Scroll Top

b+b-2022-04-„Oh, das ist ja vegan“

f2m-bub-2022-04-Märkte und Zahlen-Donut

Von Helga Baumfalk

Was 2015 mit einem Marktstand für vegane Donuts begann, ist heute ein Unternehmen mit eigener Bäckerei und sechs Stores in Berlin, bisher – denn Brammibal’s hat Wachstumspläne.

„Wir sind Europas erste rein vegane Donut-Kette“, sagt Jessica Jeworutzki, die das Unternehmen zusammen mit ihrem Geschäfts- und Lebenspartner Bram von Monfort (sein Spitzname war ausschlaggebend für die Namensgebung) gegründet hat. Seither können sie Zuwachsraten von jährlich 20 % vorweisen und für 2021 einen Umsatz von 5,9 Mio. EUR.

Es sind Hefe-Donuts

Es sind Hefe-Donuts, die Brammibal’s herstellt – keine Cake-Donuts – und sie werden frisch – nicht gefrostet – zwei- bis dreimal am Tag an die sechs Stores ausgeliefert. „Ich hasse es, wenn man die frostet“, betont Jeworutzki. „Ein Donut muss frisch sein.“ Das sei ihr Verständnis von einem guten Produkt.

„Nachhaltigkeit und Charity gehören zum Konzept. Viele Konsument*innen erwarten heute, dass sich Firmen – insbesondere vegane Firmen – so positionieren.“

Jessica Jeworutzki, Gründerin und Geschäftsführerin Brammibal’s Donuts

In der gerade erst auf 1.000 qm aufgestockten Bäckerei im Berliner Stadtteil Neukölln werden täglich bis zu 10.000 Donuts produziert. Ist Saison, sind es mehr. Silvester 2021 lag der Rekord bei 23.000 Stück. Bis zu 40 Leute arbeiten in der Produktion, einschließlich zwei Bäckermeistern, einer Konditormeisterin, sieben Bäckern und 15 Konditoren, Produktionshelfern und Fahrern. Repetitive Aufgaben laufen automatisiert ab. Gerade erst wurde in eine größere Durchlauf-Siedebackanlage investiert, die Leistungen bis 2.900 Ring-Donuts/h (oder rund 3.400 filled Donuts/h) abrufen kann. „Wir versuchen, eine Balance zwischen Handwerk und Automatisierung zu finden“, sagt die Firmenchefin. „Dort, wo Handarbeit ihren Wert hat, bleibt es dabei – und das ist beim Dekorieren der Donuts.“

f2m-bub-2022-04-Märkte und Zahlen-Verkaufstheke
Herausforderungen

Statt auf tierische Produkte setzt Brammibal’s auf pflanzliche Alternativen wie Pflanzensahne, Hafermilch, Fruchtpüree statt Aromen, pflanzliche Bindemittel oder Margarine. Vegane Donuts, die ohne Convenience auskommen müssen, stellen Herausforderungen an die Produktion. „Stabilität in die Teiglinge zu bringen, damit sie beim Garen nicht in sich zusammenfallen und sich gut ausbacken lassen, war ein Problem, das wir lösen mussten, und dass sie über den Tag hinaus frisch bleiben.“ Die Unternehmer haben lange Zeit an ihren Rezepturen getüftelt und tun es weiterhin, weil sie Perfektionisten sind, wie sie sagen. Auch Lieferanten zu finden, die die pflanzlichen Rohstoffe in Großgebinden beisteuern konnten, war zunächst schwierig. Mittlerweile sei man gut aufgestellt.

f2m-bub-2022-04-Maerkte-und-Zahlen-Collage-Backen
„Lass mal machen“

Angefangen hat alles 2014 mit einer Idee zum Geburtstag einer Freundin. Jessica Jeworutzki: „Ich habe mich schon immer fürs Backen interessiert und seitdem ich vegan lebe, viel herumprobiert. Weil viele unserer Freunde auch Veganer sind, habe ich zu verschiedenen Anlässen immer etwas mitgebracht. Einmal waren es Donuts. Dabei fiel uns auf, dass es in Europa überhaupt kein veganes Donut-Konzept gibt. Schon handgemachte Donuts sind Mangelware, egal, ob vegan oder nicht. ‚Lass mal machen‘, dachten wir uns und starteten den Verkauf über Märkte.“

