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b+b-2020-05-Kamps korrigiert den Kurs

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Filialbäckereien haben bedingt durch Corona teils kräftige Einbußen hinnehmen müssen. Wie sich die Situation für die Kamps GmbH darstellt, darüber sprach brot+backwaren-Redakteurin Helga Baumfalk mit Thomas Prangemeier (CFO) und Hans Fux (COO).

Baumfalk: Herr Prangemeier, Corona, speziell der Lockdown, hat den Out-of-Home-Markt in großen Teilen lahmgelegt. Wie ist es Kamps und seinen Franchisepartnern ergangen?
Prangemeier: Die Auswirkungen der Pandemie haben Kamps wie der gesamten Lebensmittel- und Gastronomie-Branche hart zugesetzt: Besonders betroffen waren unsere Hochfrequenzstandorte an Flughäfen und Bahnhöfen und in den geschlossenen Einkaufscentern. Unsere Franchisepartner konnten häufig die staatlichen Hilfen in Anspruch nehmen; uns als mittelständischem Unternehmen blieb nur die Möglichkeit von KfW-Krediten – die wir aber natürlich auch alle wieder zurückzahlen müssen. Hinzu kam die Tendenz der Konsumenten, Backwaren lieber abgepackt im Supermarkt als frisch beim Bäcker zu kaufen. Dies ist sicher auch darauf zurückzuführen, dass viele Kunden während des Lockdowns versucht haben, die Anzahl der besuchten Geschäfte und die Einkaufsfrequenz so gering wie möglich zu halten. Insgesamt hat das dazu geführt, dass die Umsätze in der Spitze im Schnitt über alle Standorte hinweg halbiert wurden.

f2m-bub-20-05-interview-Thomas Prangemeier, CFO Geschäftsführer Kamps GmbH

 CFO Thomas Prangemeier

Baumfalk: Wie hat Ihr Unternehmen gegengesteuert?
Prangemeier: Für uns war eins von Anfang an klar: Die Gesundheit und Sicherheit unserer Kunden und unserer Mitarbeiter hat für uns oberste Priorität! Wir haben deshalb unsere ohnehin schon sehr hohen Hygienestandards nochmals intensiviert und alle Bäckereien sehr zügig mit Desinfektionssäulen, Mund- und Nasenschutz und einem Spuckschutz im Thekenbereich ausgestattet. Über das Instrument der Kurzarbeit konnten wir Entlassungen in Zentrale und Produktion vermeiden.
Fux: Auf der anderen Seite zwingt uns eine solche Situation dazu, dass wir uns mit dem eigenen Geschäftsmodell und der Art und Weise, wie man Geschäfte macht, eingehend auseinandersetzen müssen. Wir beobachten genau, wie sich das Konsumentenverhalten derzeit ändert, um mit passenden Services und auch entsprechenden Produkten zu reagieren. Wenn man so will, ist das die positive Seite der aktuellen Situation. So wird sich unsere Digitalisierungsstrategie maßgeblich beschleunigen. Die Pandemie und ihre Auswirkungen haben hier wie ein Turbo gewirkt.

Baumfalk: Gab es mit den Lockerungen eine Umkehr des Trends und wie stellt sich die Situation aktuell dar?
Prangemeier: Die Lockerungen haben zwar geholfen, das Geschäft grundsätzlich wieder zu beleben – aber wir sind aufgrund bestehender Abstandsregeln und der generellen Zurückhaltung der Konsumenten noch nicht wieder auf dem alten Niveau angekommen.
Um es klar zu sagen: Den fehlenden Umsatz werden wir in diesem Jahr nicht mehr aufholen. Und es zeichnet sich ab, dass die allgemeine Umsatzentwicklung infolge der Pandemie unsere gesamte Branche hart treffen wird.

Baumfalk: Was erwarten Sie vom Markt für den Rest des Jahres und für 2021, vorausgesetzt, es kommt zu keinem erneuten starken Ausbruchsgeschehen in Deutschland?
Prangemeier: Wir machen uns nichts vor: 2020 ist ein verlorenes Jahr und wir sind froh, wenn wir zusammen mit unseren Franchisepartnern hier mit einem „blauen Auge“ davonkommen. Aber wie gesagt, wir nutzen die Zeit, um grundsätzliche strukturelle Optimierungspotenziale zu identifizieren und auszumerzen. Wir machen also unsere Hausaufgaben, um bestmöglich vorbereitet in das Jahr 2021 zu starten. Für uns steht das kommende Jahr ganz im Zeichen einer größtmöglichen Stabilisierung des Geschäfts.
Fux: Zu unseren Hausaufgaben gehört auch, dass wir uns sehr dezidiert strategischen Fokusthemen widmen: So arbeiten wir derzeit an innovativen Foodservice-Konzepten, die wir zum Jahresbeginn launchen werden, und auch beim Thema Kaffee können sich unsere Kunden auf Neuigkeiten freuen. Ab dem ersten Quartal 2021 haben wir einiges auf der Agenda – produktseitig geben wir gerade Vollgas.

f2m-bub-20-05-interview-Hans Fux, COO Geschäftsführer Kamps GmbH

COO Hans Fux

Baumfalk: Herr Fux, Sie bringen viele Erfahrungen aus der Systemgastronomie mit, lassen sich daraus Handlungsempfehlungen für Kamps ableiten?
Fux: Ich sehe große Synergien und Potenziale beim Zusammenlegen bestehender Erfahrungen im Hause Kamps mit meinen Erfahrungen als Systemer. Ziel wird es sein, unseren Gästen in Zukunft an jedem Standort die richtigen Produkte in bester, gleichbleibender Qualität anzubieten. Dies, gepaart mit bestem Service, wird zu einem einzigartigen Bäckerei-
erlebnis führen.

