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b+b-2018-04-Kontaktlose Messung der Gashaltefähigkeit

Funktionalität eines an der TUM entwickelten Analysengerätes zur kontaktlosen Höhenmessung und Bestimmung der Gasbildungsraten hefebasierter Teige

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Abildung 1: CAD-Zeichnung des Analysensystems mit 3 Fermentationsbehältern, links mit aktiven Lasern zur Oberflächenmessung und rechts im detaillierten Querschnitt

Während der Herstellung von Broten ist die Hefefermentation ein fundamentaler Schritt, welcher Brotcharakteristika wie z. B. Volumen, Porenstruktur, Aroma, Farbe und Textur beeinflusst. Basierend auf den biologischen Umwandlungsprodukten der Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) erfolgt ein Gaseintrag in die Getreideteigmatrix, welcher hauptsächlich von drei Faktoren beeinflusst wird: Hefeart, Alter der Hefezellen und das Vorkommen von Substrat (Zucker, Mineralstoffen etc.). Die Fähigkeit, das eingetragene Gas in der Getreideteigmatrix zu halten, wird allerdings maßgeblich von den eingesetzten Rohstoffen bzw. den Prozessbedingungen wie z. B. Knetzeit oder Energieeintrag während des Knetens bestimmt. In diesem komplexen System können also sowohl die eingesetzten Rohstoffe als auch die Prozessbedingungen die Produktqualität nachhaltig beeinflussen. Eine Analyse der Faktoren lässt sich im Labormaßstab üblicherweise mithilfe des Rheofermentometers durchführen. Dabei wird in einem Behälter mittels eines Stempels das Höhenwachstum der Proben über einen bestimmten Zeitraum aufgezeichnet. Dadurch wird das Oberflächenprofil der Probenmatrix möglichst gleichmäßig im Höhenwachstum beschränkt und eine genauere Bestimmung der Höhe ermöglicht, andererseits ist der Einfluss des Eigengewichtes des Stempels bzw. möglicher zusätzlicher Gewichte auf das Höhenwachstum unklar. Anhand des Gesamtdruckes der Gasphase und des Partialdruckes des Anteils der Gasphase ohne Kohlendioxid werden die Gashaltefähigkeit und der Zeitpunkt des ersten Ausgasens aus dem Getreideteig bestimmt. Damit lässt sich beispielsweise die Gashaltefähigkeit von Getreideteigen nach Variation der Rohstoffe erfassen. Jedoch ist eine Variation der Temperatur in diesem System nicht möglich und die Untersuchungen können nur bei 30 °C durchgeführt werden. Da Hefefermentationen in der Praxis meist bei anderen Temperaturen gefahren werden und die Auswirkung verschiedener Prozessparameter wie z. B. Frieren oder Backen auf die Gashaltekinetik untersucht werden sollte, wurde am Lehrstuhl Brau- und Getränketechnologie ein hochflexibles temperaturgesteuertes System zur Erfassung der Gasbildungs- und -haltekinetiken von mikrobiologisch (Hefe, Sauerteig) oder chemisch (Backmittel) gelockerten Teigen entwickelt.

Das Analysengerät (Abbildung 1) besteht aus drei Fermentern, welche sich durch ein Heiz- bzw. Kühlmedium im Doppelmantel in einem Bereich von –15 bis 150 °C temperieren lassen. Das Temperiermedium lässt sich in einem extern angeschlossenen Wasserbad einerseits konstant auf einer einstellbaren Temperatur im Bereich zwischen –15 und 150 °C halten und ermöglicht somit die Erforschung der Gasbildungsraten in hohen und niedrigen Temperaturbereichen. Andererseits lässt es sich dynamisch heizen und kühlen, sodass die Gasbildungsrate in Rampen analysiert werden kann. Maximal ist eine Aufheizung der Probe mit 4,25 °C/min möglich, sodass im genannten Temperaturbereich der Backprozess nachgestellt werden kann. Zur Kontrolle des Heiz-/Kühlprozesses sind Temperatursensoren zur Erfassung der Temperatur der Gasphase und zur Erfassung der Teigtemperatur verbaut. Das Höhenwachstum der Proben wird über die Versuchsdauer kontinuierlich von bis zu drei Lasersensoren, welche an drei Punkten in der Diagonale des Deckels des Fermenters verbaut sind, überwacht. Aufgrund des bewussten Verzichts an einem Stempel und der damit einhergehenden gleichmäßigen Beschränkung des Oberflächenprofils konnte in der Mitte der Diagonale eine höhere Teighöhe gemessen werden verglichen zu den äußeren Punkten, wie in Abbildung 1 schematisch dargestellt. Des Weiteren sind in den Fermentern Sensoren zur Erfassung des Gasphasendruckes verbaut. Das Erreichen eines frei wählbaren Gasphasendruckes ist das entscheidende Kriterium zum kontrollierten Ablassen der gebildeten Fermentationsprodukte. Zunächst wurde der Gasvolumenstrom mittels der Druckdifferenzen und der idealen Gasgleichung berechnet.

