Die Health Ingredients Europe 2018 (HiE), die Ende November in Frankfurt stattfand, zeigte Rohstoff-Innovationen für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Bei vielen neuen, gesunden Inhaltsstoffen standen Anwendungen in der Backbranche im Fokus.
Die gezeigten Rohstoffe ließen sich unterschiedlichen Kategorien zuordnen: Molkeprotein, Sporternährung, Förderung einer gesunden Verdauung, Senkung des Cholesterinspiegels, Stärkung des Immunsystems, Probiotika, Ballaststoffe und Zuckerreduzierung sowie Hanfprodukte.
Molkeprotein
Molkeproteinkonzentrate (whey protein concentrates: WPC) zu Backwaren hinzuzufügen hat sich in der Vergangenheit als Herausforderung erwiesen. WPC80-Pulver (mit einem Proteingehalt von 80 %) absorbieren ihr vierfaches Gewicht an Wasser und können zu Trockenheit des Teigs und des fertigen Produkts führen. Dies kann die Verarbeitung und Handhabung des Teigs erschweren. Zwei Unternehmen stellten Molkeprotein-Anwendungen speziell für die Backbranche vor.
Arla präsentierte ein brandneues Molkeprotein namens Nutrilac®, das sich für Rezepturen für proteinreiche Weichkekse nutzen lässt. Die großen Herausforderungen proteinreicher Produkte sind die Verarbeitungseffizienz, die Verzehrqualität und das Erscheinungsbild des Produkts. Diese neue Molke erhält die gute Verarbeitungsfähigkeit des Teigs aufrecht, sodass dieser weder Krümel bildet noch Öl absondert. Sie hat zudem einen angenehmen Geschmack und wurde für die Teighandhabung optimiert. Normalerweise ist Teig mit einem Proteingehalt von 20 % trocken; dieser Teig jedoch ist weich, und das Molkeprotein kann gegen Mehl ausgetauscht werden.
Ein weiteres Problem bei der Zugabe von Milchproteinen bei Backanwendungen ist die Zunahme des Milchzuckergehalts, die dazu führen kann, dass das Produkt im Ofen verbrennt. Nutrilac® verhindert dies, weil der Milchzucker im Rahmen des Herstellungsverfahrens weitgehend entfernt wird.
Arla bietet Nutrilac®-Varianten für süße oder herzhafte Kekse an. Auf der HiE zeigte das Unternehmen beide Varianten mit 20%igem Proteingehalt, die die EU-Voraussetzungen für die Angabe „hoher Proteingehalt“ erfüllen. Die vorgestellten Kekse waren goldbraun und wiesen eine geringe Wasseraktivität auf, d. h., sie blieben lange kross. Für Proteinriegel bot Arla zudem ein neues Molkeproteinpulver an, das Lacprodan® TexturePro, Lacprodan® SoftBar und Nutrilac® PB-8420 enthält. Diese Molkeinhaltsstoffe verbessern die Textur und Weichheit des Proteinriegels während der gesamten Haltbarkeitsdauer.
Proteinreiche Kekse, hergestellt mit Nutrilac®
Die britische Volac International Ltd. stellte das Molkeprotein Volactive® und das hitze- und säurestabile Molkeprotein Velicious™ vor. Diese Molkeproteine gelieren und sind cremiger als typische Molkeproteinpulver. Velicious™ trocknet die Produkte anders als die meisten WPC80-Pulver nicht aus, denn es absorbiert wenig Wasser (nur sein Eigengewicht). Vorgestellt wurden Kekse, Brownies und Proteinriegel mit Volactive®. Alle Produkte waren sehr weich bei angenehmem Kauerlebnis und hohem Proteingehalt.
Sporternährung
Beneo präsentierte Rohstoffe für den wachsenden Markt für Sporternährung. Dazu gehört auch Palatinose™. Er wurde aus dem Rübenzucker Isomaltulose entwickelt und bietet viel Kohlenhydratenergie bei niedriger Blutzuckerantwort, was zu einer geringen glykämischen Wir-kung führt. Er sorgt zudem für eine nachhaltige Energieversorgung durch Verbesserung der Fettverbrennung bei körperlicher Betätigung. Er ist außerdem nicht kariesfördernd, d. h., er ist zahnschmelzfreundlich. Die gesundheitsbezogenen Angaben in Bezug auf Isomalt- und Isomaltulose-Inhaltsstoffe wurden von der Europäischen Kommission anerkannt. Die Angabe zur Zahngesundheit wurde durch die US-Nahrungsmittelbehörde FDA anerkannt.
