Seit Januar ist Brice-Audren Riché neuer CEO von Lesaffre. Im Gespräch mit brot+backwaren berichtet er über die Grundlagen der Innovation und seine Ziele als Geschäftsführer.
Catalina Mihu: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer neuen Aufgabe! Was denken Sie über die Übernahme der Geschäftsführung eines globalen Unternehmens wie Lesaffre?
Brice-Audren Riché: Mit großer Begeisterung, Freude und Stolz habe ich die Position des CEO von Lesaffre übernommen und trete damit die Nachfolge von Antoine Baule an, dem ich meine Anerkennung für seine langjährige Tätigkeit im Dienst unserer Gruppe ausspreche.
Mit unseren 11.000 Mitarbeitern in der ganzen Welt werden wir weiterhin Lösungen auf Grundlage von Mikroorganismen entwickeln. Die verschiedenen Aktivitäten von Lesaffre stehen im Mittelpunkt der Herausforderungen von heute und morgen, die sich aus der Frage ergeben, wie wir bis 2050 neun Milliarden Menschen gesund ernähren können und dabei die Ressourcen unseres Planeten optimal nutzen. Es ist äußerst reizvoll, das Wachstum unserer Gruppe auf nachhaltige und verantwortungsvolle Weise zu begleiten, sowohl in der Backwarenbranche als auch im Bereich der Ernährung und Gesundheit.
Mihu: Sie wurden sechs Monate nach Ihrer Ernennung zum stellvertretenden Geschäftsführer von Lesaffre zu dessen CEO ernannt. Was hat dieser Wechsel mit sich gebracht?
Riché: Meine Tätigkeit als stellvertretender CEO war eine gute Gelegenheit, um einen reibungslosen Übergang von meinen Aufgaben bei Biospringer zu meiner jetzigen Position zu gewährleisten. Mit den Mitgliedern von Comex und der Unterstützung aller Teams konzentrieren wir uns weiterhin auf unsere Aufgabe, die Entwicklung von Lesaffre in den Bereichen Backen, Ernährung und Gesundheit voranzutreiben.
Mihu: Welche Werte und wichtigsten Erkenntnisse kennzeichnen Ihre Tätigkeit als Geschäftsführer von Biospringer?
Riché: Unsere Gruppe, die auf eine 170-jährige Geschichte zurückblicken kann, ist den Werten des Unternehmertums und der Innovation, die ihre DNA ausmachen, zutiefst verbunden. Wie alle Einheiten von Lesaffre ist auch Bio-
springer von der Mission der Gruppe geprägt: gemeinsam für eine bessere Ernährung und den Schutz unseres Planeten tätig zu sein.
11.000
Beschäftigte arbeiten weltweit bei Lesaffre
Neue Perspektiven
Mihu: Welchen Aspekten wird Lesaffre unter Ihrer Leitung Vorrang einräumen?
Riché: In den kommenden Jahrzehnten müssen wir nachhaltige Wege finden, um gesunde Nahrungsmittel für alle bereitzustellen und gleichzeitig die Umwelt zu schützen. Wir bei Lesaffre glauben an die grenzenlosen Möglichkeiten, die die Biotechnologie bietet. Unser Ziel ist es, durch die Entwicklung unseres Portfolios an Mikroorganismen eine führende Rolle in der weltweiten Bewegung zur Nutzung der Kraft der Fermentation einzunehmen. Hefen und Bakterien sind einige dieser Mikroorganismen, die selbst oder durch die von ihnen erzeugten Metaboliten einen Nutzen bringen können.
„In den nächsten Monaten planen wir den Bau von zwei Produktionsstätten
auf zwei Kontinenten. In Frankreich werden wir einen neuen Campus eröffnen, der mit modernsten F&E-Geräten ausgestattet sein wird.”
Brice-Audren Riché, CEO Lesaffre
Mihu: Welche Veränderungen durch die Pandemiemaßnahmen werden die Arbeitsabläufe bei Lesaffre in Zukunft prägen?
Riché: Unser agiles, sehr internationales Organisationsmodell, das es erlaubt, die meisten Initiativen auf lokaler Ebene zu ergreifen, hat es uns ermöglicht, die Pandemie zu überstehen. Unsere Prioritäten während der Krise waren zweierlei: die Sicherheit unserer Mitarbeiter zu gewährleisten und zusammen mit unseren Kunden weiterhin unseren Auftrag zu erfüllen, die Bevölkerung zu ernähren.
