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b+b-2021-02-Hypermärkte bleiben die Gewinner

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Die VDB Vereinigung der Backbranche Österreich hat bei den Marktforschern der GfK AT eine Untersuchung in Auftrag gegeben, wie die Corona-Pandemie den Backwarenmarkt verändert. Anfang März präsentierte sie erste Ergebnisse.

Vorab sei gesagt, dass die GfK für ihre Marktbetrachtungen Einkaufstagebücher von Haushalten (!!) auswertet und der österreichische Einzelhandel wie Backwarenmarkt nationale Eigenschaften haben, die sich nicht unbedingt auf andere Länder übertragen lassen. So gibt es in Österreich eine lange Tradition der Belieferung des Lebensmitteleinzelhandels mit frischen Backwaren, die zunehmend von industriellen und handelseigenen Produktionsstrukturen abgelöst wird.

Corona und vor allem der Lockdown für die Gastronomie haben deutliche Spuren im In-Home-Konsum hinterlassen. Das gilt auch für den Backwarenverzehr. Insgesamt legte die Menge der zu Hause verzehrten Gebäcke um 4,4 % auf 69 kg pro Haushalt zu. Insgesamt gab ein österreichischer Haushalt 2020 für Backwaren 339 EUR aus. Die stärksten Mengenzuwächse fanden im ersten harten Shutdown statt. Beim zweiten Shutdown Ende des Jahres war Panik oder Frustfraß bereits ein wenig verflogen.

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Auch bei Backware gewinnen am stärksten die Hypermärkte. Bäckereien steigen im Corona-Jahr unterdurchschnittlich für den In-Home-Konsum.

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Qualitätsorientierung steigt

Auch wenn es teurer ist: Die Österreicher, das ergab eine Studie der GfK, achten vermehrt auf Qualität. Vor drei Jahren sah das Verhältnis noch deutlich anders aus.

Beim Einkauf von Nahrungsmitteln achte ich grundsätzlich auf Qualität, auch wenn es deutlich teurer ist. (Angaben in %)

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Im Fokus dabei gesunde Produkte, Bio und geringer Zuckergehalt der Produkte. 49 % der Verbraucher finden Bio-Produkte gesünder, 37 % finden, dass sie besser schmecken.
Auch für umweltfreundliche Verpackung und soziale Verantwortung sind viele Verbraucher bereit, mehr Geld auszugeben.

Wer ist wie stark betroffen?

Crisis Types nennen die Marktforscher die Einteilung der Bevölkerung nach empfundener Verunsicherung durch die Pandemie. In einer über zwölf Monate wiederkehrenden Befragung bis September 2020 wurden die Verbraucher gefragt, wie sie ihre finanzielle Situation und die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes bzw. Einkommens einschätzen.

Den Antworten entsprechend teilten die Marktforscher die Verbraucher ein in
a) solche, die direkt betroffen sind, weil sie arbeitslos sind oder große Angst haben, arbeitslos zu werden
b) Beunruhigte, die zwar einen sicheren Arbeitsplatz haben, aber eine angespannte finanzielle Situation, bzw. Rentner mit eben solcher sind
c) die Resistenten, die sowohl einen sicheren Arbeitsplatz wie sichere Finanzen haben bzw. Rentner mit sicheren Finanzen sind.

Die Anteile differieren auch innerhalb der EU deutlich, dargestellt in % der befragten Verbraucher

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Corona verändert Konsumverhalten

Österreichische Verbraucher erklären, öfter als vorher

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Hypermärkte im Aufwind

2020 sind die Ausgaben der österreichischen Haushalte für In-Home-Konsum von Fast Moving Consumer Goods (Lebensmittel, Getränke, Reinigungsmittel, Kosmetika, Seifen etc., Papierwaren, frei verkäufliche Medikamente, Wegwerfartikel) um rund 12 % gestiegen. Dafür ist die Zahl der Einkaufsakte für diese Kategorie von 231 im Jahr auf 225 gesunken. In der Gruppe der stationären Einkaufsstätten waren die Hypermärkte die deutlichen Gewinner. Ihr Anteil der Einkaufstrips stieg 2020 im Vergleich zum Vorjahr von 16,8 % auf 17,1 %. Ihr Umsatz stieg um 14,5 %, während die Supermärkte „nur“ 12 % mehr umsetzten bei gleich gebliebenem Anteil an Einkaufstrips.

9 % kaufen Backwaren online

Der Online-Handel im Corona-Jahr 2020 zeigt in Österreich auch bei den FMCGs Wachstum. Die Käuferreichweite (Prozent der Verbraucher, die innerhalb des Jahres mindestens einmal online FMCGs gekauft haben) stieg von 2019 auf 2020 um 3,8 % auf nunmehr 31,5 %. Die Ausgaben pro Einkaufsakt stiegen von 43,2 € auf 45,3 €. Dennoch ist der Anteil des Online-Umsatzes mit 2,5 % am Gesamtmarkt nach wie vor niedrig. Knapp 9 % der befragten Verbraucher kauften 2020 Backwaren online, in der Regel im Rahmen größerer Einkäufe.

Brot und Gebäck stehen in nahezu allen Haushalten auf dem täglichen Ernährungsplan, unabhängig davon, ob die warmen Mahlzeiten innerhalb oder außerhalb konsumiert werden. Dass die Lockdowns vermehrtes Kochen auslösten, zeigt sich indes im Umsatzvergleich. Der Umsatz mit Gemüse, Pasta, Milch etc. stieg über das ganze Jahr gerechnet deutlich stärker als der Umsatz mit Backwaren. Das Zuhause-bleiben-Müssen bescherte auch dem Markt für Back- und Einkochzutaten einen deutlichen Konjunkturschub.

