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b+b-2021-01-Kraut & Rüben in der Backstube

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Der Einsatz von Trestern in Brot und Backwaren findet bisher nur in wenigen Bäckereien Anwendung. Dabei weist gerade die Verarbeitung von nicht getrockneten Gemüsetrestern gleich mehrere Vorteile auf, die ein vielversprechendes Entwicklungspotenzial bieten.

Bei der Obst- und Gemüsesaftherstellung fallen nicht unerhebliche Mengen an Pressrückständen an, die größtenteils als Futtermittel und teilweise als Dünger weiterverwertet werden. Die weitere Verarbeitung zu Nahrungs- und Genussmitteln (z. B. Spirituosen) ist vor allem bei Trauben- und Apfeltrestern bekannt. Bekannte Tresterbrände sind der italienische Grappa und der französische Marc. Jedoch sind die Verarbeitungsmengen im Vergleich zur anfallenden Menge gering. Aus Trauben- und Apfeltrester können auch Fruchtessige hergestellt werden, die sich für Salate und pikante Speisen eignen. Auch bei der Faser- und Pektingewinnung (Zitrus-, Rüben- und Apfeltrester) werden Obst- und Gemüsetrester teilweise als Rohstoffe verwendet.

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Abb. 1: Karotten-Trester

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Abb. 2: Rote-Bete-Trester

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Abb. 3: Karotten-Trester-Sauerteig

Trester sind die vorwiegend festen Rückstände, die nach dem Auspressen des Saftes von Obst, Gemüse oder Pflanzenbestandteilen, wie Äpfeln, Weintrauben, Karotten, Tomaten etc., übrig bleiben.

Unbehandelte Trester sind reich an Ballaststoffen und fruchteigenen sekundären Pflanzenstoffen wie Flavonoiden, Carotinoiden und komplexen Polyphenolen, welche sich hervorragend als wertsteigernde Zusätze in Brot und Backwaren eignen. Neben den positiven Wirkungen dieser sekundären Pflanzenstoffe (u. a. antioxidative Wirkung) ist die natürliche Matrix, in der sich die Inhaltsstoffe befinden, gegenüber isolierten Inhaltsstoffen hervorzuheben. Hier müssen jedoch auch die Auswirkungen auf die Sensorik berücksichtigt werden. Ein weiterer Vorzug ist der niedrige Energieeinsatz gegenüber der Fasergewinnung, welche zur Trocknung des Tresters einen hohen Energieaufwand benötigt. Zudem weisen die durch den Trocknungsprozess gewonnenen Fasern oftmals ebenfalls einen unangenehmen Nebengeruch und/oder -geschmack auf, was eine Verwendung in Lebensmitteln allenfalls in eingeschränktem Umfang zulässt. Auch fallen beim Einsatz von nativen Trestern in Brot und Backwaren keine weiteren Reststoffe an, wie bei der Verarbeitung zu Spirituosen und Essig. Die Obst- und Gemüsetrester werden somit vollständig verwertet und können insgesamt die ernährungsphysiologische Wertigkeit von verarbeiteten Lebensmitteln erhöhen.
Um den wertvollen Trester aus der Saftherstellung im Sinne einer abfallarmen Kreislaufwirtschaft weiterzuverwenden, steht das Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung e.V. (ILU) in regem Austausch mit einem regionalen Obst- und Gemüsesafthersteller. In Kooperation mit einer Bäckerei in Berlin wurden erste Backversuche zum Einsatz von Obst- und Gemüsetrestern durchgeführt. Hierzu wurden auf Basis einer traditionellen Weizenmischbrotrezeptur zwei Trestersorten (Abb. 1 und 2) verarbeitet. Die Tresterzugabe erfolgte in zwei bäckereitechnologisch gängigen Verfahrensweisen. Zum einen erfolgte eine Direktzugabe des Tresters in den Teig, wobei der Trester zum Ende des Knetprozesses kurz untergearbeitet wurde. Zum anderen wurde der Trester in Kombination mit Roggenmehl fermentiert (Abb. 3) und als Sauerteig im Hauptteig weiterverarbeitet. Bei beiden Verfahrensweisen erfolgte jeweils eine Tresterzugabe von 12,5 % und 25 % bezogen auf die Gesamtmehlmenge.

