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b+b-2019-02-Schutz vor Krisenfällen

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Seit dem 1. Januar 2018 bietet der Verband Deutscher Großbäckereien ein Monitoring-Programm für Ölsaaten (Oilseed Monitoring, abgekürzt OSM) an.

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Der erste Jahresbericht des OSM ist Ende Januar 2019 exklusiv an die Teilnehmer versendet worden. Dies soll Anlass sein, über Gründe, Hintergründe und Aufbau dieses Programmes zu berichten und die ersten Ergebnisse im Überblick darzustellen.

Hintergründe: Warum ein Monitoring auf Ölsaaten?

Seit Jahrzehnten sind Ölsaaten neben Getreide die wichtigsten Zutaten bei Brot und Brötchen; kein Bäcker-Sortiment kommt ohne Mohn- und Sesambrötchen, Kürbiskern- und Mehrkornbrot aus. Gleichzeitig gibt es aber kaum Wissen darüber, ob Ölsaaten vielleicht mit Schadstoffen belastet sind. Diese Frage kann für moderne Bäckereien geradezu überlebenswichtig sein. Denn die Ansprüche der Kunden an Lebensmittelsicherheit und Transparenz steigen, und damit auch der Druck durch den Lebensmittelhandel und Behörden. Führt man sich gleichzeitig vor Augen, woher Ölsaaten zu uns kommen, wird die Frage nach möglichen Belastungen noch dringlicher. Denn Ölsaaten stammen überwiegend aus dem Ausland, vielfach von außerhalb der EU: Mohnsamen aus der Türkei, Leinsamen aus Moldawien, Sesam aus Mosambik und Kürbiskerne aus China, um nur einige Beispiele zu nennen.

Für die Unbedenklichkeit von Ölsaaten musste sich der Bäcker bisher auf Eigenerklärungen der Lieferanten verlassen. Diese Erklärungen knüpfen aber meist nur an äußere Faktoren an, wie das Einhalten einer guten landwirtschaftlichen Praxis oder von Grenzwerten. Wissenschaftliche Untersuchungen der Ölsaaten sind jedoch die Ausnahme und finden in der Regel nur sporadisch statt. Wie es um die Belastung von Ölsaaten in der Fläche wirklich steht, weiß letztlich niemand.

Funktion und Vorteile eines regelrechten Monitorings

Die Idee eines Monitoring-Programmes ist relativ simpel: Die Teilnehmer schicken regelmäßig Ölsaaten-Proben an ein Labor. Diese Proben werden auf eine feste Auswahl von Parametern untersucht, die in der Praxis besonders relevant sind. Die Teilnehmer erhalten ganz regulär die Probenergebnisse, geben die Daten aber auch für die Sammlung in einer (anonymen) Datenbank frei. Dadurch entsteht über die Zeit ein immer größerer „Datenschatz“, der den Teilnehmern des Monitorings exklusiv zur Verfügung steht. Dieses Vorgehen bündelt gleich mehrere Vorteile:

Wissensvorsprung
An den umfangreichen Analysedaten kann abgelesen werden, ob es bei bestimmten Ölsaaten ein Schadstoff-Problem gibt. Wäre zum Beispiel die Blei-Belastung von Leinsaat regelmäßig sehr hoch, würde dies auf ein strukturelles Problem im Leinsaat-Anbau hinweisen. Diese Information kann man nutzen, um nach den Ursachen zu forschen und diese abzustellen. Da das Monitoring auch die Herkunft der Ölsaat registriert, können auch lokale Phänomene identifiziert werden, z. B. eine besondere Bodenbelastung in einem Herkunftsland.

Verlässliche Daten
Alle Analysen des Monitorings werden von einem akkreditierten Labor durchgeführt. Dadurch werden immer dieselben Untersuchungsmethoden und dieselbe Analytik verwendet. Schwankungen und Abweichungen durch verschiedene Handelslabore, die unterschiedliche Methoden verwenden, sind damit ausgeschlossen, die erhobenen Daten vollständig vergleichbar und valide.

Schutz vor Krisenfällen
Das Wissen aus dem Monitoring schützt die gesamte Branche vor Krisenfällen. Taucht in der Presse zum Beispiel ein Skandal-Bericht über Pflanzenschutzmittel in Ölsaaten auf, kann sofort reagiert werden: Ein Blick in die Monitoring-Daten zeigt, ob hier wirklich ein Problem besteht oder nicht. So hat dies vor einigen Jahren bereits beim Europäischen Getreide-Monitoring der Mühlenbranche funktioniert: Ein geplanter Skandal-Bericht über Glyphosat in Mehl und Brot konnte mithilfe der Daten aus dem Monitoring entschärft werden.