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Gewinner und Verlierer

Mehr Käufer, häufiger gekauft und mehr Menge pro Einkauf – diese unschlagbare Formel erfüllte bei den Brotanbietern 2020 nur die Träume von Toastbrotherstellern und in der Kombination ergab diese Formel im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung des Toast- und Sandwichverbrauchs pro Haushalt von mehr als 10 %. Weißes Brot gewann Käufer und Einkaufsfrequenz, stagnierte allerdings bei der eingekauften Menge pro Einkauf. Braunes Brot hingegen verlor Käufer und Einkaufsfrequenz, gewann aber bei der Menge pro Einkauf. Am Ende bedeutete das für beide Brotsorten ein Plus im Verzehr pro Haushalt.

Spezialbrote verloren Käufer und Zahl der Einkäufe, sodass trotz leicht erhöhter Einkaufsmenge pro Trip am Ende ein Minus pro Haushalt herauskam. Noch ärger erging es dem Vollkornbrot, das zwar mit Spezialitäten wie Vollkornbaguette mehr Käufer anlockte, aber die Zahl der Einkäufe und die Menge pro Einkauf sorgten dafür, dass die Menge pro Haushalt im Vergleich zu 2019 um mehr als 5 % zurückging.

Betrachtet man die Entwicklung bei den Kleingebäcken, so fällt auf, dass fast alle Sorten zugelegt haben, weil entweder mehr Käufer mehr Einkäufe tätigten oder bei jedem Einkauf mehr einkauften. Auf der Verliererbank saßen lediglich Mehrkornweckerl, Laugengebäck, Kornspitz, Kürbiskernweckerl und „übrige braune Gebäcke“. Unter den Gewinnern sticht das Hamburgerbrötchen mit deutlich mehr Käuferhaushalten hervor, was allerdings durch eine eher kleine Gesamtmenge relativiert wird. Die Semmel hingegen, ohnehin das Hauptprodukt unter den Kleingebäcken Österreichs, konnte zwar keine neuen Kunden gewinnen, dafür aber an Menge pro Einkauf und damit auch an Menge pro Haushalt.

Gut lief das Jahr auch für die Feinbackwaren. Rouladen, Teegebäck, Saisonstollen, Striezel und Brioche, Muffin und kleine Kuchen, Strudel, Stollen und selbst die Torten entwickelten sich gut. Die typischen Außer-Haus-Gebäcke wie Krapfen, Donuts, Croissants etc. litten lockdown-bedingt natürlich unter einer sinkenden Einkaufsfrequenz und ein klein wenig auch unter der jeweils gekauften Menge.

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Das Corona-Jahr bremst den langfristigen Käuferrückgang der Bäckereien. Bei Feinbackware steigt sogar die Käuferreichweite.

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Signifikante Verschiebungen zugunsten von verpackter Ware bzw. Ware zum Aufbacken.

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Toastbrot ist der Gewinner unter Brot im Covid-Jahr.

Sinkende Umsätze mit unverpackter Frischware

Quer durch alle drei Sortimente – Brot, Kleingebäck und Feingebäck – zeigte sich, dass das Angebot an frischer, unverpackter Ware eher nicht von Sortimentssteigerungen profitieren konnte. Ihr Umsatzanteil sank bei Brot von 65,2 % auf 63,2 %, bei den Kleingebäcken von 89,8 % auf 88,8 % und bei den Feingebäcken von 34,7 % auf 33,8 %. Die Nachfrage nach gefrorenen Backwaren in Österreich stieg dagegen 2020 um 20,4 %, allerdings liegt der Gesamtmarkt gerade bei einem Volumen von 2.000 t pro Jahr.

Was wünschen sich die Konsumenten vom Bäcker der Zukunft?

Diese Frage wollen die Marktforscher von der GfK als Nächstes klären. Die Ergebnisse werden auf dem VDB-Kolloquium am 14. und 15. Juni 2021 in Schladming präsentiert. Das Kolloquium bereitet die VDB-Österreich als Präsenzveranstaltung vor, wird aber auch als Livestream angeboten. Sollte eine Präsenzveranstaltung wegen Covid-19 nicht möglich sein, läuft alles ausschließlich online ab.

Bleibt die spannende Frage, wer die Zuwächse kassiert hat. Die handwerklichen Bäcker waren es auf jeden Fall nicht. Wie bereits in den vergangenen Jahren sank ihr Marktanteil sowohl in der Menge wie im Umsatz. Abgewandert ist beides in den vergangenen Jahren zu den Hypermärkten. Supermärkte und Discounter haben ihre Marktanteile allerdings weitgehend stabilisieren können.

Ein kleiner Lichtblick: Das Corona-Jahr 2020 bremste den seit langer Zeit zu beobachtenden Käuferrückgang der handwerklichen Bäckereien. Rund 35,6 % aller Haushalte kauften 2020 insgesamt bei handwerklichen Bäckereien ein, 2010 lag der Vergleichswert noch über 55 %. Betrachtet man die Gruppe der Bäckereikunden nach Alter, so fällt auf, dass 66 % älter als 50 sind und gerade mal 11 % jünger als 34 Jahre. Die Millennials müssen von den Handwerkern erst noch erobert werden.