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b+b-2021-03-Fallstudien aus Backbetrieben

Wie alternative Technologien die Hygiene in der Schnittbrot- und Ganzbrotherstellung sichern und Haltbarkeiten verbessern können.

In der Schnittbrot- und Ganzbrotherstellung, insbesondere nach dem Backen (Auskühlen, Schneiden/Verpacken) bis zum fertig verpackten/verschlossenen Produkt, sind die Anforderungen an eine verlässliche Hygiene besonders hoch.

Für die Hygieneabsicherung (Desinfektion) kommen in der Backwarenindustrie heute vermehrt alternative Hygieneverfahren zum Einsatz. Sie basieren auf Inhaltsstoffen, die sich auf natürliche Weise in Lebensmitteln bilden. Auch funktionale Pflanzenextrakte liefern eine Vielzahl bioaktiver Substanzen, die ebenfalls für die Wirksamkeit nachhaltiger Hygieneverfahren eine wichtige Rolle spielen. Die Inhaltsstoffe sind also überwiegend naturidentisch und stammen aus nachwachsenden Rohstoffen.

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Aufgrund der Zusammensetzung und der physikalisch unterstützten Wirkungsweise nachhaltiger Hygienetechnologien werden alle Mikroorganismen (Bakterien, Hefen, Schimmel) und Viren eliminiert. Eine Resistenzbildung wird ausgeschlossen.

Weitere Vorzüge nachhaltiger Hygienetechnologien sind die deklarationsfreie Anwendung, die humantoxikologische Unbedenklichkeit und die gute Materialverträglichkeit. Nachhaltige Hygienetechnologien stellen somit eine ökologische Alternative zu chemischen Desinfektionsmitteln, aber auch Alkohol dar.

Neben lebensmittelrechtlichen und arbeitsmedizinischen Anforderungen muss das Verfahren streng nach physikalisch-mikrobiologischen Gesichtspunkten ausgelegt sein, sodass der gezielte Einsatz (als Kaltaseptik an Anlagen) ggf. auch im laufenden Produktionsprozess und mit anwesendem Personal durchgeführt werden kann, wobei die geltenden MAK/BAT-Werte eingehalten werden müssen.

Die zuvor aufgeführten Anforderungen sind in Summe die Eigenschaften von nachhaltigen Wirkstoffen, wie food-protect® des Anbieters ProPure-Protect aus Bremen.

Fallstudien bei Schnittbrot

Zur Darstellung der nachhaltigen Absicherung zur hygienischen Lebensmittelsicherheit und sicheren Verringerung der Schimmelausfallquote bei Schnittbrot wurden in mehreren Backwarenbetrieben Einsatzstudien unter Praxisbedingungen durchgeführt.

Der nachhaltige Wirkstoff food-protect® wird dabei mittels einfacher Zweistoffdüsentechnik (trocken) in mikrofeinen Nebel überführt und ohne thermische Einwirkung an die Umgebung abgegeben, womit alle Oberflächen im Raum (Förderbänder, Maschinen, aber auch Raumeinbauten wie Kabelkanäle, Rohrleitungen, Umluftkühler etc.) flächendeckend erreicht werden.

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Abb. 1: Technischer Aufbau der Deckeldüse – Detailansicht

Hygienisierung:
Sie kann in zwei Schritten einzeln oder aufeinanderfolgend durchgeführt werden.
1) Anwendung als Ersatz der klassischen Desinfektion mit chemischen Desinfektionsmitteln oder Alkohol, ohne ständig anwesendes Personal. Stoßentkeimung: Ausbringmenge von ca. 10 ml/m³ Luft/umbauter Raum. Dabei sind eine Vernebelungszeit und eine anschließende Abklingzeit zu berücksichtigen.
2) Gezielte Anwendung zur kontinuierlichen Hygieneabsicherung von Anlagen und Raumeinbauten.

Unterhaltshygienisierung:
+ Gezielte Anwendung an Anlagen, Raumeinbauten zur nachhaltigen Hygieneabsicherung von z. B. hygienesensiblen Oberflächen. Ausbringmenge von ca. 0,3 ml/m³ Luft/h als kontinuierliche Anwendung (z. B. Kaltaseptik) während der Produktionszeit mit offenem Produkt und anwesendem Personal.
+ Als lineare Prozessbeschreibung und Ergebnisdarstellung wurden einige Produktionslinien in der Backwarenindustrie verfahrensanalytisch betreut.

