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b+b-2021-05-Entwicklungen in der Getreideforschung

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Die Berlin-Brandenburgische Gesellschaft für Getreideforschung (BBGfG) feiert in diesem Jahr ein zweifaches Jubiläum: 50 Jahre Wissenschaftliche Informationstagung und 70-jähriges Bestehen.

Die diesjährige Wissenschaftliche Informationstagung fand erneut in Zusammenarbeit mit der TU Berlin, der Beuth Hochschule für Technik Berlin, dem Max Rubner-Institut, Detmold, und dem Institut für Getreideverarbeitung, Nuthetal, statt – dieses Mal an zwei Veranstaltungsterminen (erster Tagungsteil im Juni, zweiter im September 2021).

Während im Juni die „Bedeutung des Backgewerbes für die Ernährungssicherung“ im Vordergrund stand, thematisierte die Veranstaltung am 16. September 2021 technische Aspekte. Rund 180 Experten des deutschen Getreide- und Backgewerbes sowie der Wissenschaft und der Zulieferindustrie nahmen an der Online-Konferenz teil.

Der Veranstaltungstag war überschrieben mit „Trends in der Getreidezüchtung, Analytik und Backtechnik“. In verschiedenen Vorträgen wurden neue Entwicklungen in der Getreideforschung vorgestellt und mit Diskussionen wurde ein Ausblick in die Zukunft gegeben. Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch den Vorsitzenden der BBGfG, Prof. Dr.-Ing. Eckhard Flöter, TU Berlin, übernahm Prof. Meinolf G. Lindhauer das Grußwort und die Moderation der Tagung.

Dr. Alexandra Hüsken vom Max Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, Detmold, referierte zum Hoffnungsträger Züchtung und berichtete über Ergebnisse zur Optimierung der Qualität bei Weizen. Ihr Vortrag gab einen Überblick darüber, welche Züchtungsfortschritte bislang in Deutschland hinsichtlich der Produktivität und Produktqualität erzielt werden konnten.

Über neueste Forschungsergebnisse zum Einfluss auf die Backqualität und deren Rolle bei weizenbedingten Überempfindlichkeiten, insbesondere bei den Proteinen von Einkorn, Emmer und Dinkel, berichtete Dr. Sabrina Geißlitz vom Institut für Angewandte Biowissenschaften, Abteilung Bioaktive und Funktionelle Lebensmittelchemie, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Ihre Doktorarbeit wurde 2020 mit dem Wissenschaftlichen Förderpreis des Verbandes Deutscher Großbäckereien ausgezeichnet. Die alten Weizenarten Einkorn, Emmer und Dinkel enthalten im Gegensatz zu Weichweizen und Hartweizen mehr Gluten, differieren jedoch in ihrer Glutenzusammensetzung, erklärte Dr. Geißlitz. Hierin liege ein entscheidender Grund für die schwierigeren Backeigenschaften und die weicheren Teige von Einkorn, Emmer und Dinkel. Einkorn enthält nach ihren Ausführungen sehr wenige oder sogar keine Amylase/Trypsin-Inhibitoren (ATIs), sodass Einkorn für Verbraucher geeignet sein könnte, die unter Weizensensitivität (nicht zu verwechseln mit Zöliakie) leiden. Weiterhin zeigten ihre Arbeiten, dass Emmer und Dinkel mehr ATIs als Weichweizen enthält und daher die Domestizierung des Weichweizens nicht zu einem Anstieg des ATI-Gehalts im modernen Weizen beigetragen hat.

Anschließend hielt Dr. Jan Steck einen Vortrag über die Entwicklung und Anwendung analytischer Verfahren zur Strukturcharakterisierung von Ballaststoffpolymeren. Er fertigte seine Promotion am Institut für Angewandte Biowissenschaften, Abteilung Lebensmittelchemie und Phytochemie, des KIT an. Auch er gehört zu den Preisträgern des Wissenschaftlichen Förderpreises der Großbäcker und erhielt die diesjährige Auszeichnung. Dr. Steck charakterisierte die Zusammensetzung der Polysaccharide und zellwandassoziierten phenolischen Polymere in vier verschiedenen Beerenobstarten (Aroniabeeren, Cranberries, Himbeeren und Roten Johannisbeeren) und ihren Fruchtkomponenten (Schale, Fruchtfleisch und Samen). In diesem Zuge entwickelte er eine neue Methode zum Profiling von Xyloglucanen und widmete sich gesondert der korrekten Aufklärung von Tannin- und Ligninstrukturen in den Samen. Die Beschreibung und Beobachtung dieser Zellwandkomponenten ist für die Qualität und Textur von Lebensmitteln von entscheidender Bedeutung, denn sie besitzen als Ballaststoffe in der Ernährung sowohl diverse funktionelle als auch gesundheitsförderliche Eigenschaften.

Verleihung Bäckermeister Alfred Kühn Preis an Franz-Josef Stuhlreyer

Ein weiterer wichtiger Tagungspunkt war die Verleihung des Bäckermeister Alfred Kühn Preises an Studienrat Dipl.-Ing. Franz-Josef Stuhlreyer. Er erhält die Auszeichnung für sein vorbildliches Wirken in der Ausbildung des Nachwuchses im Backgewerbe mit besonderem Blick auf sein soziales Engagement. Die Laudatio hielt Dipl.-Ing. Herbert Linster, langjähriger Weggefährte an der Staatlichen Fachschule für Lebensmitteltechnik Berlin, Emil-Fischer-
Schule, Oberstufenzentrum Ernährung und Lebensmitteltechnik.

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Prof. Dr.-Ing. Eckhard Flöter (l.), Vorsitzender der BBGfG, gratuliert Franz-Josef Stuhlreyer zur Auszeichnung mit dem Bäckermeister Alfred Kühn Preis

Im vierten Vortrag des technischen Teils der Jubiläumsveranstaltung stellte Dipl.-Ing. Frank Zehle neuere Entwicklungen in der Backtechnik vor. Das Projekt trägt den Titel „Intelligente Hochfrequenz-Sensorsysteme für die industrielle Nahrungsmittelherstellung“ (HIrSys). Seine Forschungstätigkeit über das Backen im Hochfrequenzfeld führte er am Institut für Getreideverarbeitung, der IGV GmbH, Nuthetal, durch. Die während des Vortrags vorgestellten Ergebnisse haben das Potenzial einer neuen Technologie offenbart, wie eine massive, aber begrenzte Backzeitverkürzung und eine Verlangsamung der Krumenverfestigung.