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b+b-2022-03-Back to the roots – mit System

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Systemkompetenz mit klassischen Handwerkstugenden, aber ohne Overhead – Peter Ostendorf betreibt in Wien mit „mel&koffie“ die ersten beiden Bäckereien seines neuen Franchisekonzeptes für Bäcker.

„Die erste Filiale in der Alser Straße hat uns gezeigt, dass das Konzept funktioniert, die zweite in der Taborstraße, dass es auf 75 qm realisierbar ist“, so Peter Ostendorf. Ein bis drei weitere Standorte in Wien sind angedacht. Danach soll ein Manager Wien übernehmen und Ostendorf selber will sich um die Expansion in andere Städte kümmern. Anfragen gibt es schon.

Wer eine Filiale betritt, etwa die in der zum 9. Wiener Gemeindebezirk gehörenden Alser Straße 32, steht in einem hohen, hellen Raum mit einer Backwarentheke, einem Brotregal, einer hochprofessionellen Kaffeestation und rund 30 Sitzplätzen. Schon vom Eingang aus sieht man zwischen Theke und Kaffeemaschine in die Backstube, wo zwischen 6 und 13 Uhr mehrere Frauen und Männer Teige aufarbeiten und im Reiferaum deponieren und Teiglinge, die dort mindestens 20 Stunden verbracht haben, in den Ofen schieben.

Peter Ostendorf

Insgesamt fast 19 Jahre war Peter Ostendorf mit dem einstmals größten Backwarenhersteller Ankerbrot, Wien, verbandelt. Nach deren Übernahme durch das Firmenreich seines Vaters Klaus Ostendorf arbeitete er zunächst im Vorstand, seit dem Verkauf bleibt er dem Unternehmen als Aufsichtsratsmitglied verbunden. Durch ein Wettbewerbsverbot für mehrere Jahre an eine Rückkehr in die Backbranche gehindert, gründete Ostendorf 2021 „mel&koffie“, ein Filialsystem, das sich auf ursprüngliche handwerkliche Herstellung fokussiert und sich als Franchise international vermarkten lässt. Der Name setzt sich aus dem althochdeutschen Wort für Mehl und dem international gebräuchlichen Begriff für das koffeinhaltige Heißgetränk zusammen.

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Das ist kein Showprogramm. Alles, was im Laden verkauft wird, entsteht hier. Was ausverkauft ist, gibt es erst am nächsten Tag wieder. Sechs Sorten Brot vom Weizen- über Mischbrote bis hin zum Dinkel- und 100%igen Roggenbrot, sechs verschiedene Brötchenteige in unterschiedlicher Aufarbeitung und eine Handvoll Mehlspeisen wie Milchbrötchen, Croissants und natürlich Hefeschnecken mit diversen Füllungen, dazu als Snack belegte Brötchen und Focaccia. Das Sortiment ist überschaubar. Alle Teige, konsequent ohne Kesselgare, dafür langzeitgeführt, haben nie einen Tiefkühler gesehen, was nicht nur geschmacklich, sondern auch energetisch Vorteile hat.

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Die Ladenfronten sowohl in der Alser Straße wie in der Taborstraße sind schlicht gehalten

Ostendorf: „Ich wollte ein Konzept für Nichtbäcker, ein überschaubares Produktportfolio und klar definierte Prozesse, ohne Overhead-Strukturen. In meinem früheren Leben hab ich gelernt, dass ‚handwerklich‘ und ‚rustikal‘ Attribute sind, die Backwaren auf der Renner-Penner-Liste garantiert nach ganz oben befördern, wenn sie glaubwürdig sind.“ Darum geht es – nicht um mehr, nicht um weniger.

Die Herausforderung, Rezepturen und Prozessparameter zu entwickeln, die Brot und Brötchen in Bioqualität liefern, hat er sich mit einem Fachmann geteilt. Ostendorf hat als früherer Manager und Anteilseigner des ehemaligen Stadtprimus „Ankerbrot“ zwar viel Ahnung vom Markt, aber keine in der Praxis erworbenen bäckerischen Kompetenzen.