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Raumgröße: ca. 2.250 m³
Druck: ca. 4,5 bar
Vernebelungsdauer: ca. 40 min. Gesamtdauer
Sedimentationszeit: ca. 30 min. Gesamtdauer
Verbrauch: ca. 22 kg
food-protect®

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Abb. 2: Behandelter Abkühlbereich [Raum I]

Raumgröße: ca. 1.370 m³
Druck: ca. 4,5 bar
Vernebelungsdauer: ca. 40 min. Gesamtdauer
Sedimentationszeit: ca. 30 min. Gesamtdauer
Verbrauch: ca. 14 kg
food-protect®

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Abb. 3: Behandelter Bereich Schneiden/Verpacken [Raum II]

Im Folgenden werden die Prozessschritte bei Sandwich/Toastbrot nach dem Backprozess betrachtet und in kritische Bereiche unterteilt.

In der Praxisstudie wird der jeweils zu behandelnde Raum nach der Reinigung hygienisiert (Stoßentkeimung) und der Hygienestatus wird anschließend über eine kontinuierlich gezielte Anwendung (Unterhaltshygienisierung) zur Hygieneabsicherung von Oberflächen (z. B. Schneidemaschine, Transportbänder, Lüftungsanlagen) und Raumluft während der gesamten Produktionszeit (Raum III) aufrechterhalten.

1 Installationen

1.1 Stoßentkeimung: Abkühlbereich/Spiralkühler Toast [Raum I]
Es erfolgte eine Aufstellung von insgesamt 4 Deckeldüsen im Spiralkühler zur Desinfektion nach der Grundreinigung. Der Raum und die Einbauten waren grob vorgereinigt, jedoch nicht desinfiziert.

1.2 Stoßentkeimung: Schneiden/Verpacken Toast [Raum II]
Es erfolgte eine Aufstellung von insgesamt 3 Deckeldüsen im Bereich Schneiden/Verpacken [Raum II] zur Desinfektion nach der Grundreinigung.

1.3 Unterhaltshygienisierung: Slicen/Verpacken [Raum II]
Es erfolgte ein Einbau einer Deckeldüse in die Lüftungsanlage des zu entkeimenden Raums II zur dauerhaften Hygienisierung mit Personalbelegung und Produkt im Raum in Form einer Unterhaltshygienisierung in geringer Ausbringmenge (ca. 0,2– 0,5 ml / m³ / h) (z. B. Luftvolumen der Lüftungsanlage).

Volumenstrom Zuluft: ca. 3.600 m³
Anzahl Düsen: 2
Druck: ca. 3 bar
Verbrauch: 0,2 ml/m³/h food-protect®

Eine Ausbringung unter Einhaltung der geltenden MAK/BAT-Werte kann auch über die mobilen Deckeldüsen und gezielt auf die Oberfläche der jeweiligen Anlage (Kaltaseptik an Schneideanlagen) erfolgen.

Ergebnisse

In den Räumen I und II wurden vor und nach der Anwendung der nachhaltigen Hygienetechnologie Oberflächenkeimmessungen in Form von Abklatschproben vorgenommen, und zwar auf den produktberührenden Oberflächen (Raum II) sowie der Einbauten-Peripherie (Raum I & II; Kabelkanal, Lampe, Transportbänder etc.). Ebenso erfolgten Luftkeimmessungen. 

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Abb. 4: Gleichmäßige Verteilung des Wirkstoffs bei der Stoßentkeimung

Durch die feine, gleichmäßige Ausbringung von food-protect® als „trockener“ Nebel im Raum erfolgte bei der Stoßentkeimung mit nur sehr geringer Luftfeuchte nach kurzer Zeit eine Erreichung/Entkeimung der Raumluft sowie sämtlicher Oberflächen.

Ein Abspülen oder Abreinigen von food-protect® nach der Ausbringung ist nicht notwendig.
Im Bereich Slicen/Verpacken [Raum II] wurde nach der Stoßentkeimung eine dauerhafte Unterhaltshygienisierung mit food-protect® als gezielte Anwendung innerhalb der Lüftungsanlage und auch direkt an der Brotschneidemaschine während der Produktion mit Produkt und Personal durchgeführt. Durch diese Hygienemaßnahme waren die Oberflächen wie die Raumluft und damit die Produkte kontinuierlich hygienisch weiter abgesichert.

