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b+b-2018-06-Die Finger des Bäckers

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Mehr Automatisierung des Produktionsprozesses erfordert die Implementierung von bäckerischem Know-how. Die weltweit agierende, europaweit produzierende
Bäckereimaschinengruppe Kaak geht dabei ganz neue Wege.

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Die Maschinenbaugruppe, deren Hauptquartier sich im niederländischen Terborg befindet, präsentierte auf der iba den Prototyp einer neu entwickelten Technologie namens „Dough Sense“, was so viel wie „Teigwahrnehmung“ bedeutet. Ziel der Technologie ist es, mit Sensoren eine Rückmeldung über die Teigqualität in Echtzeit zu ermöglichen, ähnlich der Information, die ein Bäcker erhält, wenn er mit seinen Fingern den Teig drückt und fühlt.

Um dem Eindruck nahezukommen, nutzt der Prototyp einen leichten Luftstoß, eine Kamera und einen Laser, der die Höhe des Teiges vor und nach dem leichten Luftstoß misst. Derzeit wird der Teigwahrnehmer im Bereich „Gären“ getestet. Dabei misst er am Anfang, in der Mitte und am Ende einer Gärphase. So bekommt man Werte für die Deformation und das Entspannungsverhalten des Teiges. Aus den derart erzielten Daten errechnet der „Teigwahrnehmer“ die Elastizität und Viskosität und daraus die viskoelastischen Eigenschaften des Teiges.

Betreibt man diese Messungen kontinuierlich, erhält man auch kontinuierliche Werte über das Teigverhalten in Echtzeit. Veränderungen und Abweichungen werden identifiziert und als Alarm an den Linienbetreiber weitergegeben, der Rezept des Teiges oder das Klima in der Gärkammer entsprechend anpassen kann.

Derzeit wird der „Teigwahrnehmer“ in der Gärphase getestet, grundsätzlich aber, so Kaak, kann das Verfahren in jedem anderen Prozessschritt eingebaut werden, wo der Weitertransport des Teiges für wenige Sekunden gestoppt werden kann. Setzt man ihn an verschiedenen Stellen im Prozess ein, lassen sich damit auch verschiedene Einflussfaktoren auf die Veränderung der Teigqualität identifizieren, egal, ob rezepturbedingt oder in Abhängigkeit von Prozessparametern.

Zurzeit wird die Technologie getestet, weitere Tests mit verschiedenen Rezepturen und Prozessbedingungen sind geplant. Insbesondere soll untersucht werden, ob und wie die Entwicklung glutenfreier Teige damit erfasst werden kann. Auch der Einfluss einer irregulären Ausformung des Teiges bzw. seiner Positionierung in der Brotform steht auf dem Forschungsprogramm.

Noch steht die Entwicklung der Technologie am Anfang. Aber es ist ein erster Schritt, um die Konstanz von Qualität und Effektivität über Chargen und Produktionszeiten hinweg wirklich zu garantieren. Die Forscher und Entwickler haben noch einen langen Weg vor sich, bevor daraus ein praxistaugliches Verfahren für alle Teigarten und Prozesse wächst. Aber jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt.

iba Statement
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Norbert Lötz, Geschäftsführer Produktion und Technik, Harry-Brot GmbH

Ich seh die iba durchaus differenziert. Die Messe hat sich weitgehend zu einer internationalen technischen Messe für Großbetriebe entwickelt. Über Aufbau und Organisation kann man immer streiten. In manchen Hallenecken bekamen Anbieter kaum etwas von der Besucherfrequenz ab. Wie erwartet hatte nahezu jeder Stand „Industrie 4.0“ plakatiert, aber bei näherem Hinsehen stellte sich raus, dass nur die Marketingleute sich damit beschäftigt hatten und tiefergehende Fragen nicht beantwortet werden konnten. Wenn es überhaupt Lösungsansätze gab, dann isoliert für einzelne Maschinen und Anlagen, aber nicht für eine durchgängige Vernetzung. Vielleicht könnte da der Blick in andere Industriezweige weiterhelfen.

Ich schätze sehr, dass man auf der Messe gute Gespräche führen und auch verschiedene Gesprächspartner für Projekte an einen Tisch holen konnte. Das hilft sehr. Man hat auch gemerkt, dass sich die Zulieferanten im Vergleich zur iba 2015 deutlich intensiver mit dem Thema Hygiene und Reinigung beschäftigt haben. Da gab es beispielsweise bei einzelnen Firmen einen deutlichen Sprung nach vorne.

Ebenso erfreulich fand ich, dass sich einige – wenn auch nur wenige – Firmen mit der Frage beschäftigen, wie man Bediener im Vorfeld anlernt, wie mit Störungen umgegangen werden sollte, wie Fehler gefunden werden können und wie Support „light“ funktionieren kann, ohne dass ein Monteur kommen muss. Dabei ist Mitarbeiterkompetenz der entscheidende Schlüssel. Und diese Art der Unterstützung werden wir bei Harry stärker in den Fokus stellen.

Mit eher gemischten Gefühlen hab ich gesehen, dass sich immer mehr Anbieter auf Turn-Key-Projekte konzentrieren. Erstens leben wir in Zeiten eines Mangels an guten Projektleuten und zweitens ist nicht jeder Anbieter in allen Disziplinen gleich gut. Für uns sind Turn-Key-Projekte eher nichts, aber vielleicht sind die im Export gefragt.