Frühstücksgetränk mit Mandeln und Schokolade. Es enthält Palatinose™ und den Ballaststoff Orafti® (Inulin)
Förderung einer gesunden Verdauung
Die Verbraucher achten heute verstärkt auf ihren Körper und sind zunehmend dafür sensibilisiert, wie ihr Essen ihre Gesundheit beeinflusst. FODMAPs (fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole), d. h. kurzkettige Kohlenhydrate wie Fruchtzucker, Milchzucker und Zuckeralkohole, können zu Verdauungsstörungen wie Blähungen, Magenschmerzen und Gasproduktion führen. Das Oligosaccharid Fructan ist das wichtigste FODMAP im Brot. Zwei Unternehmen präsentierten Inhaltsstoffe, die laut Angabe den FODMAP-Gehalt reduzieren bzw. reduziert haben.
Fazer Mills stellte sein patentiertes LOFO™ Backmittel vor, die erste FODMAP-arme Enzymlösung zum Backen, die den Fructangehalt um mehr als 50 % reduziert. Dieses Clean-Label-Backmittel auf Enzymbasis wird auf dem Etikett als Weizenmehl/Maltodextrin bezeichnet. Das Enzym selbst wird Fructanase genannt und hat seinen Ursprung in Fazers natürlichem Roggen-Sauerteig und seinen Laktobazillen. Im Allgemeinen wird es in einer Menge von 1–3 % des Mehlgewichts zum Rezept hinzugefügt. Der Backvorgang läuft anschließend wie gehabt ab. Das Enzym spaltet das Fructan im Weizen und Roggen während des Backvorgangs in leichter verdauliche Stücke, ohne den Geschmack oder andere wichtige Eigenschaften des fertigen Produkts zu beeinflussen.
GoodMills Innovation präsentierte auf der HiE drei Produkte, darunter alte Getreidesorten, die von Natur aus einen geringeren FODMAP-Gehalt aufweisen. Eine davon war die Weizensorte 2ab, eine alte Getreidesorte, die einen erheblich geringeren FODMAP-Gehalt hat als heutige Sorten und anders als moderne Weizenvarianten kein schwer verdauliches D-Gluten enthält. Anders als viele glutenfreie Backwaren bringt die Weizensorte 2ab eine weiche, üppige Krume mit herausragenden sensorischen Eigenschaften hervor, ohne dass sie mit Standardweizen oder sonstigen Backmitteln versetzt werden muss.
Landbrot mit 2ab-Weizen
Auf einer weiteren alten Getreidesorte basiert das von GoodMills Innovation vorgestellte RutinX, ein aus Tatarischem Buchweizen hergestellter Inhaltsstoff. RutinX hat ein mildes Buchweizen-Geschmacksprofil und unterstützt die Verstoffwechslung von Kohlenhydraten durch hohe Konzentrationen von Rutin und Zink.
Kleingebäcke mit RutinX, das ein mildes Buchweizen-Geschmacksprofil zeigt
Tatarischer Buchweizen hat einen 100-fach höheren Rutingehalt als normaler Buchweizen. Rutin sorgt außerdem dafür, dass sich nützliche Mikroorganismen im Verdauungstrakt vermehren. Rutin hat einen ausgeprägt bitteren Geschmack, aber es ist wichtig, denn es ist ein oxidationshemmendes Bioflavonoid, das den Blutzuckerspiegel regulieren und den Blutdruck senken kann. Durch Einsatz eines hauseigenen patentierten Gärverfahrens reduziert GoodMills Innovation die Bitterstoffe in Tatarischem Buchweizen deutlich und verbessert zugleich die Bioverfügbarkeit der Inhaltsstoffe. Funktional lässt sich RutinX zu einer Vielzahl von Backwaren und anderen Lebensmitteln hinzufügen. GoodMills Innovation empfiehlt, einem Rezept etwa 5 % RutinX hinzuzufügen und die Wassermenge anzupassen.
