in den REIN-Bereichen nach dem Ausbacken bis zum fertig verpackten Produkt, indem die richtige Raumtemperatur eingestellt wird. Dabei kommen aktuell Fragen auf, die in der Vergangenheit auch in der einschlägigen Literatur bisher keine Beachtung fanden: Welche arbeitsmedizinischen oder regulatorischen Vorgaben gibt es für die Umfeld-Temperatur? Worin unterscheiden sich Produkt-, Raum- und Auskühltemperatur?
Ein angepasstes Luftmanagement eröffnet auf der einen Seite die Möglichkeit, ein für das Personal und das Produkt deutlich besseres Raumtemperaturgefüge zu erreichen, und auf der anderen Seite nachhaltige Kosteneinsparungen.
Ein Beispiel für die energetische Bewertung ist die überschlägige Energieauslegung aus der Luft, was z. B. auch die Grundlage für eine Wärmerückgewinnung bei Lüftungsanlagen darstellt: 0,002 kW energetische Beladung ergeben sich bei Ausgang T1 = 20 °C auf den Einstellwert T2 = 25 °C pro 1 m³/h
Ein weiterer Punkt in der Eigenenergiewiederverwertung liegt in der Nutzung von Abwässern, die in der Backwarenherstellung volumenmäßig gering anfallen, aber eine hohe Befrachtung mit energiereichen Inhaltstoffen wie CSB (Chemischer Sauerstoffbedarf) aufweisen und somit einen energetischen Wertstoff für Biogasanlagen darstellen. Betriebe können während der Produktion anfallende Ressourcen sinnvoll in den Energiehaushalt einspeisen und damit ähnlich verfahren wie bei der Nutzung von Solar-
energie oder Wärmepumpen.
Abhängig vom jeweiligen Belastungsgrad und -medium, also der Trockenmasse, sowie der Befrachtung der Abwässer mit chemischen Desinfektionsmitteln (sie sollten nicht ins Abwasser gelangen, weil sie sich negativ auf die Mikroorganismen in der Biogasanlage auswirken) kann bereits im Vorfeld eine Berechnung der daraus zu gewinnenden Energie erfolgen.
Berechnungsbeispiel der Energiebeladung für eine Biogasanlage:
+ Abwassermenge = X Liter Abwasser/Tag
+ Abwasserbelastung = X mg CSB/Liter Abwasser
Selektionsverfahren:
+ Biogasausbeute ca. 0,3–0,4 m3 Biogas/kg CSB
+ Energieinhalt ca. 1,9–2,6 kWh/kg CSB
Berechnung:
X kg CSB/a x 1,9 kWh/kg CSB = X kWh/a
Zusammenfassung
Durch eine Beurteilung der Hygiene – also einer klimatischen Betrachtung des Prozessumfelds mit anschließender Bewertung – lassen sich Produktionsabläufe transparent darstellen und Optimierungspotenziale erkennen. Maßnahmen zur Verbesserung tragen nicht nur zu erhöhter Lebensmittelsicherheit, sondern auch zur Reduzierung der Energie- und Prozesskosten bei. Zudem können notwendige bauliche Sanierungen in deutlich längeren Abständen veranschlagt werden. Hierbei muss das Prozessumfeld den Anforderungen des Produktes folgend nach dem Motto „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ ausgelegt werden.
Online-Seminare im November
Zum Thema „Nachhaltiges Luft-, Hygiene- und Energiemanagement in der Lebensmittelherstellung – Einfache Optimierung der Produkt- sowie Hygienesicherheit und Steigerung der Energieeffizienz“ veranstaltet die BWA Bundesfachkommission Lebensmittelsicherheit am 4. und am 11. November 2022 jeweils ein Online-Seminar. Anmeldungen bitte per E-Mail an: info@bwa-deutschland.de