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b+b-2021-02-„Wir haben das durchgezogen“

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Juli 2020, inmitten der Pandemie, bezieht die Bäckerei Geier ihren neugebauten Produktionssitz im österreichischen Strasshof im Weinviertel, rund 10 km östlich von Wien. Alles nach Zeitplan. Die Technik ist auf dem neuesten Stand, der Fokus liegt unangetastet auf Handarbeit.

Wie viel Organisationstalent und Enthusiasmus beim Umzug unter Pandemiebedingungen gewirkt haben müssen, lässt sich erahnen. „Wir haben das durchgezogen“, sagt Gerald Geier, der das Unternehmen zusammen mit seiner Frau Erika Geier-Tschernig führt. Elf Monate wurde gebaut, ein Monat eingeplant, um die Abläufe zu testen und zu optimieren, und ein weiterer Monat diente als Puffer. Die Planungen für den Neubau hat die Inhaberfamilie weitestgehend selbst in die Hand genommen, unterstützt vom Planungsbüro Riedel aus Krems. Zu einem kurzzeitigen Stopp kam es im ersten Lockdown im März, als die Installation der neuen Maschinen und Öfen bevorstand und die Einreisebestimmungen nach Österreich unklar waren. Geier: „Wir haben viel mit einem deutschen Ofenbauer zusammengearbeitet und das Problem durch Sondergenehmigungen lösen können.“

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Die Firmenchefs: Gerald Geier und Erika Geier-Tschernig

Mehr Platz für die Teigreifung

Mit 4.500 m2 bietet die neue Backstube deutlich mehr Platz als die alte. „Wir betreiben viel Aufwand schon im Vorfeld der Teigherstellung und bei der Teigreifung“, betont Gerald Geier. Saaten röstet die Bäckerei in ihrer eigenen Röster-Kochanlage. Überhaupt, auf ihre Koch- und Vorteige für die Vollkornbrote sowie die Korn- und Weizengebäcke legt sie großen Wert. Damit die Vorteige in Ruhe reifen können, wurde im neuen Gebäude ein 20 m2 großer Klimaraum installiert. Für die Langzeitführung wird ebenfalls Platz gebraucht. Geier arbeitet mit langen Gärzeiten bis hin zu 14 oder 18 Stunden bei flachen Temperaturkurven bis 18 °C.
Der Neubau ist, sagt der Firmenchef, die zurzeit modernste Handwerksbäckerei Österreichs. Wobei das Augenmerk auf Handarbeit liegt, dort, wo sie qualitätsentscheidend ist. „Unser komplettes Brotsortiment wird von Hand aufgearbeitet, teilweise auch die Kleingebäcke, die Handsemmeln natürlich, auch die Mohnstriezel oder die Wachauerlaibchen. Wir arbeiten viel mit lang gereiften, sehr weichen Teigen, die sind schwer maschinell zu verarbeiten. Einige Teige, die über zwei Tage geführt werden, werden bei uns auch noch per Hand ausgewogen, wie zum Beispiel für unsere Geier BIO Kruste 1902.“

In neue Technik wurde vor allem investiert, um schwere körperliche Arbeit für die insgesamt 64 Mitarbeiter in der Produktion zu verringern. Deshalb kamen vollautomatische Hebekipper und Ofenbelader hinzu. Eher ungewöhnlich für einen Handwerksbetrieb ist der Einsatz der neuen RFID*-Kesselerkennung mit WINBACK.

Der neue Produktions- und Verwaltungssitz

Bauzeit: rund 1 Jahr
Grundstückfläche: 15.000 m2
Betriebsfläche: 4.500 m2 für die Backstube (inklusive Konditorbereich, separater Snackküche und Eis-Abteilung), Verwaltung und Schulungsräume
Investition: zweistelliger Mio.-Betrag, 50 % aus Eigenmitteln
Investiert wurde in u. a. in: neue Silos, Kleinkomponentenverwiegung, eigene Getreidemühle, Gär- und Kühltechnik, Backöfen samt vollautomatischer Beschickung sowie Photovoltaik und Wärmerückgewinnung
Technische Ausstattung: Schrot und Vollkornmühle Treffler, Siloanlage von Tassold (7 Zellen, insgesamt 50 t Kapazität), automatische Verwiegung von 15 Kleinkomponenten und 2 Mittelkomponenten von Tassold, vier Diosna Spiralkneter, Kleingebäckanlage Combiline von KÖNIG, Semmelanlage von KÖNIG, Fritsch CTR Anlage (für Croissants und gewickelte Gebäcke), Fritsch EASY Line (Feingebäcklinie für Taschen, Schnecken, Kämme), KEMPER Abwieger, Rheon Teigteiler, MIWE Kühl- und Gärtechnik (insgesamt 460 m²), 5 KÖNIG Stikkenöfen, 2 MIWE Stikkenöfen, 3 MIWE Etagenöfen mit Beladersystem Athlet, Aston Food Vakuumkammer, Durrer Vakuumkammer, Döinghaus Ultraschall Schneidemaschine, PC Data Verteilsystem

f2m-bub-21-02-produktion-_Backstube von außen
f2m-bub-21-02-produktion-Geier BIO Kruste 1902
f2m-bub-21-02-produktion-_Geier BIO Hansemmel 1
f2m-bub-21-02-produktion-BIO Roggenvollkornbrot

Die Bio-Range

f2m-bub-21-02-produktion-_Innenansicht Backstube II
„Wenn der Beginn der Aufarbeitung passt, sind die nachgesteuerten Abläufe grundsätzlich im Griff.“