In ersten Analysen sollte die Funktionsfähigkeit der Fermenter mit gängigen Analysensystemen verglichen werden. Zunächst wurde die optimale Knetzeit und Wasserabsorption des Weizenmehles (Type 550, Rosenmühle Landshut DE) ermittelt. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde ein Teig geknetet. Die Proben enthielten einen Trockenhefegehalt (Saccharomyces cerevisae, Casteggio Lieviti IT) von 1, 2 oder 3 % zusätzlich zum Mehlanteil und jeweils 315 g der Teigproben wurden über einen Fermentationszeitraum von 3 h in den Fermentern hinsichtlich der Gasbildung und Profilhöhe untersucht und mit den Ergebnissen des stempelbasierten Systems verglichen. Im stempelbasierten Analysensystem wurden die Proben mit einer Gewichtskraft von 1 kg auf dem Stempel belastet.

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Abbildung 2: Schematischer Verlauf der Teighöhenentwicklung über den Versuchszeitraum

In Abbildung 2 ist ein schematischer idealer Verlauf der Profilhöhe über den gesamten Versuchszeitraum dargestellt. Zu Versuchsbeginn nimmt das Volumen der Proben aufgrund der Gasbildung zu. Dabei kann das Gas zu großen Anteilen in der Matrix gehalten werden. Nach einer bestimmten Zeit, abhängig von der Rohstoffauswahl und den Prozessbedingungen, sinkt das Gashaltevermögen der Matrix bei einer konstanten Gasbildungsrate. Der Teigling ist demnach nicht mehr imstande, das gebildete Gas vollständig zu halten. Sofern die Gasbildungsrate noch höher als die Gasaustrittsrate ist, kann das Volumen der Probe dennoch zunehmen. Sobald die Gasaustrittsrate die Gasbildungsrate übersteigt, verliert die Probe an Volumen. Im schematischen Verlauf in Abbildung 2 wird dies durch das Erreichen der maximalen Höhe Hmax im Versuchszeitraum gekennzeichnet, wobei die Höhe nach Erreichen des Versuchsendes als h bezeichnet wird. Der Anteil, um den die Profilhöhe nach Erreichen von Hmax anschließend gesunken ist, wird als Weakening Coefficient bezeichnet und aus dem Quotienten von Hmax-h und Hmax berechnet.

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Abbildung 3: Wachstum der Proben im Fermenter verglichen zum stempelbasierten System bei (ϑ = 30 °C, t = 3 h, wHefe = 2 %)

Die konstruierten Fermenter sind im Vergleich zum Behälter des stempelbasierten Systems mit einem um 2 cm geringeren Durchmesser ausgestattet. Aus diesem Grund verzeichnen die Proben im Fermenter größere Profilhöhenzunahme und können somit z. B. bei verschiedenen Rohstoffen besser unterschieden werden. Die charakteristischen Kennzahlen Hmax und der Weakening Coefficient wurden durch eine Multiplikation mit der jeweiligen Querschnittsfläche ergänzt und über die Volumenänderung berechnet. Dadurch werden die maximalen Volumina bzw. das prozentuale Abschwächen des Volumens nach Erreichen des maximalen Volumens errechnet, um somit eine bessere Vergleichbarkeit zwischen den Systemen zu gewährleisten.

Bei Betrachtung der maximalen Teigvolumina in Abbildung 4 A wird ein Unterschied zwischen dem stempelbasierten System und den Fermentern trotz gleicher Temperaturbedingungen und Versuchslaufzeit deutlich. Die Proben in den Fermentern zeigten bei allen Trockenhefegehältern ein höheres maximales Volumen und wiesen zudem mit steigendem Trockenhefegehalt eine geringe steigende Tendenz auf. Im stempelbasierten System konnte mit steigendem Trockenhefegehalt keine Steigerung des Probenvolumens festgestellt werden. Im Fermenter, in welchem lediglich der Druck der Gasphase von maximal 0,05 bar auf das Oberflächenprofil einwirkt, konnte eine steigende Tendenz der Probenvolumina mit steigendem Hefegehalt festgestellt werden. Auch anhand des in Abbildung 4 B dargestellten Weakening Coefficients kann ein Einfluss zusätzlicher Gewichte bzw. des Stempels auf die Entwicklung des Höhenprofils verzeichnet werden. Die Weakening Coefficients wurden zur besseren Vergleichbarkeit mit umgerechneten Volumina aufgrund des geringeren Durchmessers der Fermentationsbehälter berechnet. Für das stempelbasierte System konnte ein deutlich stärkeres Einsinken der Proben nach Erreichen des maximalen Probenvolumens gemessen werden. In der Praxis können demnach die Messgrößen maximale Teigvolumenzunahme und Weakening Coefficient im Fermenter realitätsnäher dargestellt werden.

