Scroll Top

b+b-2021-01-Minimierungsstrategien für Acrylamid

Die Technische Universität München (TUM) und das Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung (ILU) e.V., Bad Belzig planen ein Forschungsprojekt, in dem sie gemeinsam „Technologische Minimierungsstrategien von Acrylamid in Backwaren mit pflanzlichen Spezialzutaten“ entwickeln werden.

Acrylamid ist eine Prozesskontaminante, welche bei der trockenen Erhitzung von meist stärkehaltigen Lebensmitteln entsteht. Die Forschung hat sich bislang vermehrt mit der Produktsammelgruppe „Brot“ beschäftigt und hier die Möglichkeiten der Minimierung erforscht. Daneben gibt es aber eine Vielzahl an Spezialprodukten, die mit verschiedenen Zutaten veredelt werden. Hierzu zählen Kartoffel- oder Karottenbrote, aber auch Spezialbrote mit Oliven und Röstzwiebeln. Solche Spezialprodukte erfahren stetiges Wachstum. Aktuell werden etwa 100.000 t davon allein in Deutschland produziert (etwa 2 % zur gesamten Produktion). Durch die zusätzliche Zugabe von stärke- und zuckerhaltigen Zutaten verändert sich allerdings das Bildungspotenzial von Acrylamid. Es wird davon ausgegangen, dass die Bildung von Acrylamid durch die Spezialzutaten im Vergleich zur Standardbackware begünstigt wird. In Voruntersuchungen konnte gezeigt werden, dass diese Spezialprodukte die in der EU festgelegten Richtwerte für Acrylamid von 50 μg/kg für Weizenbrot und 100 μg/kg für Nichtweizenbrot überschreiten können.

Ziel des gemeinsamen Forschungsvorhabens ist es, die Bildung von Acrylamid vorhersagbar werden zu lassen und die gezielte Reduktion von Acrylamid in Backwaren mit Spezialzutaten beispielsweise durch eine selektive Zutatenauswahl und die gezielte Vorbehandlung der Zutaten zu ermöglichen.

Lösungswege

In Absprache mit dem projektbegleitenden Ausschuss werden zunächst am Markt erhältliche Spezialzutaten (u. a. kartoffelbasierte Zutaten, Röstzwiebel, Karottenschnitzel) auf deren Zusammensetzung und Funktionalität untersucht. Aus orientierenden Vorarbeiten am ILU ist bekannt, dass die Fähigkeit von bisherigen kommerziellen Zutaten, Acrylamid zu bilden, aufgrund unzureichender Spezifizierung variiert und die derzeitigen Richtwerte für Acrylamid in einigen Fällen signifikant überschritten wurden. Besonders ernte- und vorbehandlungsspezifische Variationen können dabei zu Unsicherheiten beim Einsatz führen.

In einem nächsten Projektschritt wird ein kontrolliertes Spezialverfahren zur Herstellung von Modellkrusten entwickelt und anhand dessen eine Auswahl von Zutaten im Labormaßstab aufbereitet und das Bildungspotenzial von Acrylamid untersucht. Zur Vorbehandlung der Spezialzutaten werden bekannte technologische Reduktionsstrategien mithilfe neuer Herangehensweisen wie forcierte Hydratation, Ohmic-Hydratation und die gezielte Partikulierung an die Eigenschaften der Spezialzutaten erweitert. Die Vorbehandlungen im Labormaßstab werden mit praxistauglichen Verfahren evaluiert und parallel zu den Modellversuchen auch in Realversuchen untersucht.

Im Rahmen der Realversuche werden zudem bekannte Reduktionsmaßnahmen wie die Verwendung von Vorteigen und die Teigführung ergänzt und diese mit den zielgerichteten Vorbehandlungen der Zutaten kombiniert. Parallel wird der Backprozess in Bezug auf die Veränderung der Luftfeuchte im Backraum untersucht und optimiert.

Darüber hinaus werden Migrationsversuche mit pflanzlichen Inhaltsstoffen wie Carotinoiden, Glucosinolaten oder phenolischen Verbindungen der verwendeten Spezialzutaten in Teigen und Broten durchgeführt. Ziel ist es, den Einfluss der pflanzlichen Bestandteile in Bezug auf die Bildung und auch die möglichen positiven Einflüsse auf eine Reduktion von Acrylamid zu evaluieren.

Wirtschaftliche Bedeutung für KMU

Die angestrebten Forschungsergebnisse sind der vorwettbewerblichen Forschung im Bereich der Minimierung der Bildung von Acrylamid sowie der Nutzung neuer pflanzlicher Rohstoffe zuzurechnen und grundsätzlich relevant für verschiedene Anwendungen. Direkte Profiteure sind Bäckereien, welche zum Großteil klein- und mittelständisch geprägt sind.

Die Ergebnisse sollen eine Datengrundlage schaffen, mit deren Hilfe optimierte und sichere Spezialbrotrezepturen erarbeitet werden können. Weiterhin werden Backzutatenhersteller bzw. allgemeine Zulieferer von den Erkenntnissen profitieren.

Laufzeit und projektbegleitender Ausschuss

Das Projekt ist für 30 Monate angesetzt. Der projektbegleitende Ausschuss trifft sich mindestens einmal im Kalenderjahr (Hybrid-Veranstaltungen, digital sowie in Präsenz). Hierbei werden Ergebnisse diskutiert und, falls notwendig, eine Anpassung der Versuche besprochen.

Wer Interesse an einer Teilnahme am projektbegleitenden Ausschuss hat, wendet sich bitte an: PD Dr.-Ing. habil. Mario Jekle, Leitung AG Getreidetechnologie und -verfahrenstechnik TUM, per E-Mail: mjekle@tum.de