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b+b-2018-02-50 Filialisten – nahezu flächendeckend

Wer ist wo und wo ist wer – bezogen auf die 50 größten Bäckereifilialisten Deutschlands lässt sich das jetzt beantworten. Die Redaktion von brot+backwaren hat die Fakten akribisch recherchiert und grafisch dargestellt.

Wenn Sie heute auf der Straße Verbraucher fragen, wer der größte Bäckereifilialist in Deutschland ist, lautet die Antwort vermutlich Kamps. Kein anderer hat es bundesweit je zu ähnlicher Medienpräsenz gebracht. Dabei liegt das Unternehmen, das heute zur französischen Groupe Le Duff gehört, längst im Mittelfeld. An der Spitze der Bäckereifilialisten in Deutschland residieren mit deutlichem Vorsprung dagegen gleich zwei Betriebe der Edeka-Familie. Aus dem Südwesten bis rauf in die Rhein-Main-Region reicht das Netz von K&U, einer Tochter der Edeka Südwest mit rund 800 Filialen unter Namen wie Backkultur, Backtreff und BeckerKult. Von der holländischen bis zur polnischen Grenze quer über Deutschland liegt das Reich von Schäfers, einer Tochtergesellschaft der Edeka Minden-Hannover, die ihre Läden unter dem Namen „Schäfer’s“ oder „Edeka“ betreibt, in Berlin auch noch unter „Thürmann“, eine einheitliche Firmierung unter „Schäfer’s“ ist geplant. Beide großen Edeka-Filialnetze basieren überwiegend auf Franchise.

Auch die übrigen Edeka-Regionalgesellschaften sind nicht „bäckereilos“. Zur Edeka-Rhein-Ruhr gehört die Bäckerei Büsch mit Sitz in Kamp-Lintfort und 183 Filialen, zur Edeka Nord die Bäckerei Dallmeyers Backhus, zu deren Filialnetz 103 Standorte gehören, die vorwiegend aus der Produktion in Hohenwestedt versorgt werden. Gemeinsam mit der Edeka Südbayern, der die Gaimersheimer Bäckerei Wünsche mit 276 Standorten gehört, bringt die gesamte Edeka-Gruppe es bundesweit auf insgesamt 2.106 Filialstandorte, siehe Karte Seite 73.

Bundesweit ist ein anderes Stichwort. Dazu gibt es nur vier Namen: Kamps Bäckereien mit Backstuben (ohne die Keimzelle des Unternehmens Kamps Bäckereien in NRW), die Heberer-Gruppe mit Stammsitz in Mühlheim am Main und schließlich die beiden ursprünglichen Backwarendiscounter BackWerk und BACKFACTORY. Beide verdienen ihr Geld heute zu mehr als 90 % als Gastronomen, gleichwohl bieten sie nach wie vor pure Backwaren zum Mitnehmen an und ein großer Teil ihres gastronomischen Angebotes basiert auf Backwaren. Auch die Standorte dieser vier Ketten haben wir in einer gesonderten Karte zusammengefasst, siehe Karte Seite 72. Dass wir nach längerer Diskussion die beiden Discounter in der Übersicht gelassen haben und neben den vier bundesweit agierenden Unternehmen weitere 50 Filialisten aufführen wollten, hat dazu geführt, dass es am Ende 54 geworden sind, die wir darstellen können.

Methodik

Um diese Übersichten zu erstellen, haben wir die von uns zuvor anhand diverser Kriterien als große Filialisten identifizierten Unternehmen gebeten, uns eine Liste ihrer Filialstandorte zukommen zu lassen. Wer das nicht wollte, bekam eine von uns recherchierte Liste der Filialstandorte mit der Bitte um Stellungnahme. Es war eine angenehme Erfahrung festzustellen, dass für die Mehrheit der angesprochenen Betriebe Transparenz kein Fremdwort ist und dafür gebührt Ihnen tief empfundene Hochachtung, denn derlei Offenheit ist keine Handwerkstradition. Wir danken Ihnen, dass Sie so kooperativ mit uns zusammengearbeitet haben. Wer das nicht wollte oder konnte, den finden Sie mit einem Sternchen (*) in der Legende und einer von uns nach bestem Wissen und Gewissen recherchierten Standortliste dargestellt, für die wir auf Daten aus den Firmen-Websites oder aus dem Telefonbuch zurückgegriffen haben. Die beiden Edekaner an der Spitze gehörten leider auch zu denen, die sich zierten, sodass wir auch hier auf die Standortkarten auf ihren Websites zurückgreifen mussten.

Noch eine Anmerkung – die Zahl der Standorte ist nicht in Stein gemeißelt. Die Unternehmenskommunikation der Edeka Südwest benennt 805 Filialen, deren Standortkarte zeigt aber nur 798. Ähnlich marginale Differenzen gab es auch bei dem ein oder anderen unkooperativen Haus. An der grundsätzlichen Aussage über die Verteilung der Filialnetze über das Gebiet der Bundesrepublik ändert das aber nichts.

Last but not least – wir haben uns redlich bemüht, die Zahlen und Daten zu recherchieren. Selbstverständlich sind wir nicht davor gefeit, Fehler zu machen, für die wir uns im Zweifel bereits im Vorwege entschuldigen, und leider müssen wir anmerken, dass wir für die Richtigkeit der Daten juristisch betrachtet keine Gewähr übernehmen können.