Tatarischer Buchweizen
Der letzte von GoodMills Innovation vorgestellte Inhaltsstoff war WHITE GOLD®, ein ultrafein gemahlenes Vollkornkonzentrat mit Weizenfasern, die reich an MACs (Mikrobiota-zugängliche Kohlenhydrate) sind. MACs tragen zur Vielfalt der Darmflora bei, weil fein gemahlene Fasern mit hohem MAC-Anteil für die Darmbakterien besser aufnehmbar sind, und sie sind ein ideales Präbiotikum für Backwaren. WHITE GOLD® hat eine feine Struktur, eine helle Farbe und einen milden, leicht süßlichen Geschmack. Dank dieses süßlichen Geschmacks ermöglicht es sogar eine geringfügige Verringerung des Zuckergehalts bei süßen Backwaren.
Mit WHITE GOLD® hergestelltes süßes Brot
Senkung des Cholesterinspiegels
Für Hafer-β-Glucane sind in der EU vier gesundheitsbezogene Angaben zugelassen. Hafer-β-Glucane wurden von zwei Unternehmen präsentiert: Fazer und Naturex. Der Verzehr von 3 g Hafer-β-Glucanen kann den Cholesterinspiegel senken. Für diese Angabe ist in der EU mindestens 1 g β-Glucan pro Portion Voraussetzung (USA: 0,75 g).
Naturex, Teil der französischen Givaudan-Gruppe, erwähnte bei der Vorstellung der Produkte, dass diese Cholesterinsenkung im Körper funktioniert, weil die β-Glucane das Cholesterin zum Gelieren bringen und einkapseln. Sweoat® Bran bietet unterschiedliche Konzentrationen an (9–28 % β-Glucan-Gehalt). Der Konsum von einem Portionierlöffel (11 g) Sweoat® Bran BG28 (28 %) entspricht dem Verzehr von drei Schüsseln Haferflocken. Naturex bietet außerdem drei Zutatensortimente aus Hafer an: Kleie, Mehl und Öl. Das Unternehmen nutzt ein einzigartiges Verfahren, um schwedische Haferkörner auf eine Weise zu β-Glucan-reicher Kleie zu verarbeiten, bei der die natürliche Struktur des hohen Molekulargewichts des Hafer-β-Glucans erhalten bleibt. β-Glucan bietet nicht nur gesundheitliche, sondern auch funktionale Vorteile. Hierzu gehören die Geliereigenschaften, die die Viskosität und den Feuchtigkeitsgehalt und damit die Haltbarkeit erhöhen. Es lässt sich aufgrund seiner wasserbindenden Eigenschaften zudem zur Stabilisierung der Füllungen bestimmter Backwaren nutzen.
Fazer Aurora Oat Beta Glucan 20 verwendet ein patentiertes natürliches Trockenfraktionierungsverfahren, um ein unverfälschtes, nährstoffreiches Produkt mit neutral schmeckenden Endprodukten zu erzeugen. Es wird aus finnischem Hafer hergestellt und ist reich an löslichen Ballaststoffen und Pflanzenproteinen.
Stärkung des Immunsystems
Kerry Ingredients stellte Wellmune® vor, von dem klinisch belegt ist, dass es zur Stärkung des Immunsystems beiträgt. Wellmune® ist ein Hefe-β1,3/1,6-Glucan, das mittels eines geschützten Verfahrens aus der Zellwand eines herstellereigenen Backhefestamms gewonnen wird. Wellmune® ist hochrein und von Natur aus glutenfrei. Dieses Backhefe-β-Glucan wird mit einem Dutzend expertenbegutachteter veröffentlichter klinischer Studien in Verbindung gebracht, die eine Stärkung des Immunsystems belegen. Diese Studien zeigen, dass Wellmune® die allgemeine Immunabwehr für unterschiedliche Altersgruppen und bei unterschiedlichen Lebensstilen stärkt. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass es den Schweregrad und die Auswirkungen von mit intensivem Sport verbundenen Infektionssymptomen der oberen Atemwege verringern kann. Wellmune® lässt sich problemlos in Backwaren einbinden, da pro Portion nur 250 mg hinzugefügt werden.
Probiotika
Kerry Ingredients präsentierte zudem GanedenBC30 (Bacillus coagulans GBI-30, 6086), ein patentiertes Probiotikum auf Sporenbasis. Anders als die meisten anderen Probiotika ist GanedenBC30 hochgradig stabil und bleibt während des gesamten Fertigungs- und Backprozesses aktiv, weil es in Sporenform vorliegt. Es hat zudem im Magen, wo ein niedriger pH-Wert herrscht, eine bessere Überlebensrate. Es ist in Trockenmischungen, Keksen und anderen Backwaren mit niedrigem Feuchtigkeitsgehalt bis zu drei Jahre stabil.