Mihu: Welche Änderungen sollte es in der gesamten Lieferkette geben, um Störungen, wie sie die Pandemie ausgelöst hat, im besten Fall zu vermeiden?
Riché: Die Pandemie, die wir erlebt haben, hat die Arbeitsmethoden in allen Bereichen nachhaltig und tiefgreifend beeinflusst. Sie hat auch die Gelegenheit geboten, Abläufe zu hinterfragen. Das gilt für die Lieferkette, die wir derart angepasst haben, dass wir schnell und effizient auf die Bedürfnisse unserer Kunden reagieren können. Dies ist eine weitere Lektion, die wir in der Krise gelernt haben: Wir antizipieren und verstehen potenzielle Herausforderungen und reagieren schnell, um Lagerknappheit und Verzögerungen zu vermeiden. Und schließlich ist unser industrieller Fußabdruck – mit Werken in der Nähe unserer Kunden und der Märkte – ein großer Vorteil, nicht nur, weil wir vor Ort produzieren, was eine Verringerung von Transporten und CO2-Emissionen bedeutet, sondern auch, um sich schnell an eine Unterbrechung der Lieferkette anpassen zu können.
Mihu: Welchen Herausforderungen sehen Sie sich gegenüber?
Riché: Wir stehen alle gemeinsam vor einer großen Herausforderung: Im Jahr 2050 werden wir mehr als neun Milliarden Menschen auf der Erde sein. Wir müssen uns ernähren und gesund bleiben und gleichzeitig den Planeten schützen, um ihn an künftige Generationen weiterzugeben. Lesaffre ist entschlossen, bei dieser Herausforderung eine Rolle zu spielen. Unser Ziel ist es, von den immensen Fortschritten in der Wissenschaft der Fermentation zu profitieren und zu deren Weiterentwicklung beizutragen. Wir sind davon überzeugt, dass die Fermentation ein Teil der Lösung ist.
600
F&E-experten arbeiten bei Lesaffre weltweit
Der nächste Schritt
Mihu: Was können Sie uns über die aktuellen und kommenden Projekte von Lesaffre weltweit mitteilen?
Riché: Unser Know-how in der Brotherstellung macht uns zu einem zuverlässigen Partner für Bäckereien jeder Größe. Bäckerhefe ist eine wichtige Zutat für die Brotherstellung. Eine traditionelle Zutat für die Brotbereitung, Sauerteig, wird heute von Verbrauchern geschätzt, die auf der Suche nach natürlichen Produkten und ausgeprägten Aromen sind. Unter der Produktreihe Livendo bieten wir Lösungen an, die das Backen von Sauerteigbrot erleichtern: Starter, aktiver Sauerteig, devitalisierter Sauerteig und Zubereitungen auf Sauerteigbasis. Wir haben mehrere Geschäftseinheiten in verschiedenen Regionen der Welt, die sich dem Sauerteig widmen. Wir werden auch weiterhin in diesen Bereich investieren und unser Portfolio an Backzutaten innovativ gestalten.
Wir sind außerdem davon überzeugt, dass Brot einen Beitrag zur gesunden Ernährung und zum Wohlbefinden leisten kann. Deshalb setzen wir uns dafür ein, Bäckern wirklich gesunde Zutaten zur Verfügung zu stellen. In dieser Hinsicht bieten wir Lösungen an, um z. B. Salz, Fett oder Zucker in Endprodukten zu reduzieren, oder andersherum, um etwas hinzuzugeben, wie Proteine, Vitamine oder Mineralstoffe.
Mihu: Welche Prioritäten bilden die Grundlage für Projekte von Lesaffre?
Riché: Unser Unternehmen ist seit der Gründung im Jahr 1853 gewachsen und heute in vier Geschäftsbereiche und zehn Geschäftseinheiten unterteilt. Unsere Teams, die die Märkte für Backwaren, Lebensmittel, Gesundheit und industrielle Biotechnologie bedienen, sind ständig bestrebt, unser Wissen um die Fermentation zu erweitern.
In den nächsten Monaten planen wir den Bau von zwei Produktionsstätten auf zwei Kontinenten. In Frankreich werden wir einen neuen Campus eröffnen, der mit modernsten F&E-Geräten ausgestattet sein wird. Dort werden 700 Mitarbeiter gemeinsam arbeiten.
