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b+b-2021-06-Margen unter Druck

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Die industrielle Backwarenbranche in Europa – eine Marktanalyse.

Die europäische Brot- und Backwarenindustrie ist ein reifer Markt, der sich zunehmend konsolidiert. Die Kombination aus begrenztem Marktwachstum und Margenrückgang deutet darauf hin, dass der Konsum in Westeuropa fast seinen Höhepunkt erreicht hat. Infolgedessen diktieren Rohstoffpreise einen großen Teil des Marktes und setzen die Bruttomargen unter Druck. In allen Teilen der Wertschöpfungskette sind die Margen in den vergangenen fünf Jahren gesunken.

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Polnische Produzenten generieren Wachstum mit außergewöhnlicher Rate

In der europäische Brot- und Backwarenindustrie ist das Verhältnis zwischen begrenzter Umsatzwachstumskapazität und Margenrückgang auffällig. Marktdaten zeigen eine durchschnittliche Wachstumsrate von 4,5 % pro Jahr zwischen 2016 und 2019. Die Unterschiede zwischen den Ländern sind allerdings groß. Schnell wachsende Unternehmen in Polen (durchschnittliches jährliches Wachstum von 12,3 %), Großbritannien (8,1 %) und den Niederlanden (8,0 %) stehen im Gegensatz zu dem minimalen Wachstum in belgischen (2,8 %) und französischen (0,9 %) Unternehmen, die zurückfallen. Dieser starke Unterschied ist u. a. auf den Produktmix und die Skalierung zurückzuführen. Die größten Unternehmen (> 500 Mio. EUR) sind in der Lage, ein hohes Gewinnniveau zu halten, sodass sie durch Konsolidierung künstlich das höchste durchschnittliche Umsatzwachstum erzielen können.

Über den Trendreport

A-INSIGHTS erstellt seit 2009 Branchenanalysen aus dem Agrar- und Lebensmittelsektor, auch für die Brot- und Backwarenbranche. Die Daten stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Jahresabschlüsse, Branchenpublikationen und Nachrichten. Der Trendreport über die Brot- und Backwarenindustrie, auf den dieser Beitrag in Auszügen eingeht, basiert auf Daten aus den Jahren 2016 bis 2020 über mehr als 150 europäische Bäckereiunternehmen, die Umsätze zwischen 20 Mio. EUR und weit über 1 Mrd. EUR. erzielen. Sie wurden in die Umsatzklassen

klein (<100 Mio. EUR), mittel (100–250 Mio. EUR), groß (250–500 Mio. EUR) und sehr groß (> 500 Mio. EUR) unterteilt. 30 der analysierten Unternehmen haben ihren Sitz in Deutschland. 15 befinden sich in Polen. Diese befinden sich überwiegend in polnischem Besitz; zwei der Betriebe haben nach Erkenntnissen von A-INSIGHTS westeuropäische Eigentümer. Den vollständigen Trendbericht stellt A-INSIGHTS kostenfrei zur Verfügung, dazu bitte den QR-Code scannen.

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In Polen zeigt sich ein anderes Bild. Aufstrebende lokale Unternehmen und einige größere internationale Akteure scheinen von den niedrigen Kosten in Polen zu profitieren. Sie errichten Werke im ganzen Land und exportieren von dort aus. Infolgedessen gewinnt das Land Marktanteile mit einer außergewöhnlichen Rate.

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Margen unter Druck, Skalierung wertvoll

Die Profitabilität in der europäischen Brot- und Backwarenindustrie ist belastet. Die durchschnittliche EBIT-Marge der gesamten Branche sank zwischen 2016 und 2019 von 5,7 % auf 4,3 %. Dies geschieht aufgrund der Tatsache, dass der Rohstoffpreis weiterhin den Markt diktiert. Ähnlich wie beim Umsatzwachstum besteht ein starker Kontrast zwischen den Ländern. Den Unternehmen, die das schnellste Wachstum aufweisen, gelingt es, die höchsten Margen zu erzielen. Polnische Unternehmen stechen mit einem durchschnittlichen EBIT von 7,5 % hervor, den sie durch günstigere Lohnkosten erlangen. Deutschland und Großbritannien behalten eine stabile, durchschnittliche Leistung bei, während belgische (2,4 %) und französische (2,0 %) Unternehmen niedrige und unter Druck stehende Gewinne erwirtschaften. Dies deutet darauf hin, dass Unternehmen die steigenden Kosten nicht an ihre Abnehmer weitergeben. Entweder, weil sie Marktanteile gewinnen oder stetig halten wollen, oder aufgrund einer sich verringernden Verhandlungsmacht gegenüber den Käufern.

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Automatisierungstrend bei sehr großen Unternehmen am sichtbarsten

Große Unternehmen sind in der Lage, Skaleneffekte zu erzielen, indem sie mehr in ihre Sachanlagenbasis (Automatisierung) investieren oder wie im Fall Polens von niedrigen Kosten in großem Maßstab profitieren. Dies verstärkt weiterhin den Keil zwischen leistungsstarken und leistungsschwachen Unternehmen. Konsolidierung und Automatisierung verbessern die Unternehmensperformance: Sehr große Unternehmen haben überdurchschnittliche Margen und weisen eine stetige Wachstumsrate auf. Das Nettoumsatzwachstum der sehr großen Hauptakteure (500 Mio. EUR Nettoumsatz und mehr) übertrifft das Personalwachstum und profitiert am meisten von der Automatisierung. Darüber hinaus zeigt ihr Cash Conversion Cycle*, dass sie bessere Zahlungsbedingungen aushandeln können. Dies wirft die Frage auf: Welche Auswirkungen hat dieser Trend auf die gesamte Branche? Löst er eine Konsolidierung aus?

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COVID-19 setzt den Markt weiter unter Druck

Die Marktdaten von 2020 zeigen, dass die COVID-19-Pandemie fünf Jahre Gesamtwachstum ausgelöscht und ein Viertel der EBIT-Marge von 4,6 % auf 3,3 % gesenkt hat. Dies beschleunigt den bereits vorhandenen Abwärtstrend. Die Auswirkungen sind von Land zu Land unterschiedlich. Polen und Großbritannien erweisen sich als überraschend widerstandsfähig. Große Unternehmen sind am besten in der Lage, ihre Rentabilität zu halten. Dadurch werden die Unterscheide zwischen den Unternehmensgrößen und den verschiedenen Ländern noch deutlicher.

* die Dauer der Bindung liquider Mittel im Umlaufvermögen des Unternehmens; Quelle: Wikipedia

Autor:

Sander Koole ist bei A-INSIGHTS auf den Marktforschungsbereich Brot- und Backwarenindustrie spezialisiert. Kontakt: sander.koole@a-insights.eu