Bei diesem Konzept wird jeder Teig einem Kessel zugeordnet. Für den Knetprozess schieben die Mitarbeiter den Kessel zum Kneter. Dieser erkennt den Kessel und damit den Teig per RFID und ruft aus dem IT-System das passende Programm und die gewünschte Teigtemperatur ab. Abschließend wird das Wasser direkt am Kneter hinzudosiert. Ist der Knetprozess beendet, wird die Teigtemperatur ausgelesen, ans IT-System übermittelt und ein Teiglaufzettel ausgedruckt, der die Charge bis zum Backofen begleitet. Ein großer Bildschirm in der Backstube zeigt alle Vorgänge für die Mitarbeiter gut sichtbar an. Auf dem Screen ist zu erkennen, wann welcher Teig aus der Teigruhe geholt und für die Weiterverarbeitung bereitgestellt werden muss. Wird ein definiertes Zeitfenster für die Teigruhe nicht eingehalten, würden die Hebekipper die Charge für den nächsten Arbeitsschritt gar nicht erst anheben. Gerald Geier: „So erreichen wir Prozesssicherheit. Wenn der Beginn der Aufarbeitung passt, sind die nachgesteuerten Abläufe grundsätzlich im Griff.“

Keine Systemänderung, keine Experimente

Alle Kneter sind in das Konzept eingebunden. Die Bäckerei nutzt vier baugleiche Spiralkneter, drei sind vom alten Stammsitz mit umgezogen, in einen vierten wurde investiert. „Bei allen unseren Neuanlagen haben wir auf bewährte Technik gesetzt. Wir wollten keine Systemänderung, keine Experimente. Die Kunden sollten nicht überrascht werden, sondern das Produkt bekommen, das sie von uns erwarten.“ 460 m2 CO2-Kälte- und Gärtechnik stehen jetzt zur Verfügung, außerdem zwei neue Stikkenöfen und drei neue Etagenöfen mit automatischem Beladersystem. Auf Steinplatte, mit Heizgas befeuert, backt das Unternehmen Roggengebäcke, genauso wie Weizengebäcke, etwa die französischen Baguettes.
Zu der bereits vorhandenen Vakuumkammer gesellte sich eine zweite, die die Bäckerei intensiv für Plunder- und Kleingebäcke (Weizen- und Korngebäck), teilweise auch für die Konditorei nutzt. „Für Sand- und Biskuitmassen, Gugelhupf oder Tortenböden etwa, eignet sich die Vakuumtechnik sehr gut. Sobald Fruchtfüllungen involviert sind, wird es heikel.“

f2m-bub-21-02-produktion-Himbeertörtchen
f2m-bub-21-02-produktion-Haustorte
f2m-bub-21-02-produktion-Topfengolatsche
Auch wichtig: Nachhaltigkeit

Bei der Bäckerei Geier wird montags bis freitags in 2,5 Schichten produziert, Samstag und Sonntag in einer Schicht. Neben Arbeitserleichterungen für die Mitarbeiter und mehr Platz für die Teigreifung gab es ein weiteres Ziel: mehr Nachhaltigkeit. „Wir leben Nachhaltigkeit sehr intensiv“, hält Gerald Geier fest. Neben der Photovoltaikanlage auf dem Dach wird Energie durch ein Wärmerückgewinnungssystem – die Stikken- und Etagenöfen sowie die Kältetechnik sind daran gekoppelt – gewonnen und für die Kistenwaschanlage, Fußbodenheizung und Lüftung genutzt. Auch kurze Transportwege entsprechen dem Nachhaltigkeitsgedanken. „80 % aller Rohstoffe kaufen wir regional ein, im Umkreis von 50 km.“ Ein weiterer Punkt: Vermeidung von Food Waste. Die Bäckerei arbeitet mit den Tafeln zusammen, stellt Brotschnaps, Brotbier, Granola und Brotchips her.

Geier. Die Bäckerei GmbH

Die Pandemiesituation und die Lockdown-Phasen in Österreich haben auch der Bäckerei Geier hart zugesetzt. 85 % vom Absatz macht das Unternehmen üblicherweise über die 30 eigenen Filialen – darunter sind 10 Kaffeehäuser – in Wien und im Weinviertel im Umkreis der österreichischen Hauptstadt. Weitere 15 % kommen aus dem Liefergeschäft mit Großkunden. Einen kleinen Anteil steuert der Verkauf über das Online-Portal hausbrot.at in Wien bei, das in Zeiten der Pandemie zulegen konnte.

Zum Stammsortiment gehören 15 Brote, 20 Kleingebäcke, 15 Plunder- und Feingebäcke, 10 Snacks und 18 Konditoreiprodukte. 25 % der Range sind Bio-Gebäcke. Im süßen Sortiment spielt das Plundergebäck, wie die Topfengolatsche, die Hauptrolle, bei den Broten ist es das Weinviertler Landbrot (80 % Roggen, 20 % Weizen). Das Angebot an Gebäcken variiert je nach Standort und je nach Saison. Snacks werden zentral in der Snackküche hergestellt, mit Zutaten aus der Region. Die Bäckerei achtet beim Sortiment auf Vielfalt und Saisonalität. Schließlich will man viele unterschiedliche Kundengruppen ansprechen. „Wir sind breit aufgestellt“, sagt der Firmenchef. „Auch in der Preispolitik.“