Sekundärtugenden wie Bedienerfreundlichkeit, Hygiene, Robustheit und Arbeitssicherheit werden im Bäckereimaschinenbau immer wichtiger. Beispiel: Laminier- und Aufarbeitungsanlagen von Rademaker.
Dass eine Anlage heute das gewünschte Produkt in der gewünschten Qualität liefert, unabhängig davon, ob die nun gering oder hoch ist, gehört heute zu den Selbstverständlichkeiten oder auch zu den K.O.-Kriterien. Wer als Backwarenlieferant Liefersicherheit und Kostenführerschaft bieten muss – und angesichts der hohen Konzentration der Absatzstrukturen in Handel und Foodservice gelten diese Kriterien weltweit –, der sucht bei Investitionsentscheidungen seinerseits nach Qualität, Effizienz in Form von hoher Verfügbarkeit, möglicherweise auch nach Flexibilität, wenn die Kontrakte nicht sehr lange laufen, und kalkuliert die Cost of Ownership.
Weniger Ersatzteile sind nur ein Punkt auf dieser langen Liste. Inzwischen hat allerdings auch der Zahlenverliebteste begriffen, dass das keine reine Definitions- oder Rechenaufgabe ist, sondern in der Praxis von vielen Details abhängt, nicht zuletzt davon, wie Bediener und Reinigungspersonal mit der Anlage klarkommen.
Man kann darüber streiten, ob es daran liegt, dass es immer weniger ausgebildete Leute gibt oder ob die dazu fähigen lieber nicht in dieser oder jener Bäckerei arbeiten möchten. Fakt jedoch ist, dass immer weniger professionelles Personal zur Verfügung steht. Das gilt in Industrieländern ebenso wie in Ländern, in denen es keine strukturierte Ausbildung für Mitarbeiter in der Backwarenproduktion gibt.
In der inzwischen auf 30 Mitarbeiter angewachsenen Entwicklungsabteilung von Rademaker im niederländischen Culemborg hat man sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dieser Entwicklung beschäftigt. Die Ergebnisse sind beeindruckend.
Früher hatten die Sigma Laminierlinien von Rademaker 21 verschiedene Antriebe, heute sind es noch acht unterschiedliche. Entsprechend geringer ist der Aufwand für vorgehaltene Ersatzteile und weil sie alle ähnlich gebaut sind, fallen auch die Anforderungen an die kundeneigenen Techniker geringer aus. Das ist nur ein Beispiel von vielen, denn der niederländische Anlagenbauer hat schon vor Jahren damit begonnen, seine Laminier- und Aufarbeitungstechnik anhand eines umfangreichen Kriterienkatalogs – der auf den Erfahrungen im Austausch mit dem Kunden beruht – zu überarbeiten.
Wenn auf einer Aufarbeitungslinie beispielsweise ein Produktwechsel durchgeführt wird, müssen in aller Regel einzelne Bearbeitungseinheiten ausgetauscht werden. Was ausgetauscht werden muss und wie das zu passieren hat, ist jetzt mit den Rezepturen in der Steuerung hinterlegt, die dem Bediener in einfachen, verständlichen Bildern sagt, was wo zu tun ist. Die Positionen, wo ein Werkzeug exakt hingehört, werden angezeigt und können mit den Markierungen am Rahmen der Linie abgeglichen werden. Falls notwendig, ist auch die Laufrichtung gekennzeichnet. Alle zum Wechsel zu lösenden Verschlüsse sind gleich und einfach zu lösen, umgekehrt muss jedes neu eingesetzte Teil erst richtig positioniert werden, bevor es in Betrieb gehen kann.
Alle Tools sind ohne Werkzeug einfach auszutauschen
Zum Beispiel lassen sich mehrere Faltschuhe durch wenige Bewegungen voreinstellen. Für ein neues Produkt, bei dem weniger Werkzeuge im Einsatz sind, können diese Faltschuhe von der Welle abgezogen werden.
Bei mechanischer Verstellung eines Werkzeuges, etwa eines Spaltes, steht nicht nur auf dem Bildschirm, in welche Position das Werkzeug gehört – eine Lochreihe, in die der Hebel einrasten muss, sichert zusätzlich. Auf Wunsch lässt sich zur Überprüfung all dieser Veränderungen auch Sensortechnik einbauen, doch vorerst, so Jan van de Grift, Leiter F+E bei Rademaker, „geht es darum, den ersten Schritt zu tun, Werkzeugabstände reproduzierbar zu machen und die Fehlerquoten zu senken. Die werden zwar nicht unbedingt absichtlich gemacht, aber sie kosten Zeit und Geld.“
Eher der Bedienerfreundlichkeit und Arbeitssicherheit dient der Umstand, dass beispielsweise Guillotinen, Hacker oder Stanzwerkzeuge seitlich aus ihren Positionen gezogen und abgelegt werden, statt dass sie wie in der Vergangenheit von zwei Mitarbeitern über die Linie gehoben werden. Einmal seitlich rausgezogen, lassen sie sich wegtragen oder auf eigens dafür vorgesehene Werkzeugmobile ablegen. Generell gilt dabei, dass die einzelnen Teile nicht mehr wiegen, als für die Stabilität und den im Zweifel auch mal nicht ganz sachgemäßen Umgang tatsächlich notwendig ist.
Um die Vermeidung von Fehlern geht es auch bei der Hygiene. Dass Gestellkanten abgerundet, Oberflächen schmutzabweisend und so geneigt sind, dass sich dort weder Schmutz noch Wasser sammeln kann und Anlagenfüße nicht mehr als Schmutzfallen ausgelegt sind, ist in der fleischverarbeitenden Industrie seit Jahren Stand der Technik, ebenso wie die komplette Nassreinigbarkeit. Zunehmend gehören auch solche Anforderungen zum Standardkatalog einer Ausschreibung in der Bäckereibranche.
Rademaker hat an weiteren Details gefeilt. Umlenkrollen für die Transportbänder beispielsweise werden nicht mehr fest montiert, sondern sind mit zwei Handgriffen zu lösen und herausnehmbar, sodass auch dahinter gereinigt werden kann. Ebenso lassen sich die Paneele unter den Bändern anheben und herausnehmen, ohne dass man hinterher lange überlegen muss, wo welches hingehört, sie sind klar markiert.
Natürlich gibt es auch für die Reinigung detaillierte Instruktionsvideos auf dem Bedienerbildschirm und die empfohlene Reinigungs-Reihenfolge muss nicht nur abgehakt werden, sondern dokumentiert diese Quittung mitsamt Zeitstempel, sodass auch die Kontrolle der Reinigungsintervalle möglich ist. Dabei hilft, dass die Antriebsketten durch einfach zu reinigende Zahnriemen ersetzt wurden und Lager dauerhaft lebenslang geschmiert sind. Ohnehin haben Food Safety und Sustainability durch die Auswahl der Materialien heute ein deutlich höheres Gewicht, weil auch sie über Anlagenverfügbarkeit und Kosten mitentscheiden.
Die vertikale Öffnung der Abdeckungen fordert deutlich geringeren Kraftaufwand von den Bedienern