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b+b-2018-06-Lufteintrag per Ultraschall messen

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Durch ein innovatives ultraschallbasiertes Messsystem und entsprechende Auswertealgorithmen kann der Lufteintrag von getreidebasierten Schäumen während des Aufschlagens überwacht werden.

Der Lufteintrag hat großen Einfluss auf die Textur aufgeschlagener Lebensmittel und ist entscheidend für ihre Qualität. Schaum wird als gasförmige Bläschen (Poren) bezeichnet, welche innerhalb einer Matrix durch feste oder flüssige Wände eingeschlossen werden. Getreidebasierte Schäume können als eine heterogene Suspension von festen, nahezu runden Stärkepartikeln, welche durch eine viskoelastische Matrix (Gluten) mit Gaseinschlüssen umgeben werden, beschrieben werden. Die hier untersuchten Massen sind getreidebasierte Schäume mit einem geringeren Mehlanteil als Teige und werden in der Lebensmittelindustrie hauptsächlich für feine Backwaren verwendet. Bestandteile der Massen sind in erster Linie Vollei, Zucker und Stärke. Dabei sind abhängig von den Prozessierungsparametern und der Zusammensetzung Dichten von ca. 500–1000 g/l möglich. Sowohl durch unterschiedliche Herstellungsprozesse mit variablen Prozessparametern wie Aufschlagzeit oder Schergeschwindigkeit als auch aufgrund von schwankenden Rohstoffeigenschaften wird der Lufteintrag in die Massen beeinflusst. Eine echtzeitfähige Überwachung der Schaumherstellung spielt daher eine entscheidende Rolle zur Überwachung des Herstellungsprozesses.

In getreidebasierten Schäumen wird durch den Aufschäumprozess Gas in die Masse eingetragen, was zu einer Veränderung der Textur führt. Die Menge der eingetragenen Luft beeinflusst dabei sowohl die Verarbeitbarkeit der Masse als auch die Qualität des Produkts nach der thermischen Fixierung. Auf ungewollte Abweichungen kann nur dann reagiert werden, wenn eine echtzeitfähige Analyse des Lufteintrags gewährleistet ist. Der Lufteintrag steht dabei in einem direkten Zusammenhang zu der Dichte.

Ansätze zur Überwachung der Dichte in Biskuitmassen

Bisherige Methoden, die den Eintrag von Lufteinschlüssen in getreidebasierten Schäumen erfassen können, sind derzeit nicht echtzeitfähig, was eine auf den aktuellen Prozesszustand angepasste technologische Steuerbarkeit des Prozesses nicht ermöglicht. Aktuell erfolgt die Überwachung der Schaumstruktur größtenteils über visuelle und haptische Eindrücke des Fachpersonals. Vielversprechende bildgebende Methoden wie konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie (CLSM) und Röntgenuntersuchungen des Schaums (Computertomographie,
CT) sind reine Labormethoden und können daher nicht die Prozessdynamik abbilden. Im Rahmen des Projektes AiF 18238 N („Optimierung der Porengrößenverteilung von getreidebasierten Schäumen zur Herstellung feiner Backwaren“) wurde eine ultraschallbasierte Messmethode entwickelt, mit der die Dichte von getreidebasierten Schäumen im Batch-Betrieb überwacht werden kann. Durch die Echtzeitfähigkeit der Methode können ungewollte Prozessabweichungen frühzeitig erkannt und korrigierend eingegriffen werden. Durch die Nicht-Invasivität von Ultraschall wird zudem eine Beeinflussung der Schäume durch die Messung selbst verhindert.

Ultraschall zur Bestimmung der Dichte

Ultraschallwellen sind mechanische Wellen mit Frequenzen oberhalb von etwa 20 kHz. Ultraschall-Transducer wandeln dabei durch den piezoelektrischen Effekt elektrische Energie in mechanische Energie um. Da die Ultraschallsensoren keinen direkten Produktkontakt benötigen, kann diese Messmethode im Gegensatz zu anderen Methoden sowohl nicht-destruktiv als auch nicht-invasiv eingesetzt werden. Am Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie wurde ein neues ultraschallbasiertes Messsystem entwickelt, welches die Dichte in getreidebasierten Schäumen während des Aufschlagens erfasst und auch für die Dichtemessung im industriellen Umfeld geeignet ist.

