Die amerikanische Markel-Gruppe vereint ihre Töchter Tromp-Group aus den Niederlanden und AMF aus den USA. Beide liefern industrielle Bäckereilinien für Frisch- und TK-Backwaren. Wir sprachen mit Hans Herman Doude, Vice President of Sales für AMF Europe.
brot+backwaren: Herr Doude, Tromp und Den Boer stellen ihrem Firmennamen künftig das Kürzel AMF voran. Was heißt das konkret, verlieren beide Firmen als eigenständige, europäische Anbieter ihre Freiheit, auf dem Markt zu agieren?
Doude: AMF hat Tromp und Den Boer schon vor sechs Jahren übernommen. Was sich wirklich verändert hat, ist der Markt. AMF-Kunden waren AMF-Kunden, Tromp-/Den Boer-Kunden waren Tromp-/Den Boer-Kunden. Wir sehen heute, dass die typischen Brot- und Brötchenbäckereien diversifizieren müssen. Und hier haben Tromp und Den Boer großartige Lösungen für Kuchen und Pasteten, Pizza und pizzaartige Produkte, Feingebäck und Brotspezialitäten im Angebot. Genauso ist das Gegenteil der Fall: Typische Tromp-/Den Boer-Kunden sind heute zunehmend auf der Suche nach integrierten Lösungen, bei denen wir AMF-
Anlagen einsetzen können. Da ist es sinnvoll, schon im Namen der Unternehmen klarzustellen, dass AMF, Tromp und Den Boer zusammengehören.
AMF wird von der Vertriebs- und Kundendienstorganisation in Europa profitieren und Tromp und Den Boer können von der Vertriebs- und Kundendienstorganisation von AMF in Amerika und Asien profitieren.
Wir werden allerdings das Kompetenzzentrum für das Ausrollen, Ablegen, Handling und für Öfen bleiben, mit allen betrieblichen Freiheiten, die wir schon immer hatten.
brot+backwaren: Welche Kompetenzen, welche Zuständigkeiten, welche Entscheidungsbefugnisse und welche Maschinenbau-Abteilungen bleiben in den Niederlanden?
Doude: Alle. Vielleicht ist diese Antwort ein bisschen zu verkürzt; also lassen Sie mich das etwas ausführen. AMF und Tromp/Den Boer sind Unternehmen, die einander wirklich ergänzen. Die AMF-Technologien unterscheiden sich völlig von denen von Tromp/Den Boer. Deshalb sind unsere Technik und Fertigung ein eigenständiger Unternehmensbereich.
Der Vertrieb in Amerika wird allerdings durch AMF in den USA geleitet, aber natürlich sind wir stark beteiligt.
brot+backwaren: Als existierender Kunde von Tromp und Den Boer werde ich meinen Ansprechpartner also auch weiterhin in Gorinchem finden. Welche Vorteile habe ich möglicherweise von der Zusammenarbeit mit AMF?
Doude: Wir sind der weltstärkste Lieferant von Bäckereitechnik. Wir werden unseren Dienst am Kunden auf ein noch höheres Niveau bringen. Zudem können wir unseren Bestandskunden ein viel breiteres Spektrum an Lösungen anbieten.
brot+backwaren: Gorinchem betreut künftig für AMF auch die Märkte Europa, Middle East und Afrika. Gibt es umgekehrt Märkte, auf denen künftig AMF Anlagen von Tromp und Den Boer anbietet?
Doude: AMF wird in Amerika über seine Organisation den Tromp- und Den Boer-Vertrieb übernehmen, mit örtlichem Projektmanagement und Kundendienst. In Asien unterhält AMF lokale Büros, Fertigungs- und Kundendiensteinrichtungen. Tromp/Den Boer wird davon profitieren und unsere Kunden auch.
