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b+b-2021-04-Krisen als Chance sehen

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Dass ein Seminar als digital-analoges Hybridkonzept funktioniert, bewies die VDB-Österreich mit dem 14. VDB-Kolloquium. Rund 70 Teilnehmer waren am 14. und 15. Juni 2021 vor Ort in Schladming dabei; etwa 30 hatten sich online zugeschaltet.

Ein Hybridmodell verlangt wahres Organisationstalent von den Veranstaltern, die in beide Richtungen denken müssen, und zwingt allen Beteiligten mehr Disziplin auf, Themen und Termine einzuhalten. Michael Bruckner, Obmann der VDB-Österreich, führte durch die zweitägige Veranstaltung, die mit dem Titel „Green baking – in der neuen Realität“ überschrieben war. Die Botschaft, die sie ihren Besuchern mit auf den Weg gab, lässt sich zusammenfassend so formulieren: „Krisen als Chance sehen, als Anregung zur Kreativität.“

Was will der Kunde wirklich? Mit dieser Frage befassten sich die Marktforscher der GfK-Austria im Auftrag der VDB-Österreich. Christina Tönniges von der GfK-Austria stellte Ergebnisse der Befragung unter Bäckerkunden vor: „Wenn Konsumenten eine Bäckerei betreten, ist das für sie ein Erlebnis. Die Atmosphäre, die persönliche Ansprache, das Gemütliche, der Duft, auch die Schnelligkeit in der Bedienung, die Frische und Qualität – das ist es, was in ihren Augen eine Bäckerei ausmacht.“ Genuss und darum, sich selbst zu belohnen, stünden im Vordergrund. Verbraucher würden eine Veränderung der Wertigkeit wahrnehmen. Brot vom Bäcker würde als Luxus des Alltags verstanden werden, weil es handwerklich hergestellt sei. Das Bäckerhandwerk hat ein festes Setting in der Bevölkerung, hob Tönniges hervor. „Bäcker werden als Teil des österreichischen Kulturguts gesehen.“

Danach befragt, welches Gastronomieangebot man sich in Bäckereien vorstellen kann, waren die Wünsche überschaubar. Kleinere gastronomische Angebote würden begrüßt werden, aber immer mit Fokus auf Bäckerkompetenz.

In Sachen Nachhaltigkeit würden die Konsumenten in erster Linie in Richtung Verpackung und Lebensmittelverschwendung denken. Die Themen Regionalität und Bio könnten die Bäcker gelassen angehen. Es bestünde eine Art „Urvertrauen in Regionalität“. Man gehe davon aus, dass Bäckereien von vornherein regionale Zutaten verwenden. Auslobungen mit regionalem Bezug würden dennoch als gute Zusatzinformation verstanden werden. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Bio. „Verbraucher gehen von vornherein davon aus, dass Bäckereien erstklassige Zutaten nutzen, und meinen, dass es nicht besser schmeckt, nur weil es bio ist“, so Tönniges.

Was wird von der Bedienung erwartet? „Bedienung ist Ihr Aushängeschild. Freundlichkeit wird gewünscht, gepflegtes Aussehen und, dass auf Hygiene geachtet wird.“

Click & Collect und Home Delivery seien für den Verbraucher keine bahnbrechenden Innovationen, würden aber genutzt werden. Das Thema Selbstbedienungsspender für traditionelle Bäckereien wurde ebenfalls abgefragt und von den Studienteilnehmern überwiegend negativ gesehen. Der Hygiene- und Frischeaspekt fehle, entsprechend fiel der Vorschlag der Referentin aus: „Konzept ad acta legen.“ Als wichtig sah sie individuelle und personalisierte Produkte an, um eine junge Zielgruppe anzusprechen und sich von Mitbewerbern zu unterscheiden.

