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b+b-2022-02-Nachhaltigkeit aus Sicht einer Großbäckerei

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Status und Optimierungsmöglichkeiten des CO2 Footprints von Backwaren

Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Das fragt sich die Lebensmittelwirtschaft nicht erst seit 2019, als die EU-Kommission eine neue Wachstumsstrategie entwickelte, um klima- und umweltbedingte Herausforderungen zu bewältigen: Der Green Deal wurde geboren. Wichtigstes Ziel des Entwurfs ist die Vermeidung von CO2-Emissionen – die Europäische Union soll bis 2050 klimaneutral werden. Dass dies dringend notwendig ist, wird nicht nur durch den Klimawandel und die klimatischen Veränderungen deutlich, die zum Teil erhebliche Auswirkungen auf die Ernten haben. Auch Verbraucher legen einen immer größeren Wert auf nachhaltig und klimaneutral hergestellte Produkte.

Auch Großbäckereien können aktiv durch Vermeidung von Treibhausgasemissionen dem Klimawandel und der globalen Erderwärmung entgegenwirken. Bei Harry-Brot heißt das Handeln mit Verantwortung: Vermeiden – Reduzieren – und später ggf. Kompensieren. „Mit einer über 300-jährigen Unternehmenshistorie haben wir die nächsten Generationen stets im Blick. Daher war und ist ein sparsamer Umgang mit Ressourcen für uns immer schon zentral gewesen und die nachhaltige Balance von Ökonomie, Ökologie und gesellschaftlicher Verantwortung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für uns“, bestätigt Frank Kleiner, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb bei der Harry-Brot GmbH.

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„Ein sparsamer Umgang mit Ressourcen ist für uns immer schon zentral gewesen und die nachhaltige Balance von Ökonomie, Ökologie und gesellschaftlicher Verantwortung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für uns.“

Frank Kleiner, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb

Umfassende Bestandsaufnahme als Basis einer erfolgreichen Nachhaltigkeitsstrategie

Wichtigste Voraussetzung, um Vermeidungs- und Reduzierungspotenziale zu erkennen, ist eine fundierte Grundlagenarbeit. Denn nur eine umfassende Bestandsaufnahme ermöglicht es, relevante Ziele zu definieren und zu verfolgen. Im Kontext der Treibhausgasemissionen spricht man hierbei vom meistbenutzten internationalen Berechnungstool, dem Greenhouse Gas (GHG) Protocol, das in drei Kategorien oder „Scopes“ unterteilt ist.
+ Scope 1 deckt direkte Emissionen aus eigenen oder kontrollierten Quellen ab.
+ Scope 2 deckt indirekte Emissionen aus der Erzeugung von gekauftem Strom, Dampf, Wärme und Kühlung ab, die das betreffende Unternehmen verbraucht.
+ Scope 3 umfasst alle anderen indirekten Emissionen, die in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens entstehen, vor allem Rohstoffe und Transport betreffend.

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Die jeweiligen Emissionswerte der Scopes 1–3 ergeben, je nachdem, zusammen den Corporate bzw. Product Carbon Footprint (dt. CO2-Fußabruck, kurz PCF). Entlang des
gesamten Lebenszyklus eines Produktes – von der Rohmaterialgewinnung bis zum Recycling oder zur Entsorgung – entstehen klimarelevante Auswirkungen in Form von Treibhausgasemissionen.

Konkretisiert werden soll das Beispiel des PCFs anhand eines handelsüblichen Mischbrotes im Vergleich mit ausgewählten Harry-Brot-Produkten. Zusammen mit dem TÜV Rheinland hat der Brothersteller folgende Daten erstellt: „Die positiven Zahlen sind das Ergebnis unserer CO2-Strategie“, erklärt Norbert Lötz, Geschäftsführer Produktion und Technik. „Vor allem das Zusammenspiel von Vermeiden, z. B. weniger Ausschuss durch genauere Messungen, und Reduzieren, z. B. weniger Energieverbrauch im Prozess und State-of-the-Art-Anlagen, sind hierbei relevant.“

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Noch deutlicher werden die CO2-Einsparungen des Unternehmens durch den Harry-eigenen Frischdienst: 39 Harry-Vertriebsstellen beliefern mit 819 exakt geplanten Frischdienst-Touren 12.500 Geschäfte täglich. Zum kompletten Frischesystem gehören zudem Disposition und Regalservice.

Im Gegensatz zur Belieferung über Zentrallager spart Harry-Brot mit der Streckenauslieferung über den Frischdienst über 4.000 Tonnen CO2.