Ihr neues Business haben sich die Gründer neben ihren Vollzeitjobs nach Feierabend aufgebaut. Jeworutzki ist von Beruf Gesundheits- und Krankenpflegerin. „Aber eigentlich wollte ich schon immer Konditorin werden. Nur konnte mir nicht vorstellen, mit tierischen Produkten zu arbeiten. Jetzt bin ich über Umwege im Backgewerbe angekommen.“ Heute beschickt Brammibal’s kaum noch Märkte. Der Zeitaufwand sei zu groß. Der Schwerpunkt hat sich auf die Shops verlagert.

f2m-bub-2022-04-Maerkte-und-Zahlen-Brammibalts-donuts
Entscheidung nach Bauchgefühl

Die sechs Stores, die das Unternehmen selbst betreibt, befinden sich nicht nur, aber auch in exponierter Lage in Berlin, am Potsdamer Platz, am Prenzlauer Berg, am Alexanderplatz und im KaDeWe. Dabei stellt Brammibal’s, wie Jessica Jeworutzki sagt, gar nicht besonders hohe Anforderungen an die Standorte. „Wir entscheiden nach Bauchgefühl. Am Potsdamer Platz haben wir einen Starbucks-Standort übernommen, was ich persönlich ziemlich gut finde. Wenn sich ein Vermieter an einem derart zentralen Standort ein veganes Konzept ins Haus holt, zeigt das auch, dass ‚vegan‘ zunehmend Mainstream wird.“ Andere Locations sind in ruhigeren Nachbarschaftsstandorten angesiedelt.

f2m-bub-2022-04-Märkte und Zahlen-Teig
„Oh, das ist ja vegan“

Mehr Frauen als Männer kaufen vegane Donuts, beobachtet die Firmenchefin, „aber ansonsten kann ich keinen typischen Donutkäufer ausmachen.“ Die Klientel ist bunt gemischt, Bauarbeiter sind darunter, Polizisten, Jugendliche und Familien. Jeworutzki: „Manche wissen gar nicht, dass unsere Donuts vegan sind. Wir bewerben das nicht mega-plakativ. Die Menschen sollen probieren und vielleicht hinterher merken, ‚oh, das ist ja vegan‘. Und schon haben sie positive Erfahrungen gemacht und Vorurteile abgelegt.“

Alles, was in den Shops angeboten wird, ist vegan. Das durchgehend vegane Konzept hängt nicht nur mit der persönlichen Präferenz der Gründer zusammen, sie sehen es als Mission. „Wir wollen die Wahrnehmung von pflanzlicher Nahrung verändern. Warum sollte man tierische Produkte verwenden, wenn es rein pflanzlich geht?“, so Jeworutzki.

f2m-bub-2022-04-Maerkte-und-Zahlen-Donuts
Nachhaltigkeit und Charity

Genauso gehören Nachhaltigkeit zum Business Model, Green Energy sowie Pfandverpackungen, dass übriggebliebene Donuts an lokale Non-Profit-Organisationen abgegeben werden und der Verkauf des monatlich wechselnden Charity-Donuts, durch den eine Spendensumme von mittlerweile mehr als 250.000 EUR zusammengekommen ist. Ist das Haltung oder Marketing? „Wir machen das nicht nur, weil es gut aussieht, es ist auch persönliche Haltung“, erklärt die Chefin. Natürlich profitiere auch das Marketing davon. „Viele Konsumenten erwarten heute, dass sich Firmen – insbesondere vegane Firmen – so positionieren.“

f2m-bub-2022-04-Maerkte-und-Zahlen-collage-donuts
Next Step: Hamburg

Noch in diesem Jahr will Brammibal‘s sein Konzept in Hamburg ausrollen. Im neuen Stadtviertel Altona–Mitte entsteht eine 400 qm große Bäckerei mit Café. „Es ist nicht die beste Fläche für Laufkundschaft“, erklärt Jessica Jeworutzki, „aber das hat uns woanders auch nicht davon abgehalten, unsere Donuts zu verkaufen.“ Später sollen weitere Verkaufsstandorte hinzukommen. Jeworutzki: „Wir wollen zunächst Hamburg meistern und Erfahrungen sammeln, wie wir mit zwei Städten gleichzeitig zurechtkommen. Dann schauen wir, ob weitere Expansionen vielleicht ins Ruhrgebiet machbar sind.“