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b+b-2018-01-Vakuum vor dem Schocken

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Immer mehr Betriebe nutzen die Vakuumkonditionierung von Backwaren, um die Frische zu verlängern. Fredy Hiestand nutzt sie vor dem Schockfrosten von halbgebackenen Produkten.

Fredy Hiestand ist ein Urgestein der Backbranche, mindestens im deutschsprachigen Teil der Schweiz, vermutlich auch weit darüber hinaus. In den 80er Jahren galt er als „Gipfelkönig“ und hat darauf einen weltweiten Konzern aufgebaut. Statt sich nach dem Verkauf seiner Anteile zur Ruhe zu setzen, gründete der heute 74-Jährige eine neue Bäckerei. In Baden bei Zürich produziert „fredy‘s“ auf 3.000 m2 überwiegend TK-Ware der Spitzenklasse für Großabnehmer mit garantiertem MHD zwischen 90 und 180 Tagen. Frisch gehen maximal 5 % der Produktion vom Hof. Gemeinsam mit seinem Betriebsleiter Marcel Baumgartner hat er 2017 in Vakuumzellen von Cetravac investiert.

Sie haben lange überlegt und getestet. Baumgartner: „Ich kenne alle Anbieter und habe mit verschiedenen praktische Erfahrungen gemacht. Entscheidend für uns war, dass dieses Verfahren weniger Feuchtigkeit aus den Gebäcken zieht.“ Seit Januar 2017 nutzt er eine Ein-Wagen- Vakuumkammer für Gipfel, Plunder, Käsekuchen, Rüeblitorte, Tartelettes etc., seit Mai zusätzlich eine Doppelkammer für Softbrote, Kastenbrote und Kilobrote. Baumgartner: „Wir haben unser Sortiment daraufhin durchforstet, bei welchen Produkten uns die Vakuumtechnologie Vorteile bringen kann und für jedes Produkt den optimalen Prozess-
ablauf entwickelt.“

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Der Mann, der bei fredy’s die Weichen stellt, Betriebsleiter Marcel Baumgartner

Baumgartner setzt die Vakuumtechnologie als Schritt zwischen dem Backen und der Schockfrostung. „Grundsätzlich erreichen wir dadurch, dass das Delta T schneller überbrückt wird und die Eiskristalle, die beim Frosten entstehen, kleiner bleiben als ohne Vakuumeinsatz. Das hilft die Struktur zu erhalten. Gleichzeitig sparen wir Backzeit, sodass mehr Feuchtigkeit im Produkt bleibt.“ Bei Cranberry-Brötchen, Toast oder Gebäcken, die Zutaten mit ätherischen Ölen enthalten, konnte die Backzeit um 40 % verkürzt werden. Baumgartner: „Die Krusten sind besser, die Volumen schöner und es gibt keine Speckschichten mehr. Die Produkte glänzen schöner, wenn man den Prozess rechtzeitig stoppt und die Kruste nicht zu bersten beginnt. Gipfel werden knuspriger und vor allem bei Laugengipfel bringt das viel. Sie werden nicht mehr ‚lumpig’.“ Derzeit durchlaufen Früchtebrötchen den Test, aber auch bei diesem Produkt werden ähnliche hohe Einsparungen erwartet. Bei den Broten – Soft-, Kasten- und Kilobrote – sind es immerhin noch 30 % weniger Backzeit.

Baumgartner: „Der Einsatz der Vakuumtechnik hat uns einen deutlichen Kapazitätsschub gegeben. Einerseits sparen wir Backzeit ein, andererseits können wir deutlich schneller als ohne Vakuumtechnik mit der Ware in den Schockfroster gehen und bekommen sogar noch bessere Qualität raus.“ Entscheidend dabei ist die Anwendungstechnologie, der Zuschnitt des gesamten Prozesses auf das Produkt und die Rezeptur, schließlich werden Rohstoffe von feinster Qualität und ausgesuchter Herkunft eingesetzt. 20 bis 30 % Vorteige, die zwischen 16 und 24 h gereift sind, sind ebenso selbstverständlich wie die 2 % Vollkornmehl und die Weizenkeime, die fast jedem Teig zugesetzt werden. Alle Teige sind lang geführt und weitgehend frei von Backmitteln. Zur Aufarbeitung wird bewusst auf viel Handarbeit gesetzt. Baumgartner: „Es geht nicht darum, besonders hart oder besonders schnell das Vakuum zu ziehen, sondern darum, den gesamten Prozess von der Gare bis zum Froster zu betrachten und zu modifizieren. Unsere Prozesse laufen in der Regel bei 250 bis 400 mbar ab, bei fertig gebackenen Croissants, die wir jetzt auch über das Vakuum ziehen, gehen wir auf 150 mbar. Entscheidend ist, dass wir beispielsweise beim Brot mehr Feuchtigkeit im Produkt behalten, eine bessere Kruste und eine softere Krume bekommen.“

 

Die Philosophie von Fredy Hiestand: „Gutes wächst, wo Gutes gefördert wird.“ Dazu gehört auch, dass er sich im In- und Ausland für Nachhaltigkeit, Regionalität und Herzlichkeit im Umgang mit Menschen einsetzt. Die „Duzkultur“ im Hause fredy’s gehört ebenso dazu wie Fredy’s Plantation in der westafrikanischen Elfenbeinküste, wo ökologisch und in Mischkultur angebaute Produkte auf den heimischen Märkten angeboten und Gewinne aus dem Export in das Projekt reinvestiert werden.

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Es gibt noch einen zweiten Effekt, den Baumgartner mit dem Einsatz der Vakuumtechnologie erreicht. Alle Produkte, die an die Kunden ausgeliefert werden, brauchen für die restliche Fertigstellung nur mehr ein und dasselbe Backprogramm und die gleiche Restbackzeit. Das ist für Gastronomen, bei denen das Backen zu den Nebentätigkeiten gehört, ebenso vorteilhaft wie für den Handel, dem sachkundige Mitarbeiter fehlen.

Der Konzern, der seinen Namen trägt, setzt weltweit rund 3 Mrd. EUR um, fredy‘s gerade mal 30 Mio. CHF. Trotzdem möchte Fredy Hiestand nicht noch einmal tauschen. Hiestand: „Es ist ganz einfach eine andere Unternehmenskultur. So wie wir hier mit Mitarbeitern, Rohstoffen und Verfahren umgehen, habe ich ein gutes Gefühl und ein gutes Gewissen. Unser wichtigster Erfolgsfaktor ist keine Managementstrategie, sondern die Tatsache, dass wir dem Herzen folgen.“

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Bevor die Brötchen in den Schockfroster wandern, werden sie in der Vakuumzelle heruntergekühlt (oben). Bei der Aufarbeitung der Backwaren wird bei fredy’s viel Handarbeit eingesetzt