Über die Kamps GmbH

Firmensitz: Schwalmtal
Filialen: rund 400 in ganz Deutschland (vorrangig in NRW), zwei Standorte in den Niederlanden (Roermond). Die Standorte werden in Franchise betrieben.
Mitarbeiter: ca. 3.400, Mitarbeiter in der Zentrale inkl.                                                        Produktion: ca. 460
Geschäftsführung: Thomas Prangemeier (CFO), Hans Fux (COO)
Dachorganisation: Groupe Le Duff (seit 2015)

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Baumfalk: Die Gastronomie hat schwere Einbußen erlitten, auch die Systemgastronomie. Wird es Kamps helfen, dass das Unternehmen nach wie vor auch als Bäckerei gesehen wird?
Prangemeier: Wir haben festgestellt, dass unsere Sortimentsbreite in der Krise eine wirkliche Stärke war, denn der Absatz des Brot- und Brötchensortiments war im Vergleich zu anderen Produkten deutlich stabiler. Diese Entwicklung zeigt, welche wichtige Rolle wir als Nah- und Grundversorger spielen. Und das ist und bleibt für Kamps selbstverständlich eine wichtige Säule in unserem Sortiment.
Fux: Kamps ist sicherlich in der Wahrnehmung vieler Konsumenten noch ein „klassischer Bäcker“. Wir sehen aber auch, dass bei uns das Food-Service-Portfolio, also das Angebot von Snacks und Erfrischungsgetränken, einen nicht unerheblichen Teil unseres Umsatzes ausmacht. Deswegen wird es für uns wichtig sein, aus den während der Corona-Pandemie gemachten Erfahrungen zu lernen und Konzepte zu entwickeln, mit denen man sich insbesondere im Gastronomiesegment krisensicher aufstellt. Resilienz ist auch hier ein übergeordnetes Stichwort.

Chief Operating Officer (COO) Hans Fux

Seit Anfang August 2020 ist Hans Fux neuer Chief Operating Officer (COO) der Kamps GmbH. In seinen Verantwortungsbereich fallen die Bereiche Operations, Expansion und Marketing. Gemeinsam mit Thomas Prangemeier, langjähriger Chief Financial Officer (CFO) der Kamps GmbH, bildet er die geschäftsführende Doppelspitze des Unternehmens.
Hans Fux war 13 Jahre lang in verschiedenen Positionen der YUM! Restaurants tätig. Zuletzt verantwortete er dort als Senior Franchise Country Manager die operative Leitung über 155 Restaurants der Marken Pizza Hut, KFC und Taco Bell. Nach weiteren Stationen entwickelte Hans Fux in seiner Funktion als Country Director die Marke Subway nach Repositionierung von 660 auf 798 franchisebetriebene Filialen in der DACH-Region.

Baumfalk: Herr Fux, zu Ihrem Aufgabenbereich gehört die Expansion der Kette Kamps – ist das für die nächsten Jahre realistisch?
Fux: Expansion ist ja nicht allein eine Frage des Marktes, sondern auch des Angebots. Und hier nimmt der bereits genannte Foodservice-Bereich für uns eine zunehmend wichtigere Rolle ein. Denn bei uns fragen die Kunden seit geraumer Zeit neben den klassischen Backwaren auch verstärkt das Snack-Sortiment inklusive heißer und kalter Getränke nach. Das ist vor allem im geänderten Konsumentenverhalten begründet: Im Vergleich zu früher „snacken“ sich die Konsumenten mehr und mehr durch den Tag, als dass sie klassisch drei Mahlzeiten am Tag essen. Und produktseitig ist Kaffee beispielsweise hochattraktiv und ist nicht nur in den Filialen mit Café- und Sitzbereichen integraler Bestandteil des Sortiments.
Wir werden dem Foodservice-Bereich in Zukunft verstärkt unsere Aufmerksamkeit widmen und weitere zielgruppenspezifische Angebote entwickeln. Hier liegen für uns noch deutliche Wachstumspotenziale. Und dann spielen Angebote wie „Click and Collect“ ebenso eine wichtige Rolle für uns wie der Ausbau strategischer Partnerschaften – wie beispielsweise mit Shell. Hier erschließen wir uns nicht nur neue Kundensegmente, sondern auch ein Stück Zukunftssicherheit. Zusammen mit der Strategie, bei einer möglichen Expansion verstärkt auf qualitativ hochwertige Standorte und starke Franchisepartner zu setzen, ergibt sich durchaus ein Szenario, mit dem Kamps gesund und vor allem auch nachhaltig wachsen kann.

f2m-bub-20-05-interview-kamp verkauf

Baumfalk: Kamps gehört zu Le Duff, in erster Linie eine internationale Gastronomiegruppe. Steht die Internationalisierung von Kamps auf Ihrer Agenda?
Prangemeier: Mit dem Thema Internationalisierung haben wir bereits erste Erfahrungen machen können – wir hatten Bäckereien in Großbritannien, Saudi-Arabien und den Niederlanden. Stand heute geht es aber erst einmal darum, das Geschäft in Deutschland so zu stabilisieren, dass wir für die Zukunft gerüstet und krisensicher aufgestellt sind – Stichwort: Resilienz.

Baumfalk: Herr Prangemeier, Herr Fux, vielen Dank für unser Gespräch.