Prof. Dr. Monika Koller vom Institute for Marketing & Consumer Research der WU Wien gab einen Einblick in die Marketing- und Konsumentenverhaltensforschung. Ihr erstes Thema war das Customer Value Management, dem Kunden also einen Wert zu liefern. Ein Produkt habe neben seinem Functional Value (es stillt meinen Hunger) weitere Value-Dimensionen, etwa den Social Value. Prof. Koller erklärte, was damit gemeint ist: „Kauft man ein Weckerl für sich selbst, ist die Marke wenig wichtig, anders sieht es aus, wenn man Freunde zum Essen einlädt. Dann stellt man das Sackerl womöglich auf den Tisch, wenn der Name eines coolen Bäckers draufsteht.“ Weitere Dimensionen seien der Aesthetic Value (wie sieht das Produkt aus), der Brand-related Value (welche Marke steckt dahinter) und auch der Green Value (Nachhaltigkeitsaspekt). Es sei relevant für ein Unternehmen, sich Gedanken über die eigenen Value-Dimensionen zu machen. Denn: „Wir sehen in der Forschung, dass sich die Value-Dimensionen positiv auswirken, u.a. auf die Kundenloyalität und das Word of Mouth in Social-
Media-Kanälen.“

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Prof. Dr. Monika Koller

Prof. Koller ging auf die von Christina Tönniges angesprochene Individualisierung von Produkten ein. „Wenn wir Personen das Gefühl geben, sie werden in Entscheidungen inkludiert, dann investieren sie Zeit und eigene Gedanken und sind dem Produkt gegenüber anders eingestellt.“

Im weiteren Verlauf widmete sie sich dem Sensory Marketing, speziell den olfaktorischen Reizen im Marketing. In der Forschung beobachte man ein differierendes Bedürfnis, olfaktorische Informationen in die Kaufentscheidung einfließen zu lassen. „Wir nennen das den ‚need for smell‘. Riechen Sie gerne? Was meinen Sie“, fragte sie die Teilnehmer, „wie viele Personen riechen an Obst und Gemüse vor dem Kauf?“ Es sind 3 bis 4 %, wie Prof. Koller durch Studien herausfand.

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Customer Value – Multidimensional

Für den „need for smell“ gebe es vor allem zwei Treiber: „Ich rieche, um zusätzliche Informationen zu bekommen und/oder schadhafte Konsequenzen zu vermeiden. Oder: Ich rieche, weil es mir Spaß macht, Geruchsinformationen zu bekommen.“ Viele Nicht-Riecher gaben an, es aus sozial erwünschten Gründen in der Öffentlichkeit zu unterlassen, oder aus Hygienegründe. Prof. Koller resümierte: „Das Bedürfnis nach olfaktorischen Informationen scheint in vielen Konsumenten verankert zu sein. Es macht sie mit der Kaufentscheidung zufriedener. Auch wenn das Riechen teils nicht ausgelebt wird, es ist relevant.“

Auf die Frage „Wie geht es weiter mit der österreichischen Wirtschaft?“ begann Prof. Dr. Christoph Badelt, Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung, Wien, zunächst mit einem Rückblick auf die bisherige wirtschaftliche Entwicklung während der Pandemie. Die sei durchaus sehr unterschiedlich ausgefallen. So habe der Industriesektor weit weniger gelitten als andere Wirtschaftsbereiche, insbesondere in der zweiten Welle. Die Lebensmittelindustrie habe 2019 im Vergleich zum Vorjahr ein deutlich stärkeres Plus erreicht als die Sachgütererzeugung, die nur knapp oberhalb der Nulllinie lag. 2020 stürzte dann die Sachgütererzeugung deutlich ab, die Lebensmittelindustrie deutlich weniger stark. Allerdings, so Professor Badelt, war der Absturz der Sachgütererzeugung nur in begrenztem Maß eine Folge der Corona-Pandemie und ist zudem nicht so weitergegangen.

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Prof. Dr. Christoph Badelt

Der Arbeitsmarkt hingegen erlebte von März 2020 bis Februar 2021 einen Absturz, wie man ihn lange nicht erlebt hatte. Das lag nicht zuletzt am fehlenden Tourismus, der sowohl den Arbeitsmarkt beeinträchtigte, aber auch die Umsätze von Nahrungsmittelindustrie und Bäckern. Vermutlich bleiben werde das Problem der Langzeitarbeitslosen, von denen es bereits vor der Corona-Krise viele gab, die sich auch nur schwer zurück in den Arbeitsmarkt eingliedern lassen.

Im Frühjahr 2021 habe Österreich bereits den Beginn eines Aufschwungs erlebt, der voraussichtlich erst im 2. Halbjahr deutlich werde und besser ausfalle, als prognostiziert. Sorge bereite manche Versorgungslücke, weil viele unter dem Eindruck der Pandemie nicht ausreichend bestellt haben und jetzt versuchen müssen, ihre Bestände schnell aufzufüllen.