Das Ergebnis dieser Recherche bedarf eigentlich keiner großartigen Erklärung. Die hier erfassten großen Filialketten mit den insgesamt 9.654 Standorten sind bundesweit nahezu flächendeckend vertreten. Weiße Flecken gibt es bestenfalls noch in Mecklenburg-Vorpommern, Ostfriesland und den nördlichen Zipfeln von Brandenburg und Schleswig-Holstein, aber auch das hat seinen Grund. Die Regionen sind nicht sonderlich dicht besiedelt.

Man kann darüber streiten, wie viele aktive Backbetriebe es in Deutschland noch gibt. Siehe dazu auch den Kasten über die neuesten Zahlen der Umsatzsteuerstatistik auf Seite 31. Ganz sicher aber ist, dass es neben und zwischen diesen großen Filialnetzen, die wir auf den Seiten 32/33 in einer Gesamt-
übersicht und auf den Seiten 34 bis 71 in einzelnen Grafiken darstellen, noch ein paar Tausend Betriebe gibt, die zwar an der Zahl der Filialstandorte gemessen kleiner sind, aber nicht unbedingt weniger bedeutend für den lokalen Markt und vor allem auch nicht weniger erfolgreich.

Umsatzsteuerstatistik 2016

Vorab sei gesagt, dass diese Statistik unter einem Systemfehler leidet. Sie vergleicht Äpfel mit Birnen. Gezählt wird der für die Umsatzsteuer gemeldete Umsatz der Betriebe, egal, ob das nun ein Umsatz zu Endverbraucherpreisen ist wie in einer Bäckereifiliale oder ein Umsatz zu Fabrikabgabepreisen wie bei den Industriebetrieben. Um auf den vergleichbaren Endverbraucherpreis zu kommen, müsste man Groß- und Einzelhandelsspannen dazuaddieren. Außerdem pushen bei den Bäckereifilialen Getränke und Handelswaren die Umsätze unerheblich nach oben.

Eine zweite Verzerrung zumindest der Durchschnittszahlen basiert auf der Tatsache, dass alle Betriebe mitgezählt werden, die Umsatz melden, selbst wenn der bei weniger als 100.000 € im Jahr liegt. Das sind immerhin 1.920 der aufgeführten Betriebe in der Kategorie „unter 1 Mio. € Jahresumsatz“. Selbst viele jener 2.773 Unternehmen, die beim Finanzamt 2016 einen Jahresumsatz zwischen 100.000 und 250.000 € pro Jahr deklarierten und es im Durchschnitt gerade mal auf 171.000 € Jahresumsatz brachten, können kaum als Vollerwerbsbetriebe durchgehen.

Lässt man die systemimmanente Unwucht der Umsatzerhebung außer Acht, so wuchs der Umsatz der Gesamtbranche im Jahresvergleich 2015/2016 um 1,9 % auf 20,13 Mrd. €. Die Inflationsrate in Deutschland lag 2016 knapp unter einem halben Prozentpunkt, sodass man durchaus von einem realen Wachstum für die Branche sprechen kann. Fragt sich nur, für wen.

Die Gruppe der fünf Großbetriebe mit einem Jahresumsatz von mehr als 250.000 € pro Unternehmen war es nicht. Ihr gemeinsamer Umsatz sank von 3.002,71 Mio. € (2015) auf 2.934,15 Mio. € (2016). Allerdings ging dieses Minus größtenteils auf das Konto der Lieken AG.

Die sowohl 2015 wie 2016 gezählten 38 Betriebe aus mittelständischen Industriebetrieben und Großfilialisten, deren Jahresumsatz zwischen 50 und 250 Mio. € ausmachte, standen 2015 für 17,55 % des Marktes, 2016 waren es nur noch 17,41 %. In absoluten Zahlen wuchs ihr gemeinsamer Umsatz allerdings um 38,03 Mio. €, was einem Plus von 1,1 % entspricht und somit noch über der Inflationsrate von einem halben Prozentpunkt lag.

Betriebe mit einem individuellen Umsatzvolumen von 1 bis 10 Mio. € gewannen 2016 ein Viertelprozent Marktanteil dazu. Absolut fiel ihr gemeinsamer Umsatz 2016 um 2,8 % höher aus als 2015. Allerdings mussten sie das Plus mit 40 Neuzugängen in der Kategorie teilen, sodass am Ende eine Erhöhung des Durchschnittsumsatzes um rund 4.000 € pro Betrieb und Jahr übrig blieb.

Die „Absahner“ kamen 2016 aus dem Mittelfeld der Backbetriebe mit Jahresumsätzen zwischen 10 bis 50 Mio. €. Ihre Zahl wuchs um 11 auf 255 Unternehmen, ihr gemeinsamer Marktanteil um 1,26 % auf 25,34 % und ihr Durchschnittsumsatz um etwas mehr als eine halbe Mio. € auf 20 Mio. €/Betrieb und Jahr. Prozentual ist das allerdings auch nur eine Steigerung um 2,6 %.

9.387 Backbetriebe, die im ganzen Jahr 2016 jeweils weniger als eine Million € umsetzten, lagen 2016 nur noch bei einem Marktanteil von 14,54 %. Ihre Anzahl sank von 2015 auf 2016 um 413. Davon machten 362 die Türen für immer zu, 51 schafften den Sprung in die nächsthöhere Umsatzklasse.

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f2m-bub-18-02-marktmacher-umsatzsteuerstatistik