Starkes Zeichen für Sicherheit und Transparenz
Seinen wahren Wert entfaltet das Monitoring natürlich, wenn, wie aktuell, die Ergebnisse geringe oder keine Belastungen zeigen. Denn damit zeigt das Monitoring, dass die Rohstoffe der Bäckereien sauber sind. Und natürlich ist die Teilnahme am Monitoring ein starkes Zeichen für Sicherheit und Transparenz. Die Teilnehmer können sich mit ihrem Zertifikat besonders auszeichnen und damit für sich werben: gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und im Internet.

Die Branche wird zum Akteur mit Wissensvorsprung
Mit den Ergebnissen des Monitorings kann schließlich auch der Verband Deutscher Großbäckereien als Sprachrohr der Branche gegenüber Regierungen und Behörden ganz anders auftreten. Denn schon nach kurzer Zeit wird das Wissen aus dem Monitoring ein Alleinstellungsmerkmal unserer Branche sein. Niemand wird dann über derart vertiefte Kenntnisse zur Belastung von Ölsaaten verfügen wie die OSM-Teilnehmer und der Verband. Das macht uns zum gleichwertigen Gesprächspartner für Behörden und andere Branchen, wenn es z. B. um neue Grenzwerte bei Ölsaaten geht. Unsere Branche wird dadurch vom Bittsteller und potenziellen Opfer zum Akteur.

Kostenvorteile
Durch die gebündelte Untersuchung vieler Daten können Monitoring-Teilnehmer am Markt wie ein einziger großer Anbieter auftreten. Daher gibt es einen erheblichen Bündel-
Rabatt für alle Untersuchungen im Rahmen des Monitorings. Zudem wird ein Rabatt auf zahlreiche weitere Schadstoff-Untersuchungen bei Ölsaaten gegeben. Wer also über die Standard-Parameter hinaus Untersuchungen der Proben wünscht, bekommt sie deutlich günstiger.

Fakten zum Monitoring

Im Folgenden sollen die wichtigsten Fakten zum OSM zusammenfassend dargestellt werden:

Untersuchte Ölsaaten
Im Standard-Monitoring werden Sonnenblumenkerne, Leinsamen, Kürbiskerne, Mohn, Sesam und Chiasaat untersucht. Analysen weiterer Ölsaaten sind auf Anfrage möglich.

Standard-Untersuchungsparameter
Als Standard-Paket werden folgende Parameter im OSM untersucht: Aflatoxine, Ochratoxin, Schwermetalle (Blei, Cadmium, Quecksilber), Pflanzenschutzmittel (Standard-Screening mit 200 Stoffen plus Glyphosat/AMPA), Mikrobiologie (DGHM 11.1): Gesamtkeimzahl, E. coli, Schimmelpilze, präsumt. Bacillus cereus, Salmonellen in 125 g.

Kosten
Die Standard-Untersuchung des Monitorings kostet 478 € zzgl. MwSt., dieser Preis bleibt auch 2019 unverändert.

Weitere Parameter
Folgende Parameter können im Rahmen des Monitorings zusätzlich untersucht werden: Morphin – Opiat-Spektrum Morphin/Codein (Mohn) – Opiat-Spektrum Morphin/Codein/ Thebain/Oripavin/Noscapin/Papaverin (Mohn), GVO-Triple Screening, Allergene, MOSH/MOAH, Tropanalkaloide, erweitertes Spektrum Pflanzenschutzmittel (für z. B. Bio-
Produkte), Chlormequat/Mepiquat, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK 4), anorganisches Gesamtbromid. Auch hier sind weitere Parameter auf Anfrage möglich.

Teilnahme
Grundsätzlich kann jedes Unternehmen an dem Monitoring-
Programm teilnehmen. Auch Unternehmen außerhalb des Verbandes Deutscher Großbäckereien sind willkommen und nehmen bereits aktiv am OSM teil. Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass das Unternehmen für das OSM Ölsaaten-Proben einschickt und untersuchen lässt.

Die Anmeldung geschieht durch Einschicken einer einfachen Teilnahmeerklärung. Im Gegenzug kann ein Zertifikat über die Teilnahme ausgestellt werden. Für das Einschicken der Proben selbst gibt es einen übersichtlichen Auftragsschein, der auch elektronisch ausgefüllt werden kann. Alle Unterlagen zum OSM liegen mittlerweile auch auf Englisch vor.