Tatsächlich ist in der hiesigen Backstube nur einer vom Fach, der Rest sind ein Betriebswirt, eine Ukrainerin aus der Spirituosenbranche, ein rumänischer Landwirt und ein ehemaliger Bäckerlehrling, der die theoretische Prüfung nicht geschafft hat. Aber alle wissen, was wann wie getan werden muss, und ihr Handeln sieht zumindest routiniert aus. IT-Programme steuern im Hintergrund die Prozesse, Temperaturen – selbst die der Rohstoffe –, Zeiten und Nachschub. Die Investitionen in die Technik, so Ostendorf, lagen um rund 30 % über den Vergleichswerten üblicher Filialen. Dafür ist der Wareneinsatz lukrativer, weil keinerlei Fertigware zugekauft wird.

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Topfen-, Mohn-, Nuss- und Zimtschnecken sind Renner im Sortiment

Die „Bäcker“ müssen sich um nichts anderes kümmern. Einmal pro Woche kommt der Mehllieferant, einmal der Bäckereigroßhandel, einmal der Frischdienst. Das kleine Team organisiert und erfasst seine Arbeitszeiten selber, vom Boss kommen Geld und Ratschläge. Von Montag bis Samstag öffnet der Laden von 7 bis 18.30 Uhr. Sontags ist er dicht, Sonntagszuschläge verträgt die Kalkulation noch nicht. Ob das je der Fall sein wird, muss sich zeigen. Jede Filiale arbeitet autark, Austausch von Rohstoffen und Produkten gibt es ebenso wenig wie Wiederverkäufer, also auch keine interne Logistik oder Verrechnung oder die Betreuung von B2B-Kunden.

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In der Taborstraße kann man hinter dem Brotregal die Backstube sehen

Das Publikum in der Alser Straße ist in der Altersstruktur gemischt mit einer Betonung der Altersgruppe zwischen 25 und 35 Jahren. Gebäcke und Mehlspeisen wurden schnell angenommen, ebenso das Kaffeeangebot. Bei Brot hat das etwas gedauert. „Wir haben deshalb viel erzählt, hergezeigt und probieren lassen. Die Verbraucher haben so das Konzept verstanden, können die Qualität nachvollziehen und verstehen auch die Arbeitszeiten. Heute kaufen sogar Leute bei uns, die mir anfangs sagten, dass sie wegen ihrer Glutensensibilität überhaupt kein Brot mehr essen“, so Ostendorf. Inzwischen macht Brot mit einem Kilopreis von durchschnittlich 7 € ein Drittel des Umsatzes aus. Kilobrote gibt es allerdings nicht. Das Höchstgewicht liegt bei 500 Gramm. Ostendorf: „Mit der Rückkehr zu dieser Art von Teigherstellung und Backen wird Brot als Teil der Versorgung zu Hause wieder attraktiv. Das ist unser USP.“

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Das Brot- und Gebäckregal in der Alser Straße, ein schmales, aber offensichtlich ausreichendes Sortiment

Nachdem mitten in der Pandemie der Start in der Alser Straße gelungen war, fiel inzwischen der Startschuss auch in der Taborstraße im 2. Wiener Gemeindebezirk. 75 Quadratmeter Ladenfläche inklusive Backstube, die hinter dem Brotregal allerdings nur bei genauerem Hinsehen auffällt. Die Zahl der Sitzplätze ist mit 6 bis 8 überschaubar. Aber auch hier zahlt sich die Suche nach dem richtigen Standort aus: starke Wohngegend, viele Büros und eine gute Lauflage.

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Sämtliche Produkte entstehen hier in Handarbeit aus frischen Zutaten

So soll es auch weitergehen. Der nächste Standort ist bereits in Planung. Insgesamt sollen es in Wien maximal fünf werden. Danach will Ostendorf die Leitung in andere Hände geben und sich dem Aufbau einer internationalen Franchisekette widmen. Potenzielle Franchisenehmer, so Ostendorf, sind Bäcker oder Bäckermeister, die sich familienfreundliche Arbeitszeiten wünschen und die sich wieder um das Wesentliche kümmern wollen: das Herstellen von gutem Handwerksbrot