Über den Versuchszeitraum von drei Stunden kann im Teigling nicht das komplette gebildete Gas gehalten werden. Aus diesem Grund findet eine kontinuierliche Überwachung des Gasphasendrucks über den gesamten Versuchszeitraum statt. Das Erreichen eines frei einstellbaren Gasphasendrucks, in diesem Fall Δp = 0,05 bar, dient als Kriterium zur Öffnung der Magnetventile und zum Ablassen der Atmosphäre bis zum Erreichen des Umgebungsdrucks. Dabei kann das Gasphasenvolumen über die jeweiligen Druckdifferenzen, Temperaturen und Zusammensetzungen berechnet werden. Über die optische Höhenkontrolle lässt sich das im Teigling enthaltene Gasvolumen während der Wachstumsphase oder das aus dem Teigling ausgetretene Gasvolumen errechnen.

Auf der anderen Seite wurde in zahlreichen am Institut durchgeführten Versuchen mit stempelbasierten Systemen eine maximale Gasproduktion im Bereich zwischen 1.500 und 1.600 ml, unabhängig von Substratverfügbarkeit und Hefegehalt, festgestellt, was auf eine methodenbedingte Limitierung hinweist. Dieser Umstand sollte im neuen Fermentationssystem mit geringerer Druckeinwirkung überprüft werden. In Abbildung 5 sind die gesamten gemessenen Gasvolumina der beiden Messsysteme für die genannten Proben dargestellt. Für die Proben mit wHefe = 1 % wurden im stempelbasierten System und im Fermentationsbehälter nahezu identische Gasvolumina erfasst. Mit steigendem Trockenhefegehalt konnte jedoch eine steigende Tendenz der Gasproduktion im Fermentationsbehälter festgestellt werden, während im stempelbasierten System das Gasvolumen zwischen 2 % und 3 % Trockenhefegehalt keine Unterschiede aufwies. Dies lässt einen methodischen Einfluss der bisherigen Gerätschaft auf die Ergebnisse vermuten. Hierdurch könnten Ergebnisse in Abhängigkeit von Veränderungen der Rezepturen oder Prozessparameter beeinflusst werden.

Letztlich konnte nicht durch den Stempel bewiesen werden, dass die genannte Limitierung durch die Druckeinwirkung auf die Probe induziert wird, jedoch zeigt die steigende Tendenz der Gasvolumina im Fermentationsbehälter, dass das Fehlen der Druckeinwirkung auf den Teigling in einer höheren Gasproduktion resultiert. Zur genaueren Untersuchung der Gasvolumina werden die Fermentationsbehälter um einen CO2-Detektor und einen Volumenstromdurchflusszähler ergänzt.

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Abbildung 4: Vergleich der maximal erreichten Probenvolumenzunahmen (A) und der Weakening Coefficients (B) zwischen Rheofermentometer und Fermenter für verschiedene Hefegehalte

Insgesamt konnte einerseits eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu stempelbasierten Systemen für die Versuchsreihe festgestellt werden. Das Fehlen zusätzlicher Gewichte, welche auf die Probe einwirken, ermöglicht eine realitätsnähere Analysemethode der Teigentwicklung und Fermentation, was durch die kontaktlose Distanzmessung der Oberflächenprofile der Proben ermöglicht wurde und mit den Fermentationsbehältern in den Kennzahlen Vmax und Weakening Coefficient verglichen zum stempelbasierten System gezeigt wurde. Eine gleichmäßige Verteilung des Temperiermediums über alle Behälter konnte durch eine Aufnahme der Temperatur im Ablauf der Behälter sowie der Proben und der Gasphase überprüft werden. Dadurch ist die Möglichkeit einer simultanen Dreifachbestimmung unter stetiger Kontrolle der Fermentationsbedingungen in allen Fermentationsbehältern gegeben. Dies resultiert in einer Zeitersparnis, durch welche entweder eine höhere Anzahl an Versuchen durchgeführt werden kann oder eine schnellere Verfügbarkeit der Ergebnisse ermöglicht wird.

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Abbildung 5: Gebildete Gasvolumina über den gesamten Versuchszeitraum in Fermentern und dem stempelbasierten System in Abhängigkeit zum Trockenhefegehalt

In weiteren Versuchen werden die Gasbildungsraten in extremen Temperaturbereichen sowie mithilfe dynamischer Temperaturvariationen untersucht, um ein genaueres Gesamtbild der Einflüsse der Prozessparameter und der Rohstoffauswahl auf die Produktqualität während des Backens bzw. des Frostens oder der Gare zu erhalten. Durch den Aufbau der Fermenter können auch Fluide wie z. B. reine Hefesuspensionen isoliert und somit ohne störende Einflüsse von Teigmatrices betrachtet werden. Durch die Bandbreite an Parametervariation werden mit diesem entwickelten Analysengerät demnach branchenübergreifende Untersuchungen zur Optimierung unterschiedlicher Prozessparameter ermöglicht.