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„Die größte Einsparung liegt hier bei der Nutzung der wiederverwertbaren Harry-Brot-Kästen, im Gegensatz zu üblichen Pappsteigen im Zentrallagergeschäft“, so Norbert Lötz. „Im Vergleich zu Karton-Transportverpackungen punktet unsere Frischdienstbelieferung mit einem um 23 % reduzierten CO2-Footprint.“

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„Im Vergleich zu Karton-Transportverpackungen punktet unsere Frischdienstbelieferung mit einem um 23 % reduzierten CO2-Footprint.“

Norbert Lötz, Geschäftsführer Produktion und Technik

Auch beim Thema Verpackung ist das Unternehmen sehr gut aufgestellt: Das verwendete HDPE (High Density Polyethylen) lässt sich zu 99,9 % recyceln – so viel, wie für den Lebensmittelhersteller möglich ist, um neben Umwelt- und Ressourcenschonung keine Qualitätseinbußen zu haben. Dadurch bleiben die Produkte länger haltbar und Foodwaste wird vermieden, was ebenfalls eine Reduktion des CO2-Footprints zur Folge hat (1 kg Verpackungsmaterial für 120 kg Brot; ca. 4 g pro Tüte bei 500 g Packungen).

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Ausblick: Investitionen sichern langfristigen Unternehmenserfolg

Um die Effizienz in der Produktion auch künftig zu steigern, werden Anlagen weiterhin optimiert. Dadurch werden bestens koordinierte Prozesse ermöglicht, die maßgeblich zur Reduktion des CO2 Footprints beitragen.
„In den letzten Jahren haben wir unseren CO2 Footprint bereits um mehr als 30 % verringern können“, erklärt Norbert Lötz. „Das haben wir über unterschiedlichste Maßnahmen in der Beschaffung der Rohstoffe, der Produktion und auch der Distribution unserer Produkte erzielt. Diese Maßnahmen werden wir auch in Zukunft kontinuierlich weiterentwickeln. Unter anderem prüfen wir unsere Möglichkeiten, Energie in Eigenverantwortung zu erzeugen. Als Beispiel haben wir dafür erste Vertriebsstellen mit Photovoltaikanlagen ausgerüstet.“

Am Standort Recklinghausen ist so eine Photovoltaikanlage, die jährlich bis zu 355 Tonnen CO2 einspart, bereits in Betrieb. Am Produktionsstandort Soltau entsteht ein Cross-Dock-Lager, ebenfalls mit einer Photovoltaikanlage versehen, die nach Fertigstellung CO2-Einsparungen von über 1.000 Tonnen ermöglicht.

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Ein weiteres Großprojekt ist die Erstellung eines hocheffizienten Blockheizkraftwerks in Schenefeld. Dadurch wird der Einsatz primärer Energieträger weiter verringert, die CO2-Reduktion liegt dabei bei 1.350 Tonnen pro Jahr. Die gewonnene Energie in Form von Wärme und Strom ermöglicht es dem Werk in Schenefeld, selbst zu produzieren und die dabei anfallende Wärme zu nutzen. Der Rest der Wärme wird in das Fernwärmenetz eingespeist.

Um das Thema Nachhaltigkeit weiter voranzutreiben, nutzt man bei Harry-Brot auch den Antrieb der jüngeren Generation: Diese setzt sich intensiver mit Klimawandel und den Folgen auseinander und fordert altbekannte Strukturen und gewohnte Denkweisen mit neuen Ansätzen heraus. Daher hat Harry-Brot ein Nachhaltigkeits-Team gebildet, das auch jüngere Mitarbeitende umfasst, die sich mit Kernfragen beschäftigen und Ziele erarbeiten.

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„Um unser inzwischen recht großes Familienunternehmen erfolgreich in die nächste Generation zu führen, sind langfristige Investitionen ebenso erforderlich wie das Wissen und die Motivation aller Mitarbeiter:innen. Das Denken in Generationen ist in unserem Unternehmen seit jeher fest verankert“, betont Frank Kleiner. Der Erfolg gibt dem Unternehmen recht.

Weitere Maßnahmen zur CO2-Einsparung bei Harry-Brot

+ Wärmerückgewinnungssysteme unter anderem für Prozessdampf oder z. B. für die Temperierung insbesondere von Expeditionen
+ Zertifizierung DIN EN ISO 50001 Energiemanagement
+ zentrale und dezentrale Energieteams in den Werken
+ RSPO-zertifiziert
+ Kauf von Pkw als Plug-in-Hybrid oder vollelektrisch
+ ECO-Fahrertraining für alle Harry-Fahrer, insbesondere für Lkw
+ Mehl aus der Region. Durchschnittliche Anfahrt 97 km zum Werk
+ Verpackungsreduzierung, insbesondere Kunststoffe um 30 %
+ Vermeidung von Schnittbrotabfällen durch bis zu 3 m lange Brotstangen
+ Einsatz von mehreren Gigalinern mit einer Palettenkapazität von 55 Pal.
+ Umrüstung sämtlicher Beleuchtung auf LED
+ Einsatz von Scannern für gewichtsgenaue Päckchen
+ Reinräume statt Pasteurisation zur Haltbarmachung
+ Verzicht auf Verbundfolien
+ Einsatz energieeffizienter Motoren und Anlagen