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Das erste Jahr: Ergebnisse des Ölsaaten-Monitorings 2018

Die detaillierten Untersuchungsdaten und einen umfassend aufbereiteten Report mit Einschätzung der Ergebnisse erhalten exklusiv die Teilnehmer des OSM. Im Folgenden sollen die Ergebnisse des Monitorings zusammenfassend dargestellt werden:
Am OSM haben im Jahr 2018 15 Unternehmen teilgenommen, davon elf aus Deutschland und vier aus Österreich. Die Unternehmen gliedern sich wie folgt auf: neun Backbetriebe, fünf Hersteller von Backzutaten und eine Warenhandelsgesellschaft. Es wurden 128 Proben untersucht, die zur Herstellung von Lebensmitteln bestimmt waren. Mittlerweile liegt die Zahl der Untersuchungen bei über 140 und steigt kontinuierlich an.

Für das Jahr 2018 kann Folgendes hervorgehoben werden:
+ Die Belastung mit Mykotoxinen war gering. Auch die mikrobiologische Belastung war insgesamt auf einem niedrigen Niveau.
+ Die Mehrzahl der Rückstände an Pestiziden war unkritisch und lag unterhalb der zulässigen Höchstgehalte.
+ Das Vorkommen von Glyphosat in Ölsaaten war bezüglich der Ausschöpfung der gesetzlichen Höchstgehalte unkritisch, es kam zu keiner einzigen Überschreitung. Das Herbizid wurde aber immerhin in 20 % der untersuchten Proben nachgewiesen. Damit bestätigt sich die lange gehegte Vermutung, dass Ölsaaten als niederschwellige Eintragsquelle für Glyphosat in Backwaren angesehen werden müssen. Wegen der hohen medialen Aufmerksamkeit für Glyphosat wird das OSM diesem Thema auch in Zukunft eine hohe Aufmerksamkeit widmen.
+ In der Mehrzahl der Proben wurde Cadmium nachgewiesen, für das es bei Ölsaaten bislang keinen Grenzwert gibt. Die Cadmiumgehalte lagen in Mohn- und Leinsamen sowie in Sonnenblumenkernen auf einem deutlich messbaren Grundniveau. Bei Mohnsamen bestand eine Abhängigkeit der Gehalte von der geografischen Herkunft. Die Entwicklung der Cadmiumgehalte sollte daher im Auge behalten werden.
+ Die Nachweishäufigkeit von Blei war in Mohnsamen höher als bei den anderen Ölsaaten, auch hier kam es aber zu keiner einzigen Überschreitung von Grenzwerten.
+ Die Morphingehalte von Mohnsamen lagen in einem durchschnittlichen Bereich.

Alle untersuchten Ölsaaten waren sichere Erzeugnisse im Sinne des Lebensmittelrechts.

Ausblick

Das OSM hat im ersten Jahr trotz einer noch niedrigen Probenzahl bereits fassbare Ergebnisse generiert. Schon jetzt können auf dieser Grundlage Kaufentscheidungen anders getroffen werden. Diese Ergebnisse werden mit der Zeit immer belastbarer und aussagekräftiger werden. Erste Priorität hat derzeit die Gewinnung neuer Mitglieder und die Generierung höherer Analysezahlen für das OSM. Der Wert des Monitorings für alle Beteiligten wird sich damit über die Zeit potenzieren. Zuversichtlich stimmt auch die Perspektive, dass Akteure außerhalb Deutschlands und Österreichs beginnen, sich für das OSM zu interessieren. Nichts spricht dagegen, das Programm so zu erweitern und zu vertiefen, denn der Markt für Ölsaaten ist international. Wünschenswert ist eine stärkere Beteiligung der unserer Branche vorgelagerten Stufen, also der Firmen, die Ölsaaten handeln und importieren. Hier könnten die Backbetriebe als Vorreiter mit gutem Gewissen entsprechende Wünsche an die Vorstufen formulieren und gemeinsam umsetzen – zum Nutzen des OSM und der Branche.

Kontakte

Alexander Meyer-Kretschmer
Geschäftsführer
Verband Deutscher Großbäckereien e.V.
In den Diken 33, 40472 Düsseldorf
E-Mail: meyer-kretschmer@grossbaecker.de
Tel.: +49 (0) 211 – 653086

Prof. Dr. Peter Köhler
Biotask AG
Schelztorstr. 54–56, 73728 Esslingen
E-Mail: peter.koehler@biotask.de
Tel.: +49 (0) 711 – 310590-68