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1:  a) Schematische Darstellung des Puls-Echo-Transducers, b) Schematische Darstellung der Ultraschallausbreitung in PMMA und der Biskuitmasse

Das entwickelte Messsystem besteht aus einem Mikrocontroller, welcher sowohl zur Signalerzeugung als auch zur Signalaufzeichnung genutzt wird. Zusätzlich werden die gewonnenen Daten der Ultraschallwandler mit der Software Virtual Expert 4.0 der Firma GIMBIO gespeichert und ausgewertet. Die am Lehrstuhl selbst entwickelten Ultraschall-
Transducer nutzen eine Frequenz von 2 MHz, um eine ausreichende Signalauflösung zu gewährleisten. Als Referenzmessung diente die gravimetrische Dichtebestimmung. Dafür wurde die Dichte in Dreifachbestimmung zu unterschiedlichen Aufschlagzeiten gemessen und mit den Ultraschallmessungen korreliert.

Da eine adäquate Durchschallung von stark aufgeschlagenen Massen kaum möglich ist, beruht das hier verwendete Messprinzip auf der Puls-Echo-Methode. Schallenergie wird durch einen Ultraschallwandler über eine Verzögerungsstrecke in das Medium eingebracht (Abbildung 1). An der Grenzfläche zwischen der Verzögerungsstrecke und der Masse wird bedingt durch die akustische Impedanz Z ein Teil der Schallenergie reflektiert.

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Die akustische Impedanz ist dabei abhängig vom Schalldruck p, der Schallschnelle u, der Dichte ρ und der Schallgeschwindigkeit c. Trifft die von der Schallquelle emittierte Ultraschallwelle nun auf eine Grenzschicht zweier Medien mit unterschiedlichen akustischen Eigenschaften (Verzögerungsstecke – Biskuitmasse), so wird die Schallwelle im Verhältnis des Reflexionskoeffizienten R reflektiert.

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Das Verhältnis von emittierter Schallenergie pi zu detektierter Schallenergie pr ist dabei von den akustischen Eigenschaften der Grenzschicht und somit direkt von den akustischen Impedanzen Z1 des Mediums M1 und Z2 des Mediums M2 abhängig. Durch das Aufschlagen der Massen und damit einhergehend das Eintragen von Luft ändern sich die akustischen Eigenschaften der Masse (M2) und somit der Reflexionskoeffizient.

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2: Schematische Darstellung der ultraschallbasierten Dichtemessung

Die alleinige Betrachtung des Reflexionskoeffizienten zur Bestimmung der Dichte ist jedoch nicht ausreichend. Daher wurden die Ultraschallsignale zusätzlich sowohl in der Zeit- als auch in der Frequenzdomäne, nach Fourier-Transformation (Fast Fourier Transform), analysiert. Eventuell auftretende Störgeräusche, hervorgerufen durch z. B. Pumpen oder Motoren, konnten mit geeigneten digitalen Filtermethoden (Butterworth-Bandpass-IIR-Filter) eliminiert werden. Aus den so bereinigten Daten konnten nun geeignete Signalparameter gewonnen werden, welche den Prozess beschreiben. Dafür wurden sowohl physikalisch bedingte Abhängigkeiten, wie akustische Impedanz oder Signalenergie, als auch unspezifische Parameter aus der Zeit- und Frequenzdomäne berücksichtigt. Aufgrund der starken Abhängigkeit der Ultraschallausbreitung von der Temperatur wurde die Prozesstemperatur überwacht und in die Analyse miteinbezogen. Die somit gewonnenen Informationen aus den Ultraschallsignalen konnten durch Korrelation mit den gravimetrisch bestimmten Referenzmessungen während des Aufschlagprozesses verifiziert und validiert werden. Dafür wurden die Ultraschall-Signal-Features mittels Partial Least Square Regression (PLSR) mit den Ergebnissen der gravimetrisch bestimmten Dichtemessungen korreliert. Dabei konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen den gravimetrisch bestimmten Referenzmessungen und den gewonnenen Ultraschallmessungen ermittelt werden. Der Ablauf der ultraschallbasierten Dichtemessung ist in Abbildung 2 schematisch dargestellt.