Im Tromp-Innovationszentrum in Gorinchem
Markel Food Group
Die Markel Food Group ist ein Teil von Markel Ventures, in der der amerikanische Versicherungskonzern Markel Corp. seine weit gestreuten Industrieinteressen bündelt. Die Liste umfasst Finanz- und Beratungs-Services für verschiedene Branchen ebenso wie Hausbau, Hersteller von Fußböden und Paneelen, einen Handtaschenproduzenten und einen Pflanzenzüchter. In der Markel Food Group fasst Markel sein Engagement bei AMF, Tromp, Reading Bakery Systems (RBS) und Solbern zusammen. Solbern stellt Füllmaschinen unterschiedlicher Art her, die auch in der Lebensmittelindustrie zum Einsatz kommen. RBS ist traditioneller Anbieter von Linien für die Herstellung von Snacks, Cookies und Crackern. Mit fünf Versionen aus der Exact-Familie der kontinuierlichen Mixer bietet Reading allerdings auch Teigherstellungsverfahren für Brot, Brötchen, Pizza, Cracker, gebackene Chips, Brezeln oder auch Haustiernahrung an. (siehe auch den Kasten auf Seite 10)
AMF
Das Produktionsprogramm von AMF umfasst das ganze Universum anglo-amerikanischer Bäckereitechnik. Es beginnt bei den typischen amerikanischen Mixern mit querliegendem Knetwerkzeug, geht über Teigteiler, Aufarbeitungsanlagen für Brot, Buns, Tortillas und English Muffins, Formen und Blech-Handling, Transportsystem, kontinuierliche Gäranlagen, Back- und Kühlsysteme sowie Tunnelöfen und schließlich Brot- und Bunschneider, Verpackungsanlagen, Palettierer und Kistentransportsysteme sowie die daraus zusammengestellten kompletten Linien.
Tromp
Tromps Maschinenportfoio umfasst Aufarbeitungslinien für Pizza, Brot und Brötchen aus dem Teigband, Laminieranlagen für die Herstellung von Croissants, Danish Pastry und anderen Feinbackwaren, spezielle Pie-Linien für gefüllte Pies mit und ohne Teigdeckel sowie die gesamte Technik zur Aufarbeitung und Portionierung von Kuchenteigen oder Keksmassen, egal ob geschnitten, portioniert, ausgestochen oder geformt. In dieses Spezialsegment von Tromp gehören auch die Waffelanlagen für die klassischen niederländischen Stroopwaffeln (früher mal unter Van de Pol verkauft) sowie die Funcakes, gefüllte Kleinkuchen, die in geschlossenen Formen gebacken werden und dadurch beispielsweise die Form eines Teddybären annehmen.
Den Boer
Der Dritte im Bunde ist das Traditionsunternehmen Den Boer aus Dalfsen, NL, das Zyklotherm-Durchlauföfen mit dem Namen MultiBake baut, von dem es vier verschiedene Varianten gibt.
brot+backwaren: Synergien verspricht man sich vor allem im Service. AMF hat ein sehr großes, weltweit agierendes Servicenetz. Sollen Tromp und Den Boer daran partizipieren, zusätzlich oder anstelle der eigenen Servicekräfte? Wie schnell lassen sich all diese AMF-Techniker auf die entsprechenden Systeme schulen?
Doude: Das ist immer eine Herausforderung. Um ehrlich zu sein, geht das nicht von heute auf morgen. Aber alle übergreifenden Schulungen sind bereits geplant. Darüber hinaus werden wir intensive Schulungen durchführen, die auf den in dem betreffenden Teil der Welt installierten Anlagen beruhen.
Kontinuierliche Teigherstellung
Mit der neuen Struktur von AMF, Tromp und Den Boer hat auch das Innovationszentrum der Gruppe im niederländischen Gorinchem neue Aufgaben bekommen. Neu ist die Knettechnologie von AMF und Reading Bakery Systems (RBS). Von AMF steht dort ein Sigma-Mixer mit querliegendem Knetwerkzeug für die Herstellung von Bun-Teigen bereit. Vielseitiger ist dagegen der Exact Mixer von Reading Bakery Systems. Der Exact ist in mehr als 300 kontinuierlich arbeitenden Anlagen installiert, die weltweit im Einsatz sind. RBS baut je nach gewünschtem Teig und Entwicklungsstadium fünf verschiedene Varianten. Drei dieser Mixer sind im Innovationszentrum installiert.