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Diagramm 1: Vergleich der ermittelten Brotvolumina

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Diagramm 2: Vergleich der ermittelten Krumenfeuchten

Die eingesetzten Trestervarianten wirkten sich unterschiedlich auf das Brotvolumen aus. Grundsätzlich wurde durch die Tresterzugabe das Brotvolumen verringert und mit steigendem Anteil verstärkte sich diese Minderung. Es zeigte sich, dass der direkt zugeführte Trester etwas bessere Effekte für das Volumen der Brote bewirkte und bei höherer Zugabe die Verwendung von Trestersauerteigen eher als nachteilig für das Brotvolumen anzusehen war. Im Vergleich zu einem Karottentrester zeigte die Verarbeitung von einem Rote-Bete-Trester eine geringere Reduzierung des Brotvolumens (Diagramm 1).

Wie in Abbildung 4 illustriert ist, muss ein geringeres Volumen nicht grundsätzlich mit einer Verringerung der Brotqualität einhergehen. Auch Brote, welche mit 25 % Tresterzugabe hergestellt werden, können eine gut gelockerte Krumenstruktur mit guter Kaubarkeit aufweisen.
Erwartungsgemäß wird durch die Zugabe von faserreichem Trester eine deutliche Erhöhung der Krumenfeuchte generiert. Insbesondere durch die Verwendung von Sauerteig auf Tresterbasis kann der Krumenfeuchtegehalt um gut 6 Prozentpunkte angehoben werden (Diagramm 2).

Der Einfluss auf die Geruchs- und Geschmacksintensität war bei beiden verwendeten Trestern nur gering ausgeprägt. Bei einer Zugabemenge von 12,5 % wurde vom Sensorik-Prüfpanel keine spezifische Aromaveränderung festgestellt. Bei einer Zugabe von 25 % wurde beim Brot mit Rote-Bete-Trester die für den Rohstoff typische „erdige“ Aromanote wahrgenommen. Beim Brot mit Karottentrester konnte eine leichte „fruchtig-süße“, möhrenartige Note festgestellt werden. Insbesondere bei dem nicht immer allseits beliebten, für Rote Bete typischen erdigen Geruch ist die Verarbeitung des Tresters als Sauerteig zu empfehlen.

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Abb. 5: Weizenmischbrot – Rote-Bete-Trester als Direktzugabe (25 %)

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Abb. 6: Weizenmischbrot – Zugabe Rote Bete als Sauerteig (25 %)

Hinsichtlich der Farbgebung im Endprodukt muss zwischen den jeweilig verwendeten Trestersorten unterschieden werden. Karottentrester bewirkte bei beiden Verfahrensvarianten (Direktzugabe vs. Sauerteig) eine gelborange Krumenfarbe. Erwartungsgemäß nahm die Farbintensität bei höherer Tresterzugabe zu. Bei der Verarbeitung von Rote-Bete-Trester war bei direkter Zugabe die typische rotviolette Färbung festzustellen (Abb. 5). Bei der Sauerteigvariante ändert sich, bedingt durch die lange Fermentationszeit (16 Stunden) und durch die pH-Wert-Änderung in den sauren Bereich (pH 3,5), die Farbe von rötlich violett zu gelblich orange. Dieser Effekt ist auf die in der Roten Bete enthaltenen Pflanzenfarbstoffe zurückzuführen, die in Abhängigkeit vom pH-Wert ihre Farbe ändern. Im Gegensatz zu den relativ stabilen Carotinoiden des Karottentresters ändern die in der Roten Bete vorhandenen Anthocyane und Betalaine die Farbe, wenn sie über längere Zeit einem niedrigen pH-Wert ausgesetzt sind. Dies ist vergleichbar mit Rotkohl, der bei der Zubereitung mit Säure rotviolett gefärbt ist und bei höheren pH-Werten als blauviolettes Kraut wahrnehmbar ist. Die hier mit Rote-Bete-Sauerteig hergestellten Brote wiesen eine grünliche Krumenfarbe auf (Abb. 6).

f2m-bub-21-01-forschung-NutriAct-Logo

Im Verbundprojekt „NutriAct – Kompetenzcluster
Ernährungsforschung Berlin-Potsdam“ bündeln Wissenschaftler des Teilprojekts „Neue Produkte“ ihr Know-how, um schmackhafte Produkte mit einer altersgerechten und gesundheitsfördernden Zusammensetzung zu entwickeln, wie beispielsweise das Tresterbrot.

Fazit

Die Verarbeitung von Trester in Brot ist eine interessante und ausbaufähige Alternative zur herkömmlichen Verwertung. Neben den ernährungsphysiologischen Vorteilen bietet die Vielzahl an Trestervarianten die Möglichkeit, einzigartige Produkte für jede Bäckerei zu entwickeln. Durch die Vernetzung mit Saftproduzenten vor Ort wird zusätzlich die regionale Wertschöpfung verbessert.

Autor

Dipl.-Ing. Alexander Voß, Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung e. V. (ILU), Bergholz-Rehbrücke