Wir bei Lesaffre wissen, dass lebende Mikroorganismen noch ein großes ungenutztes Potenzial haben. Wir arbeiten daran, ihre Möglichkeiten mit unserem Innovationsgeist aufzudecken. Unsere Teams sind in den Innovationsprozess eingebunden, von den Marketingteams über das Management bis hin zu unseren 600 F&E-Experten auf der ganzen Welt, die aktiv mit rund 60 Universitäten und Forschungszentren zusammenarbeiten.
Mihu: Wie sehen Sie die F&E-Arbeit bei Lesaffre angesichts der globalen Reichweite und der Möglichkeit, sich vor Ort inspirieren zu lassen?
Riché: Als Wissenschafts- und Technologieunternehmen sind wir ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten für Innovationen. Innovation ist tief in unserer DNA verankert, ebenso wie unsere Überzeugung, dass das Nutzererlebnis im Mittelpunkt unseres Handelns stehen muss. Wir sehen Innovation als einen Prozess, der Raum braucht, um sich zu entwickeln. Inmitten des wachsenden Interesses an pflanzlicher Ernährung ist Proteissimo 101, ein aus Hefe gewonnenes Protein, nur ein Beispiel für diesen Innovationsgeist.
Wir sehen unsere Aufgabe darin, unsere Kunden dabei zu unterstützen, künftige Herausforderungen zu antizipieren, ihnen bei der Anpassung zu helfen und sie zu Innovationen zu ermutigen. An 62 Standorten auf der ganzen Welt sind unsere Anwendungszentren für verschiedene Märkte mit erfahrenen, multikulturellen Technikern besetzt. Unser Netzwerk von 50 Baking Centers™ spielt eine führende Rolle bei der Reaktion auf Veränderungen bei Geschmack, Produkten, Techniken und Prozessen und bei der Suche nach maßgeschneiderten Lösungen für industrielle und handwerkliche Bäcker.
Eine nachhaltige Industrie ist ein Muss
Mihu: Und welche Nachhaltigkeitsbemühungen sind bei Lesaffre geplant? Was sind mögliche Wege für Bäckereien, um nachhaltiger zu werden?
Riché: Ich bin überzeugt, dass das Wachstum nur nachhaltig und verantwortungsbewusst sein darf. Wir haben uns dazu verpflichtet, unseren CO2-Fußabdruck und unseren Energieverbrauch zu kontrollieren.
Wo auch immer sich unsere Kunden und Partner befinden, wir sind in der Nähe. Unser globales Netzwerk von Produktionsstätten, Anwendungszentren, F&E-Laboren und Vertriebsstandorten bedeutet, dass wir unseren Kunden und den Märkten, die sie bedienen, nahe sind. Indem wir unsere Größe nutzen, können wir maßgeschneiderte Lösungen für spezifische lokale Bedürfnisse weltweit anbieten.
Die optimale Nutzung der Ressourcen ist auch in der Brotherstellung wichtig, denn Bäcker müssen ihre Produkte zu einem angemessenen Preis vermarkten können. Wir suchen ständig nach Möglichkeiten, die Brotherstellung effizienter zu gestalten, indem wir Food Waste reduzieren oder eliminieren und die für das Backen benötigte Zeit optimieren. In der heutigen schnelllebigen Welt suchen sowohl die Bäcker als auch ihre Kunden nach Möglichkeiten, ihr Leben ein wenig einfacher zu gestalten. Wir haben uns verpflichtet, ihnen dabei zu helfen. Neben unseren Zutaten und digitalen Tools unterstützen wir Bäckereien jeder Größe auch mit unserem Baking Center™-Netzwerk. Über dieses Netzwerk über alle Kontinente stellen wir unseren Kunden unser Fachwissen in Form technischer Unterstützung, Produkt- und Prozessentwicklung sowie Schulungen zur Verfügung.
Wir sind bestrebt, gesunde Zutaten anzubieten, die sich an die Bedürfnisse des Lebensstils oder an diätetische Anforderungen anpassen lassen. Um ihre Qualität und Sicherheit zu gewährleisten, achten wir sehr auf unsere Rohstoffe, Verfahren und die Rückverfolgbarkeit. Bei all diesen Aktivitäten arbeiten wir auch daran, immer nachhaltiger zu werden.