Untersuchung von unterschiedlichen getreidebasierten Schäumen

Um die Robustheit des Messsystems zu ermitteln, wurden unterschiedliche Variationen der Biskuitmasse hergestellt und analysiert. Abweichende Massenzusammensetzungen ergänzten und erweiterten die Hauptmessungen (Variation I). In Variation II wurde das Weizenmehl komplett durch Weizenstärke und in Variation III zusätzlich noch der Emulgator durch Weizenstärke ersetzt. Variation IV unterschied sich von Variation I durch Substitution des Emulgators durch Weizenstärke. Die exakten Mengenangaben sind in Tabelle 1 angegeben. Die erzielten Dichten der unterschiedlichen Variationen unterscheiden sich dabei untereinander (siehe Abbildung 3). Alle vier Variationen wurden daher als Input für das PLSR-Modell verwendet.

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3: Zusammenhang zwischen der Dichte und der Aufschlagzeit in Abhängigkeit von der Variation der Biskuitmasse

Ergebnis der Ultraschallmessungen

Es wurden 40 % des Datensatzes für die Modellierung und jeweils 30 % des Datensatzes für die Validierung und das Testen verwendet. Abbildung 4a zeigt die Güte des entwickelten PLSR-Modells (R2 = 0,9) für die Dichte als Parity Plot und stellt den Zusammenhang zwischen der Referenz- und der mittels Ultraschallmessung ermittelten Dichte dar. Der typische zeitliche Verlauf der Dichte beim Aufschlagen einer Biskuitmasse wird in Abbildung 4b dargestellt. Die Referenzmessungen wurden gravimetrisch in Dreifachbestimmung ermittelt. Zu definierten Zeitpunkten wurden dafür Proben manuell aus dem Prozess entnommen, welche eine hohe Übereinstimmung mit den Ultraschallmessungen aufwiesen. Es war somit möglich, mittels Ultraschall den Verlauf des Lufteintrags während des Aufschlagens kontinuierlich über die Dichte zu ermitteln und zu überwachen.

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4: a) Zusammenhang zwischen vorhergesagter Dichte per Ultraschall und Referenz (gravimetrische Bestimmung), R2 = 0,9, b) Zeitlicher Verlauf der Dichte über die Aufschlagzeit

Schlussfolgerungen und Ausblick

In der hier vorgestellten Forschungsstudie wurde gezeigt, dass der Lufteintrag in getreidebasierten Schäumen durch die Ermittlung der Dichteänderung mit Ultraschallmessungen während des gesamten Aufschlagprozesses kontinuierlich überwacht werden kann. Darüber hinaus kann die Dichte der Massen durch die neu entwickelte ultraschallbasierte Messung exakt bestimmt werden. Somit können Abweichungen erfasst und durch eine gezielte Anpassung, bspw. der Aufschlagzeit, ausgeglichen werden. Weiterhin war die entwickelte Methode robust gegenüber variierender Zusammensetzung der Biskuitmasse.

Derzeit werden die bei dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse zur ultraschallbasierten Dichtebestimmung auf ein kontinuierliches Schaumherstellungsverfahren übertragen. Auch soll die Dichte-Messung zu einer Messung der Schaumstruktur erweitert werden, welche Aussagen zu Porosität und Anzahl an Gasblasen ermöglicht. Damit soll es in Zukunft möglich sein, die Produktqualität von feinen Backwaren während des Aufschlagprozesses noch gezielter mittels Ultraschall zu überwachen und gegebenenfalls regelnd einzugreifen.

Danksagung

Das IGF-Vorhaben AiF 18238 N der Forschungsvereinigung Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI), Godesberger Allee 125, 53175 Bonn, wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Besonderer Dank gilt Herrn Rüdiger Jank, Kuchenmeister GmbH, für die Leitung des projektbegleitenden Ausschusses.

Autoren

Michael Metzenmacher, Dominik Geier*, Prof. Dr. Thomas Becker: Lehrstuhl für Brau- und
Getränketechnologie, TU München, Freising
E-Mail: dominik.geier@tum.de
* korrespondierender Autor