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Mit einer linear kontinuierlichen nachhaltigen Hygienetechnologie kann unter Umständen der Prozess des Pasteurisierens bei Einhaltung der gegebenen Haltbarkeiten entfallen, was einen deutlichen Vorteil bietet.

Bei Einsatz als Unterhaltshygienisierung wurde die Einhaltung der MAK/BAT-Werte messtechnisch kontrolliert.

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Abb. 5: Probenahme produktberührende Oberfläche Einlauf Verpackung Ganzbrot Raum II

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Eine positive Hygieneabsicherung (Luft und Oberflächen) war auch in den angrenzenden Bereichen (Hygieneschleuse, Materialschleuse) durch die Luftüberströmung messbar.

2.1 Ergebnisse Stoßentkeimung [Räume I und II]
Die Ergebnisse zeigen eine signifikante Reduzierung bis zu einer kompletten Eliminierung des Status an Bakterien als auch Hefen und Schimmel auf den beprobten produktberührenden Oberflächen.
Ein weiterer Hygieneeffekt bei der Vernebelung liegt in der gleichzeitigen Hygieneabsicherung von Raumeinbauten wie Kabelkanäle, Rohrleitungen, Lichtbänder, Steuerschränke etc.
Auch Peripherie-Raumeinbauten wurden in die Untersuchung integriert (siehe Tabelle 2).
Die Ergebnisse zeigen eine signifikante Reduzierung des Status an Bakterien als auch Hefen und Schimmel auf allen beprobten schwer zugänglichen (ungereinigten) Oberflächen der Einbauten-Peripherie. Diese Messpositionen waren nicht gereinigt und wiesen teilweise starke Staub-Ablagerungen auf.

Luftkeimmessungen Stoßentkeimung Räume I und II
Die Ergebnisse zeigen eine sofortige signifikante Reduzierung des Status an Bakterien sowie Hefen und Schimmel in der Raumluft in beiden Räumen nach der Stoßentkeimung mit der alternativen ProPure-Protect Hygienetechnologie.

2.2 Ergebnisse Unterhaltshygienisierung [Raum II]
Es wurden über den gesamten Produktionszeitraum Luftkeimsammlungen im Raum Schneiden/Verpacken Toastbrot [Raum II] sowie in den angrenzenden Räumlichkeiten (Hygieneschleuse/Transportgang Produkteinlauf, Materialschleuse/Transportgang Produktauslauf) vor Einsatz der ProPure-Protect Technologie wie auch während des Einsatzes ermittelt. Die Ergebnisse zeigt die Tabelle 4.
Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Reduzierung sowie einen konstanten Erhalt des Status an Schimmel wie auch Bakterien in der mit food-protect® gezielt behandelten Schneidemaschine an den Oberflächen und Packmaterialien sowie in der Raumluftbelastung.

2.3 MAK/BAT-Werte bei der Unterhaltshygiene
Der H2O2 [ppm]-Gehalt in der Luft liegt bei sach- und fachgerechter Verwendung von food-protect® nach der Stoßentkeimung wie auch bei gezielter Anwendung für Anlagen und Raumeinbauten als Unterhaltshygienisierung unter dem Arbeitsplatzgrenzwert. Der in Deutschland geltende Arbeitsplatzgrenzwert H2O2 [ppm] ist in der MAK- und BAT-Werte-
Liste 2020 ersichtlich.

Über den Autor

Ralf Ohlmann ist wissenschaftlicher Forschungsleiter des Just in Air Luft- & Hygienefachinstituts in Bremen sowie Leiter der BWA Bundesfachkommission Lebensmittelsicherheit & Lebensmittelhandel in Berlin.
Wie man das bestehende Luftmanagement bewerten und nachhaltige Hygienetechnologien richtig einsetzen kann, ist auch Thema eines Online-Seminars am 22. Juli 2021, das von der Behr’s Akademie veranstaltet und von Ralf Ohlmann geleitet wird. Weitere Infos unter: www.behrs.de/seminar/luft-und-hygienemanagement/
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