Beim Konsum könne man davon ausgehen, dass vieles nachgeholt wird, Branchen hingegen wie der Tourismus, die man zugesperrt habe, werden die Verluste kaum aufholen können. Für die Politik gelte es deshalb, die Hilfen einerseits in der Summe zu senken, andererseits selektiv und fokussiert zu verteilen, um dann zu einer normalen Konjunkturpolitik zurückzukehren.

Mit Blick auf das Fiskalbudget gab Bandelt seiner Sorge Ausdruck, dass schwierige Zeiten auf Österreich zukommen, auch wenn die Pandemie demnächst vielleicht vorbei sei. Es stünden zahlreiche zusätzliche Aufgaben an wie Strukturreformen und die Frage, wofür staatliches Geld ausgegeben werden müsse und welche Prioritäten dabei gesetzt werden.

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Pausen-Talk

Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx vom Zukunftsinstitut Horx, Wien, thematisierte „Die Zukunft nach Corona“. Solche Krisen würden eine Botschaft an uns richten. „Wo geht es hin? Was macht das mit uns?“ Wenn man sich diesen Fragen stelle, dürfe man mit den Augen der Zukunft nach vorne schauen. Horx: „Erinnern Sie sich? Vor 15 Jahren gab es eine Debatte, ob es jemals möglich sein werde, in Restaurants oder Flugzeugen nicht zu rauchen. Können Sie sich heute noch vorstellen, im Flugzeug zu rauchen? Wie schnell die Dinge anders sein können, wenn man sie aus der Zukunft betrachtet.“

Die Krise habe uns gelehrt, mit Technologien anders umzugehen. Abermillionen Videokonferenzen seien durchgeführt worden, vor Corona undenkbar. Dann stellte Horx eine, wie er es nannte, ketzerische These auf: „Wir haben die Krise eigentlich gar nicht so schlecht bewältigt.“ Kennzeichen und Dilemma einer Krise sei, dass man nicht wisse, was passiere. Öffnen oder schließen – jede Entscheidung habe ihre Wirkung.

Zu verstehen, wie empfindlich und komplex unsere Welt ist, wie abhängig voneinander, das könne das Bewusstsein von Menschen verändern. Horx zitierte den Philosophen Hartmut Rosa: „Die Corona-Krise wirkt als Klimawandel der Ideen.“ Das könne man erkennen. „Wir sehen, dass in vielen Chefetagen, in der Politik oder in Firmen plötzlich ein anderer Geist entsteht. Man denkt anders über Geschäftsmodelle nach und die existenziellen Fragen der Zukunft der Zivilisation.“

Corona sei eine Tiefenkrise: Politik, Wirtschaft, Institutionen, Gesellschaft, Wert/Kultur und der Alltag bzw. das Individuum – all das sei im Verhältnis verändert worden. Und sie habe den Menschen die Verbindungen zwischen diesen Ebenen, die üblicherweise nebeneinander herlaufen, vor Augen geführt.

Jeder Trend, erklärte Horx, erzeugt in seinem Reifestadium einen Gegentrend und irgendwann entsteht aus Trend und Gegentrend ein Konflikt. Die Zukunft entstünde in der Auseinandersetzung zwischen beiden als Symbiose. Als Beispiel nannte er die Globalisierung mit dem Gegentrend Heimatsuche, woraus sich die Glokalisierung entwickelt habe, die beides – lokal, trotzdem global – berücksichtige.

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Matthias Horx

Die Verortung und die Beziehung zu Lebensmitteln sei neuer Kult. Und ein massiver Gegentrend zur Industrialisierung und Anonymisierung des Produktes vom Ursprung her. Horx: „Anhand des Angebots in den Supermärkten sehen Sie, wie wichtig Ursprungsprodukte geworden sind.“ Dinge, die erkennen lassen, woher sie stammen und welche Geschichte sie haben, das sei es, woran sich Menschen gerade in Krisenzeiten festhielten. Es gäbe eine starke Bremsung des Megatrends Urbanisierung. „Wir erleben eine doppelte Bewegung“, berichtete der Zukunftsforscher, „eine Verdörflichung der Städte und eine Verstädterung des Landes. Viele Menschen wollen wieder zurück in die Natur. Die Digitalisierung ermöglicht es ihnen.“

Dann ging er auf Brot ein, dessen Bedeutung sich für die Menschen langfristig immer wieder ändern würde. „Schauen Sie sich Signature Brot an, ein von einem Bäcker handgezeichnetes Brot. Hier geht es um Herkunft, Machart und Persönlichkeit. Aber es geht genauso um Genuss und Verantwortung.“ Genuss und Verantwortung, das sei es, was die Krise in das Bewusstsein der Menschen hineinschreibe.

