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b+b-2018-03-Potenziale erkennen

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Der Verband Deutscher Großbäckereien veranstaltete den Bäckerei-Filialtag 2018 in Düsseldorf. Die Themen reichten vom Umgang mit neuen Datenschutzregeln über Zukunftsperspektiven der Backbranche bis hin zur EU-Kontrollverordnung.

Alexander Heberer, Vorsitzender des Beirates Filial-Großbäckereien, moderierte den Bäckerei-Filialtag 2018 und eröffnete die Tagung gleich mit dem Vortrag „Unruhige Zeiten: Klagen oder neue Ziele stecken?“. Der Mitinhaber der Wiener Feinbäckerei ging auf die aktuelle Situation der Backbranche ein. Herausforderungen seien unter anderem der Personalmangel, neue bürokratische Aufgaben und neue Wettbewerbsformen, die als Mitbewerber auftreten. Neben Tankstellen und dem Handel nannte Heberer auch Start-ups wie den niederländischen Lebensmittel-Lieferservice Picnic als Herausforderung für die Backbranche. „Dies führt zu einem erhöhten Wettbewerbs- und Differenzierungsdruck“, so Alexander Heberer. Zudem steigen die gastronomischen Anforderungen und auch neue Konzepte besitzen eine immer kürzere Verweildauer, was z. B. das Sortiment und den Ladenbau betrifft. Außerdem sinkt die Frequenz in den Innenstädten sowie in Centern. Dies habe Konsequenzen hinsichtlich der Standortsuche und der Mieten, erläuterte der Vorsitzende des Beirates. Zudem gab Heberer zu bedenken, dass Gastronomie-Angebote und Sitzcafés bedeuten, dass es zu höheren Waren-
einsätzen und höheren Personalkosten kommt. Zudem stiegen die Mieten und die Nebenkosten. Damit sei es eine Herausforderung, Geld zu verdienen. So gebe es für die aktuellen Herausforderungen kein Patentrezept, aber wichtig sei es, sein Profil zu schärfen. „Wichtig ist es, hinter unruhigen Tagen die Potenziale zu erkennen“, erklärte Alexander Heberer.

 

Datenschutzregeln

Haftungsfragen und Rechtsschutzmöglichkeiten nach den neuen Datenschutzregeln lautete das nächste Thema. Rechtsanwalt Heiko Klages erklärte, dass die neue Verordnung mit Wirkung zum 25. Mai 2018 in Kraft tritt. Das grundsätzliche Ziel der Datenschutzregel bleibt gleich; die Rechte von Betroffenen stärken. Allerdings gebe es nun eine Umkehr der Beweislast und Unternehmen seien von Bußgeldern bedroht, so der Experte. So könnte es, wenn es zu einer schweren Verletzung z. B. des Persönlichkeitsrechts komme, zu Schmerzensgeld- oder Schadenersatz-Ansprüchen kommen. Zudem ist sich Klages sicher, dass die Datenschutzbeauftragten der Länder handeln werden. Daher sollten Unternehmen sicherstellen, dass der Zugriff auf Kunden- oder Personaldaten von Dritten verhindert wird. Zudem sollten Firmen ihre Datenschutzklauseln überprüfen und anpassen.

Marktdaten

Dr. Susanne Eichenholz-Klein, Bereichsleiterin des Institutes für Handelsforschung (IFH) Köln GmbH, zeigte den Teilnehmern relevante Marktdaten auf. Die Referentin erklärte, dass das Frischesortiment Brot und Backwaren im LEH im Vergleich zu anderen Frischesortimenten wie Fisch, Fleisch, Obst und Gemüse oder Molkereiprodukten, unterdurchschnittlich wächst. Dabei ist das Sortiment in erheblichem Maße vom Preisdruck geprägt. Auch die Verbrauchsmengen bzw. die durchschnittliche Einkaufsmenge sinkt. Weiter erklärte Dr. Eichenholz-Klein, dass der Umsatz der Bäckereiverkaufsstellen nahezu kontinuierlich verliert. Dabei ist die beliebteste Einkaufsstätte für Brot immer noch die Bäckerei-
Verkaufsstelle. Allerdings verliert die Bäckerei an Bedeutung. Für den Handel gehören Brot und Kleingebäcke neben Obst und Gemüse zu den wichtigsten Frequenzbringern. Dabei nutzt ein Großteil der Verbraucher für den Kauf von Backwaren verschiedene Vertriebsmöglichkeiten nebeneinander, wie z. B. das Brotregal zur Selbstbedienung von abgepackten Backwaren, Back-Stationen und Automaten sowie separate Bäckereien innerhalb des Geschäfts. Generell gelten Snacks als Wachstumstreiber im Backwarenmarkt. Zudem ist der Backshop mit Sitzgelegenheit in der Vorkassenzone beim Verbraucher am beliebtesten. Die Expertin ging noch auf Gastronomietrends ein: So prägen gesellschaftsrelevante Themen wie „authentisch“, „nachhaltig“, „sozial“ und „wirtschaftlich“ die Gastronomiegründer. Wichtig ist auch das Thema „Zero Waste“.