Der MX Mixer kann mit der Hydroband Technology ergänzt werden, ein Aufsatz, in dem die Trockenstoffe vor dem Eintritt in den Mixer befeuchtet werden. Mit einer Drehzahl von 2.000 Umdrehungen pro Minute wird aus einfließendem Wasser eine „Wasserscheibe“, durch die das Mehl oder andere trockene Zutaten fallen und dabei benetzt werden. Den Grad der Befeuchtung reguliert der Wasserzufluss und je nach Teig oder Masse kann auf diese Art und Weise 40, 60 oder auch 100 % der Flüssigkeit zugegeben werden. Die Hydrobond-Technologie beschleunigt den kontinuierlichen Prozess.
Für Teige hingegen, die sich entwickeln sollen, bietet RBS auch einen zweiteilig aufgebauten HDX High Development Continuous Mixer an, den es natürlich auf Wunsch auch mit der Befeuchtungsvorstufe (Hydrobond-Technologie) gibt. Der HDX besteht aus einer ersten Stufe, in der zwei kräftige Wellen die Rohstoffe mixen, und einer zweiten, in der teigspezifische Werkzeuge die entstandene Masse kneten und ihr Energie zuführen. Bei Bedarf lässt sich zwischen beide Stufen auch ein Teigruheband implementieren.
Für Kekshersteller ist im Innovationszentrum ein LDX-Mixer aus der Exact-Serie installiert, der zunächst Fette und flüssige Zutaten vermischt, Feststoffe wie z. B. Mehl werden im Anschluss zugeführt.
Illustration der Hydroband Technology
brot+backwaren: Wie sieht es mit der Einbindung in die Fernwartung der Systeme aus?
Doude: Dazu wird es bald Neuigkeiten geben! Nur so viel vorweg: Wir arbeiten an einem zentralisierten Kundendienst mit absolut fantastischen Lösungen für unsere Kunden.
brot+backwaren: Reading Bakery Systems gehört zwar nicht zu AMF, aber alle Firmen haben eine gemeinsame Mutter, die Markel Food Group. Reading verfügt über ein Datenbanksystem, über das ein Kunde nicht nur die Informationen über seine Anlage einsehen, sondern auch Ersatzteile bestellen kann. Wird es das für AMF, Tromp und Den Boer auch geben?
Doude: Auch dazu wird es bald Neuigkeiten geben!
brot+backwaren: Tromp beschäftigt derzeit vier Bäcker und zwei Lebensmitteltechnologen, die Anlagen einfahren, als Ansprechpartner für die Kunden fungieren etc. Wird sich daran etwas ändern?
Doude: Unsere Kunden tun sich häufig schwer, Bäcker und Bediener mit einem Gefühl für die Produkte zu finden. Unser Team von Bäckern und Lebensmitteltechnikern ist in der Lage, unsere Kunden in allen Fragen etwa des Betriebs und der Reinigung einer Linie zu schulen, aber auch, ihnen ein Verständnis des Prozesses zu vermitteln.
Das ist nicht die einzige Aufgabe unseres Teams aus Bäckern und Lebensmitteltechnikern. Sie sind gemeinsam mit unseren Kunden auch an Produkttests und der Produktentwicklung beteiligt. Und sie spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung unserer Maschinen. Es ist daher sehr viel wahrscheinlicher, dass das Team noch vergrößert wird.
brot+backwaren: AMF wie Tromp verkaufen Make-up-Linien, aber durchaus mit unterschiedlicher Technologie. Wird man die Prozesstechnologie künftig gemeinsam weiterentwickeln?
Doude: Dafür gibt es ein enormes Potenzial. Wir haben beispielsweise einen Extruder aus den USA in eine europäische Pizzalinie integriert. Wir sehen viele Möglichkeiten, unsere vorhandenen unterschiedlichen Technologien zu kombinieren, um eine optimale Lösung für unsere Kunden zu erzielen.
brot+backwaren: AMF besitzt in China eine eigene Produktion – wird die möglicherweise künftig auch für Tromp und Den Boer arbeiten?
Doude: Das ist eine Möglichkeit, die wir natürlich in Betracht ziehen. Insbesondere für den chinesischen Markt.
brot+backwaren: Herr Doude, herzlichen Dank für das Gespräch.