Während der Corona-Zeit habe man einen Brotboom erlebt, gleichzeitig gebe es den Trend zu Anti-Carb. Vor allem Jüngere würden auf Kohlenhydrate verzichten. Horx wandte sich an die Teilnehmer: „Wie man darauf reagiert, das haben Sie zum Teil in der Hand. Sie können formen und Trends erschließen und damit die Zukunft gestalten.“

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Der zweite Tag des diesjährigen Kolloquiums schloss mit zwei Vorträgen zur Zukunft der Lebensmittelbranche und dem Getreidebau an die Referate von Professor Badelt und Matthias Horx über den akuten Wandel von Werten, Gesellschaft und Wirtschaft an. Dr. Ina Meyer von der WIFO aus Wien zeigte auf, wie stark Klimawandel, Biodiversität, Süßwasserverbrauch, Versauerung der Ozeane und der Stickstoffzyklus vernetzt sind und von der wirtschaftlichen Aktivität der Menschen beeinflusst werden. Es gelte, die größten und unumkehrbaren Klimarisiken zu vermeiden. Weltweit gebe es geologische und ökologische Systeme, die durch den Klimawandel aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Manche von ihnen verstärken den Klimawandel, sodass sich dieser weiter beschleunigt. So könne eine Änderung der Meeresströmung wie des Golfstroms zu einer massiven Abkühlung in Europa führen, was wiederum massive Auswirkungen auf das Ökosystem und die Ernten haben werde. Zwar habe es von 1990 bis 2018 eine Verringerung der Emissionen durch die Landwirtschaft durch geringere Viehbestände und eine geringere Austragung von Stickstoffdüngern gegeben, gleichzeitig aber auch eine Senkung der als Ausgleich für Emissionen gerechneten Aufforstung, weil es zu einer Veränderung des C-Gehaltes im Biomassebestand in den Waldflächen gekommen sei, teils durch hohen Windbruch, teils durch hohe Entnahmemengen in den Jahren 2007/2008. Die Veränderungen in der Landnutzung beeinflussen die CO2-Speicherfähigkeit der Böden, die wiederum eine große Rolle bei der Entwicklung des Klimas spiele. Die Landwirtschaft sei wesentlich von der Klimaveränderung betroffen, aber auch wesentlicher Verursacher. Das sei bekannt, trotzdem habe man drei Jahrzehnte verstreichen lassen, ohne wirksam gegenzusteuern. Laut Climate Change Center Austria war 2020 in Österreich das fünftwärmste Jahr der Messgeschichte seit 1768, gleichzeitig aber auch feucht und sonnig.

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Dr. Ina Meyer

Konkrete Werte für Österreich werde in absehbarer Zeit ein Forschungsprogramm bieten, das interdisziplinär Szenarien inklusive Folgenabschätzungen entwickle. Beteiligt daran sind die AGES, BFW, HBLFA Raumberg-Gumpenstein, UBA, WIFO und die Boku. Entwickelt werden sollen Szenarien, wie sich die Zukunft in Hinblick auf breite gesellschaftliche Trends entwickeln könnte, einschließlich der Beschreibung von Trends, die sich üblicherweise nicht in ökonomischen Modellen abbilden lassen und deshalb häufig nicht ausreichend berücksichtigt werden. Denn wenn man auf einen gesamtgesellschaftlichen Konsens setze, so Meyer, werde man nicht mehr nur auf die betriebswirtschaftliche Seite der Wirtschaft blicken, sondern auch deren volkswirtschaftliche Kosten wie Ernährungssicherheit, Klimabelastung, Wasserhaushalt etc. einbeziehen müssen. Die Lebensmittelbranche müsse sich mehr um Transparenz und internationale Verantwortung in der Lieferkette bemühen und auch bei Importen auf CO2-Fußabdruck und indirekte Landnutzungsänderungen achten bzw. reagieren. Es sei sinnvoll, Kooperationen mit regionalen Produzenten einzugehen, um fluktuierende Marktpreise abzufangen, den bisherigen Preiswettbewerb durch einen Qualitätswettbewerb zu ersetzen, in Materialkreisläufen zu denken und die Konsumentensouveränität durch Information und Bewusstseinsbildung zu stärken.

