Vor ein paar Jahren wurde Oripan, ein Softwarehaus, das eine erste Industrie-4.0-Installation vorzuweisen hat, Teil der Sancassiano-Gruppe. Bei der Hardware ist es vor allem der neue Hebekipper von Sancassiano, der auffällt.
Der Kryos-Kneter mit Kühlmantel und festem Knetbottich wurde entwickelt für Tiefkühlbackwaren, besonders feste Teige und solche, die sensibel auf steigende Teigtemperatur reagieren. Obendrein kann er mit Druck oder Vakuum beaufschlagt werden, sodass auch ein Chorleywood-Prozess darin ablaufen kann
„Der Trend in der weltweiten Backwarenindustrie“, so Andrea Agosti, einer der vier Minderheitseigner des italienischen Kneterherstellers Sancassiano und dort als Area Manager tätig, „geht zu hohen und differenzierten Produktqualitäten und damit zu präzise definierten Anforderungen an die Knettechnologie.“ Das Wachstum für das eigene Unternehmen sieht Agosti denn auch weniger in der kontinuierlichen Teigherstellung, auch wenn Sancassiano mit einem eigenen Kontikneter auch diesen Markt bedient.
Das größere Augenmerk legen die Kneterspezialisten aus dem italienischen Roddi bei der Hardware stattdessen auf Entwicklungen differenzierter Knetertypen wie den Kryos, der speziell für Teige gebaut wird, die keine große Wärmeentwicklung erleben sollen. Andere Beispiele sind der GRE (Revo) für Keksteige und feste Massen oder die neue Generation von Planetenmixern. Die wichtigste Neuheit aber ist der im vergangenen Jahr auf den Markt gebrachte neue Hebekipper, bei dem die Geschwindigkeit, die Fallhöhe und der Entleerungswinkel auf die Erfordernisse jedes einzelnen Teiges programmiert werden. Alle vier werden im September dieses Jahres auf der iba in München zu sehen sein.
Der Hebekipper ist ein Beispiel dafür, dass vermeintlich marginale Veränderungen durchaus positive Resultate zeigen können, so Agosti. In Abhängigkeit vom Teig können die Geschwindigkeit der Teigübergabe, die Fallhöhe und das Tempo des Teigflusses aus dem Kipper programmiert werden. Gewählt werden kann zudem, ob und wann beim Entleeren ein Schaber den Prozess unterstützt. Dazu passend gibt es für artisanale Produkte einen Trichter, der den Teig in großen Stücken an die weiterverarbeitende Linie abgibt, ohne ihn zu entgasen. Alles zusammen, so Agosti, reduziert die Belastung vor allem für lang fermentierte Teige mit hoher Teigausbeute.
Seit 2010 die Designrichtlinie „Genesi“ bei Sancassiano in Kraft trat, werden alle Kneter in Roddi so gebaut, dass die fahrbaren Bottiche zwischen allen Knetertypen austauschbar sind. Die Knetwerkzeuge sind ohne sichtbare Schrauben und Bolzen im Kneterkopf montiert und so abgedichtet, dass auch die Kneterkammer mit dem Hochdruckreiniger bearbeitet werden kann. Zwecks weniger Verschmutzung und einfacher Reinigung wurden den Knetern zudem Bodenfreiheit und schräge statt waagerechte Oberflächen verordnet.
Sancassiano S.p.A.
www.sancassiano.com Halle A5, Stand 231
Die neue Generation der Planetenmixer, neu konzipiert für eine verbesserte Anbindung an weiteres Equipment
Ein Kneter für Kekse, Cup Cakes, Cracker und Massen, in denen keine oder nur eine geringe Glutenentwicklung stattfinden soll
Alle Getriebe sind aus dem Kopfbereich der Kneter verbannt und in den rückwärtigen Bereich verlegt, um einen höheren Grad an Produktsicherheit ohne Öl auf dem Teig zu gewähr-leisten. Die Spiral-, Doppelspiral- und Revokneter übertragen die Kraft mittels eines Umrichters (Inverter). In allen Fällen ist die „wash down“-Fähigkeit von Werkzeug und Kneterkopf gesichert. Ist der gesamte Kneter aus Edelstahl gefertigt, gilt dies sogar für die komplette Maschine.
Eine Ausnahme von der Bottichtauschmanier ist der Kryos, ein Kneter, der mit feststehenden Bottichen arbeitet, die ein Kühlmantel umgibt. Mit senkrechten Knetwerkzeugen ähnlich dem Hydra eignet sich der Kryos besonders gut für feste Teige mit einer TA unter 155 wie Brezel- oder Bagel-Teige, aber auch für TK-Produkte wie auch Croissant-, Danish- oder Blätterteige. Dank des für Temperierung sorgenden Doppelmantels lassen sich Teigtemperaturen von 14–16 °C halten. Da der Kneter auch mit Vakuum oder Druck beauf-schlagt werden kann, lässt sich mit diesem Kneter auch nach dem Chorleywood-Prinzip kneten. Das, so Agosti, ist einer der Gründe, warum der Kryos besonders in Ländern gefragt ist, die in anglo-amerikanischer Backtradition stehen und in der Vergangenheit häufig mit Sponge-Vorteigen gearbeitet haben.
Aus einem ganz anderen Arbeitsgebiet kommt der Revo-Mixer. Sancassiano hat ihn speziell für Keks- und Crackerteige, dicke Massen und solche Teige entwickelt hat, in denen wenig oder keine Glutenentwicklung stattfindet. Auch der Markt für diese Produkte steigt und damit auch die Nachfrage nach diesem Mixertyp, so Agosti, nicht zuletzt, weil die Maschine vom Schneidwerkzeug bis zum Schneebesen ein breites Spektrum an Werkzeugen einsetzen kann.
Ein Diskussionsthema auf dem iba-Stand dürfte auch jene Entwicklung sein, die Sancassiano bereits vor etlichen Jahren mit dem Eintritt von Oripan in die Gruppe angeschoben hat. Mit Unterstützung von Staat und Wissenschaft startete Oripan ein ambitioniertes Projekt, das Produktionsprozesse und Anlagenteile verbindet und integriert entsprechend den Standards von Industrie 4.0.
Der neue Hebekipper von Sancassiano: Wie der Bottich entleert werden soll, wird vorher mit der Rezeptur programmiert
Die Daten stellt das System den Kunden in unterschiedlichen Aufbereitungsstufen zur Verfügung. Dem Bediener der Linie zeigt es anhand eines Guides, was wo passiert und wo möglicherweise Aktion von ihm notwendig wird, dem Produktionsmanagement stehen die Daten zur Einbindung in das Manufacturing Execution System (MES) und zur Verknüpfung mit dem Enterprise Resource Planning System (ERP) zur Verfügung etc. Agosti: „Uns geht es darum, dass unsere Kunden über die umfassende Analyse ihrer existierenden Prozesse Verbesserungspotenziale sehen und realisieren können.“ Die erste umfassende Installation ist seit gut einem Jahr in Italien in Betrieb.