Ballaststoffe
Ballaststoffe präsentierten viele Unternehmen auf der HiE, und zwar aus einer Vielzahl an Quellen und für viele Anwendungen. Nachstehend seien nur zwei Unternehmen erwähnt, die Ballaststoffe zur Zuckerreduzierung nutzen.
Mehrere Unternehmen präsentierten Ballaststoff-Anwendungen zur Zuckerreduzierung. Cambridge Commodities Ltd., Cambridge/UK, bot mit IMOfibre™ ein Isomaltoligosaccharid für die Backbranche an, das Feuchtigkeit bindet und dabei 50–60 % der Süße von Zucker aufweist. Dieser Ballaststoff lässt sich im Verhältnis 1:1 zur Zuckerreduzierung einsetzen. Es handelt sich dabei um eine Maniok-/Tapioka-Stärke, einen löslichen Ballaststoff, der geliert, wenn er mit Wasser in Berührung gerät. Er hat zudem eine präbiotische Wirkung, weil er unverdaulich ist.
ADM präsentierte Fibersol®, den mit 90 % Fasergehalt reinsten Ballaststoff auf dem Markt, der zudem den Zucker- und Kaloriengehalt des fertigen Produkts senken kann. Fibersol® kann zudem Mundgefühl von Zucker ersetzen. Bei einer Zuckerersetzung von 30 % muss der Geschmack des Produkts möglicherweise optimiert werden, doch der Zusatz eines weiteren Süßstoffs ist nicht zwangsläufig erforderlich. Bei einem Zusatz von 10–15 % Ballaststoffen und entsprechender Zuckerreduzierung ist nichts zu bemerken, und es müssen dem Produkt keine zusätzlichen Aromen zugesetzt werden, so ADM. Dieser Ballaststoff ist aus Mais hergestellt und wird auf dem Etikett als Maisdextrin oder Maltodextrin angegeben. Bei Keksen kann er Zucker im Verhältnis 1:1 ersetzen, wobei das Rezept nur geringfügig angepasst werden muss. ADM bietet ein komplettes Instrumentarium zur Änderung des Geschmacksprofils bei gleichzeitiger Verringerung des Zuckergehalts an.
Hanf
Bei der rechtlichen Zulässigkeit der industriellen Hanfproduktion gibt es weltweit erhebliche Unterschiede. Nur 23 Länder produzieren im gewerblichen Rahmen Industriehanf, und nur drei Länder führen derzeit Pilot- oder Forschungsprojekte hierzu durch. Hanf kann auf eine lange Geschichte bei der Faserherstellung zurückblicken und wurde schon vor 10.000 Jahren erstmals zu nutzbaren Fasern versponnen. Hanf ist zudem vielseitig verwendbar, u. a. in Papier, Textilien, Biokraftstoffen, biologisch abbaubaren Kunststoffen, Kleidung und Lebensmitteln. Da aufgrund von Verwechslungen mit THC-haltigen Sorten (d. h. Marijuana) häufig Missverständnisse bezüglich der rechtlichen Zulässigkeit vorliegen, ist die wirtschaftliche Nutzung traditionell so etwas wie ein Tabu. Es sind, was die rechtliche Zulässigkeit der Nutzung von Marijuana und Industriehanf angeht, derzeit Veränderungen im Gange. Dies zeigt sich an der größeren Anzahl von Ländern und den vielen US-Bundesstaaten mit einer industriehanf-
freundlichen Gesetzeslage. Das die Nutzung von Hanf umgebende Tabu geht zurück, und viele Unternehmen weiten ihr Angebot an Inhaltsstoffen auf Hanfbasis aus. Viele Unternehmen werben neuerdings für Hanfprodukte. Hanf wurde in verschiedenen Formen angeboten; hierzu gehörten Mehl, Protein, Öl und Ballaststoffe. Die Beliebtheit von Hanf nimmt aufgrund seiner Eigenschaft als wertvolle Nährstoffquelle und seiner Nachhaltigkeit als eine der vielseitigsten und schnellstwachsenden Pflanzen auf dem Planeten aus gutem Grund zu.
Hanfblatt