Dr. Manfred Weinhappel von der Landwirtschaftskammer Niederösterreich und selber Landwirt erläuterte den Vertretern der Backbetriebe anschließend die gegenwärtige Situation und mögliche Zukunftsszenarien für die Landwirtschaft. Weniger die Niederschlagsmengen als vielmehr die steigenden Temperaturen zwingen vor allem die Ackerbauern, auf neue Anbaufrüchte wie Mais oder Soja umzusteigen. Auch wenn die Auswirkungen des Klimawandels sich nach Regionen, Sorteneigenschaften und Ansprüchen an den Boden unterschiedlich auswirkten, so sinke doch in ganz Österreich die Bodenbonität. Getreide insgesamt komme weniger gut mit dem Temperaturanstieg klar. Anhand von Anbaustatistiken zeigt er auf, wie stark sich in Österreich bereits der Getreideanbau beispielsweise von Sommergerste auf Wintergerste verschoben hat. Die Anbauflächen für Winterweizen und Roggen seien noch stabil, wachsend hingegen jene für Winterdinkel, Triticale und Sorghum. Die Landwirtschaft habe verstanden, dass sie grüner werden müsse, so Weinhappel, allerdings mache ihm manche Forderung in Politik und Gesellschaft Sorgen, die die Produktionsbedingungen verändere, wie z. B. der Green Deal auf EU-Ebene, sich aber kaum um eine Folgenabschätzung kümmere. So habe die Verringerung der Nitrateinträge zur Folge, dass Weizen künftig weniger proteinreich geerntet werde. Saatzucht sei deshalb dringend erforderlich. So sollte die Unterstützung der ländlichen Entwicklung durch Agrar-Umweltprogramme weiterentwickelt, die Züchtung ver- und gestärkt und das Imageproblem der Landwirtschaft angegangen werden. Die Konsumenten, so Weinhappel, wissen wenig über den Getreideanbau, was auch als Chance gesehen werden könnte, mit Story-Telling und Story-Doing für Getreide aus Österreich zu werben. Er forderte, künftig auch die Backwaren wieder mit dem AMA-Gütesiegel auszustatten. Bislang ist die Branche am AMA-Programm nicht beteiligt und finanziert es auch nicht.

Der dritte Referent des zweiten Tages, Günther Reifer vom TERRA-Institut Brixen, forderte die Unternehmer der Backbranche auf, die zweifellos schwieriger werdende Situation als Innovationschance zu verstehen. Den eigenen Betrieb klimaneutral zu machen, sei heute keine Spielerei für Spinner mehr, sondern ein Marktvorteil, der obendrein künftig stark in den Bewertungsmodellen der Finanzwirtschaft berücksichtigt werde. Außerdem gebe es Geld aus öffentlichen Töpfen und auch die Konsumenten achten auf das Argument Nachhaltigkeit. Seine Empfehlung: erfassen – reduzieren – kompensieren, was er an einigen Beispielen auch aufzeigte. Für jedes Produkt müsse das Unternehmen Verantwortung für die Auswahl der Vorlieferanten übernehmen, Kreisläufe schließen und Emissionen reduzieren. Das Marketing müsse sich von einem verbraucherorientierten Ansatz zu einem werteorientierten systemischen Denken verändern. Sinnorientierung gelte künftig als Teil des Employer Branding und sei entscheidend für die Gewinnung von Nachwuchskräften. In Afrika verdoppelt sich in absehbarer Zeit die Zahl der Einwohner. Er nicht wolle, dass sich davon ein erheblicher Teil auf den Weg nach Europa mache; man müsse dafür sorgen, dass Lebens- und Wirtschaftsbedingungen in Afrika entscheidend verbessert werden, und das mache nachhaltiges Wirtschaften zu einer zwingenden Notwendigkeit.

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Günther Reifer

Helga Baumfalk