Kerngeschäft

Wolfgang Beck von der Semco Consulting GmbH informierte die Teilnehmer, wie sich in der Praxis Betriebsprozesse verbessern lassen, um neue Freiräume zu gewinnen. Gerade Filialbäckereien besitzen komplexe Strukturen. Oft sind die Verkaufsstellen nicht untereinander vernetzt und die Dokumentation ist unübersichtlich. Daher leide oft die Konzen-
tration auf das Kerngeschäft und Entscheidungen würden oft subjektiv getroffen. Diese Bauchentscheidungen können Mehrkosten verursachen, so der Referent. Der Experte empfiehlt, Wissen zu sammeln und effektiv zu nutzen. Gerade das Thema Controlling und Potenzialanalyse sowie die entsprechende Software helfen, ein System zu schaffen und die Kosten um bis zu 30 % reduzieren, versprach der Referent.

KI

Big Data und ERP-Systeme waren die Themen von Holger Beyer, Samuelson Unternehmensberatung, und Alexander Grossmann, OPAL Operation Analytics. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz sei es möglich, die Verkaufsmengen zu optimieren und die Retouren zu minimieren. So sei das Sammeln von Daten das eine, aber das andere sei, daraus auch die richtigen Schlüsse abzuleiten und danach zu handeln. Dies sei die Königsdisziplin. Die Datenbasis bilden dabei die gewonnenen Kennzahlen sowie Prognosen. Daraus lasse sich durch die gezielte Anwendung von künstlicher Intelligenz die Bestell- und Absatzplanung optimieren.

Hygiene

Praxisrelevante Tipps zum Thema Hygiene gab Dip.-Ing. Sabine Botterbrodt, selbstständige Unternehmensberaterin und Beraterin der PORTECTA GmbH. So ist Hygiene im Filialbetrieb unabdingbar mit der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens verbunden. Kunden in einer Bäckereiverkaufsstelle haben hohe Ansprüche und erwarten einen sachgemäßen Umgang mit Lebensmitteln. Zudem erklärte die Expertin, was für einen Einfluss die EU-Kontroll-
Verordnung 2017/625 hat. Diese soll für einen einheitlichen Vollzug bei der Lebensmittelüberwachung sorgen und für mehr Transparenz sorgen. Dies bedeutet auch, dass die Ergebnisse der Überwachung in bestimmten Fällen veröffentlicht werden können. Ein weiteres Element der EU-Kontrollverordnung ist, dass die Strafen bei Lebensmittelbetrug angepasst bzw. erhöht werden, abhängig vom Betrugswert oder dem Umsatz des Unternehmens. Zudem, erklärte die Referentin, können Mitgliedsstaaten Bewertungssysteme für den Handel, Hersteller oder z. B. Restaurants einführen. Diese sollen den Verbraucher einfach und übersichtlich darüber informieren, inwiefern Unternehmen die lebensmittelrechtlichen Anforderungen erfüllen. Als Beispiele nannte Botterbrodt das Ampel- oder Smiley-System. Auf welche Punkte eine Bäckerei achten muss, erläuterte die Expertin anschließend. So gehören zum Hygienemanagement die bauliche Beschaffenheit (z. B. Ausstattung der Filiale), eine effektive, regelmäßige und dokumentierte Reinigung und Desinfektion, eine gute Personal- und Produkthygiene sowie eine angemessene und effektive Schädlingsbekämpfung. Zudem sollen die lebensmittelrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und die Rückverfolgbarkeit gewährleistet sein. Wichtig ist auch eine regelmäßige Mitarbeiterschulung und dass der Schulungserfolg überprüft wird. Zum Stichwort HACCP erklärte die Referentin, dass eine nachvollziehbare Gefahrenanalyse vorhanden sein muss. Diese sollte entsprechend dokumentiert sein. Auch sollten regelmäßige Kontrollen (z. B. Wareneingänge, Lager- und Temperaturkontrollen) durchgeführt werden. Auch das Hygienebe-
wusstsein der Mitarbeiter sollte zu erkennen sein. Als weiteres Beispiel für gute Hygiene nannte Botterbrodt eine gute Lagerhaltung sowie eine ordentliche Abfallbeseitigung.